Im Volksmund heißt es: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.“ Und eine deutsche Studie gibt ihm nun Recht. Demnach ist Lügen weniger eine Frage der Gelegenheit als der Persönlichkeit.
PsychologieWarum Lügen eine Typsache ist – Studie bestätigt Volksmund

Einmal Lügner, immer Lügner - eine Studie legt das nahe.
Copyright: picture alliance/dpa
Das Forscherteam um Isabel Thielmann vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht hat knapp 2000 Testpersonen in einem Zeitraum von etwa drei Jahren drei ähnlichen Tests unterzogen, in denen sie sich auf eine unredliche Weise finanziell bereichern konnten.
Aufgabe mit finanzieller Belohnung
So sollten sie sich beispielsweise in einer Aufgabe eine Zahl zwischen eins und acht denken und sie auf einem Zettel notieren. Daraufhin zeigte man ihnen Ziffern auf einem Monitor, und sie sollten angeben, ob ihre auserkorene Zahl damit übereinstimmte. Der Clou dabei: Sie erhielten eine finanzielle Belohnung für jedes „Ja“, unabhängig davon, ob es eine Übereinstimmung gab, oder nicht. Und der Zettel mit ihrer Zahl wurde anonymisiert, man konnte den Betrügern also nicht auf die Schliche kommen.
Fleißige Schummler
Das Ergebnis: In allen drei Situationen behaupteten deutlich mehr Personen, den Geldbetrag gewonnen zu haben, als statistisch möglich gewesen wäre. Bei der Denk-Aufgabe mit den Zahlen von eins bis acht etwa behaupteten 32 Prozent, die richtige Ziffer getroffen zu haben, obwohl das gerade mal bei einem Achtel, also 12,5 Prozent möglich war. Es wurde also fleißig geschummelt. Doch das verteilte sich nicht etwa gleichmäßig auf alle Probanden, sondern ging hauptsächlich auf das Konto bestimmter Menschen. So zeigte sich beispielsweise, dass diejenigen, die in der Denk-Aufgabe logen, in fast jedem zweiten Fall auch bei den anderen Aufgaben schummelten.
Auf die Persönlichkeit kommt es an
Thielmanns Resümee lautet daher: „Wer in einer Situation unehrlich ist, wird sich wahrscheinlich auch in anderen ähnlichen Situationen unehrlich verhalten.“ Das widerspricht einer in der Psychologie weit verbreiteten These, wonach eigentlich jeder zum Lügner werden kann, sofern die Situation dazu verführt. Die Neigung zum Schummeln und Betrügen scheint vielmehr in der Persönlichkeit angelegt zu sein - und das entspricht dem, was wohl die meisten von uns denken. „Stellen Sie sich vor, eine Person hat Steuern hinterzogen, indem sie ihr Einkommen zu niedrig angegeben hat, und Sie sollen nun vorhersagen, ob diese Person auch bereit wäre, in einem Versicherungsfall beschädigte Vermögenswerte überzubewerten“, erläutert Thielmann. „Die meisten Menschen würden das wohl bejahen.“ Und diese Einschätzung erhalte nun auch Rückendeckung aus der Wissenschaft. Bleibt die Frage, ob es bestimmte Charaktertypen gibt, die eine verstärkte Neigung zum Lügen haben. Dazu ließen die Forscher ihre Testpersonen einen Fragebogen zur Persönlichkeit beantworten.
Lügen als Arbeitsinstrument
Die stärkste Neigung zum wiederholten Lügen fand man bei Menschen, die besonders hohe Werte bei der sogenannten dunklen Triade erzielten: Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie. Was nicht weiter verwundern darf, insofern das Lügen für jemanden, der gerne im Mittelpunkt steht und andere Menschen manipuliert, geradezu ein Arbeitsinstrument ist. Genau umgekehrt verhält es sich jedoch bei jemanden mit ausgeprägter Bescheidenheit. Er kann auch schon mal gelegentlich lügen. Doch dass er es mehrfach tut, ist eher unwahrscheinlich. Hier gilt vielmehr der Umkehrschluss: Je prahlerischer jemand ist, umso öfter wird er zur Lüge greifen. Was auch nicht weiter verwundern darf, insofern zum Prahlen gehört, dass man gerne übertreibt und es mit der Wahrheit nicht zu genau nimmt.
Wer lügt denn nun mehr?
In diesem Zusammenhang geben auch die Ergebnisse einer Umfrage zu denken, die kürzlich vom Wirtschafts-Nachrichtendienst „Business-Insider“ veröffentlicht wurden. Demnach haben in Deutschland schon über 70 Prozent der Männer in ihrem Lebenslauf gelogen, aber nur knapp 40 Prozent der Frauen. Wenn man ehrlich ist, könnte dies allerdings nicht nur an den Prahlhans-Merkmalen der Männer liegen, sondern auch daran, dass die Frauen beim Beantworten der Umfrage mehr gelogen haben.