Danke, kein Gummibärchen!Mein Kind wird von allen Seiten mit Süßigkeiten zugeschüttet

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Gummibärchen Getty Images

Beim Einkaufen, von der Oma: Kinder stauben ständig Süßes ab.

  • Eltern wollen ihre Kinder gesund ernähren. Das ist schwer genug, denn Kinder lieben Süßes.
  • Zu allem Überfluss bekommen die Kleinen auch unterwegs noch ständig Süßigkeiten geschenkt, stellt unsere Autorin genervt fest.
  • Wie behält man da als Eltern den Überblick? Und wie schafft man es, dass die Kinder nicht zu viel Süßes essen – ohne ständig die Spaßbremse zu sein?

Köln – Erst neulich wieder, beim Abholen im Kindergarten: „Mama, die Amelie hatte Geburtstag, und ich habe Süßigkeiten gekriegt“ – mein Sohn war begeistert. Jedes Kind aus seiner Gruppe hatte vom Geburtstagskind ein kleines Tütchen bekommen. Darin das Übliche, was Kinder auch nach Kindergeburtstagspartys oft mit auf den Heimweg nehmen: Smarties, Lollies, Gummibärchen, Kaubonbons. Seine Freude war ansteckend, trotzdem ärgerte ich mich. Denn natürlich mussten auf dem Heimweg direkt mehrere Süßigkeiten gefuttert werden, viel mehr als ich ihm sonst erlaubt hätte.

Kleine Kinder, so mein Eindruck, werden von allen Seiten mit Süßem zugeschüttet. Legen es Eltern darauf an, den Zuckerkonsum ihrer Kinder einigermaßen zu regulieren, haben sie es ganz schön schwer. Bei fast jedem Apothekenbesuch bekommen die Kinder Traubenzucker angeboten. Beim Schuster gibt es Gummibärchen, beim Friseur einen Lolli.

Es ist ja noch nicht mal die Oma, die die Schoki mitbringt

Zugegeben, es hat sehr gut funktioniert, das Haareschneiden mit der Aussicht auf einen Lutscher hinterher zu einem wohlgelittenen Termin zu machen. Aber genau das ist ja das Perfide. Es ist ja noch nicht mal die Oma, die die Schoki mitbringt. Nahezu jede Besorgung mit Kind wirft für den Nachwuchs eine Ration Zucker ab. Und nur selten schafft es eine Verkäuferin vom Kind unbemerkt vorab den Erziehungsberechtigten zu fragen, ob sie dem Kleinen das Bonbon, die Fruchtgummis oder was auch immer geben darf. In den meisten Fällen habe ich als Mutter keine Chance abzulehnen ohne mich mit meinem Kind streiten zu müssen.

Denn mal ehrlich, wer sein Kind nicht regelmäßig einem Zuckerschock aussetzen will, der muss sich auf viel Quengeln und Knatschen einstellen. Kinder lieben nun mal Zucker. Bei uns zuhause kommt nachmittags unter Garantie die Frage: „Darf ich was Süßes? Und dann wäre es eben schön, wenn das Kind nicht schon vom Bäcker und im Blumenladen längst mit seinem Stoff versorgt worden wäre.

Höchstens zehn Prozent der Energiezufuhr soll Zucker sein

Die empfohlene Zuckermenge ist für jedes Kind nämlich schneller erreicht, als es die zweite Kugel Eis essen kann. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät, Kinder und Erwachsene sollten für eine gesunde Ernährung höchstens zehn Prozent der täglichen Energiezufuhr über Zucker zu sich zu nehmen. Besser wären sogar nur fünf Prozent, so die Einschränkung seit 2015. Doch schon die zehn Prozent einzuhalten fällt schwer.

Kinder und Jugendliche zwischen drei und 18 Jahren liegen in Deutschland 63 Prozent über dieser Zehn-Prozent-Empfehlung. Weshalb die Verbraucherorganisation Foodwatch schon am 12. August 2019 den diesjährigen „Kinder-Überzuckerungstag“ ausgerufen hat. Den Tag, an dem Kinder auf das Jahr gerechnet ihre Zucker-Ration schon vertilgt haben. Dabei stehen uns die wirklich harten Tage des Jahres ja mit Halloween, Advent und Weihnachten erst noch bevor!

Doch wie viel Zucker wären für meinen vierjährigen Sohn dann beispielsweise in Ordnung? Nachgerechnet hat das Eva Dorothée Schmid auf ihrem Blog Mamaclever:

- Einjährige sollten maximal 25 Gramm Zucker pro Tag, besser 12,5 Gramm

- Zwei- bis Dreijährige: Maximal 32,5 Gramm, besser 16,5 Gramm

- Vier- bis Sechsjährige: Höchstens 45 Gramm, besser sind nur 22,5 Gramm am Tag

Erwachsenen empfiehlt die WHO auch maximal 50 Gramm Zucker pro Tag, also etwa zehn Teelöffel. Gemeint ist Zucker (z. B: Glucose, Fructose, Saccharose), der Speisen und Getränken zugefügt wird, aber auch solcher der natürlich in Honig, Sirup oder Fruchtsaftkonzentraten vorkommt.

Ein Haribo-Gummibärchen-Tütchen macht übrigens 4,6 Gramm Zucker aus, die Mini-Packung Smarties 9,2 Gramm und ein Lutscher etwa 8 Gramm. Gar nicht so viel könnte man denken, aber der Süßkram kommt ja obendrauf auf das, was die Kinder an Zucker zu den Mahlzeiten zu sich nehmen. Zum Honig auf dem Frühstücksbrot, dem gesüßten Fruchtjogurt, dem Saft, dem Ketchup zum Mittagessen und den Keksen zwischendurch.

Wir wollen gesunde, nicht übergewichtige Kinder großziehen 

Was also tun? Denn das Dilemma ist ja: Wir wollen alle gesunde, nicht übergewichtige Kinder großziehen – auch Karies braucht keiner. Gleichzeitig möchten wir keine Spaßbremsen- und Spielverderber-Eltern sein und essen auch selbst gerne Kuchen, Eis und Schokolade. Ich jedenfalls…

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Deshalb bin ich zum Beispiel über die strikte Regelung in unserem Kindergarten froh (Geburtstage sind eine Ausnahme), die Süßes, auch schon Marmeladenbrote, in den Frühstücksdosen der Kinder untersagt. Auch wenn das auf Elternabenden schon zu sehr langen Diskussionen geführt hat. Ich finde es gut, zu wissen, dass mein Kind im Kindergarten keinen Zucker isst.

Ansonsten ist es sinnvoll, auch schon mit kleineren Kindern über das Essen zu reden. Ihnen zu erklären, dass Obst und Gemüse gesund sind und sie deshalb gerne einen Apfel oder Banane essen können. Dass der Zucker in den Süßigkeiten jedoch ungesund ist, die Zähne kaputt macht und es deshalb nicht so viel davon gibt.

Und dann muss man sich regelmäßig bei seinem Kind ein bisschen unbeliebt machen, Nein sagen und den Wutausbruch in Kauf nehmen. Es sei denn, das Kind muss zum Friseur.

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