Recycling-Anlage„Das Ding ist gestorben“

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Offenbar kommt die Anlage im Industriepark nun doch nicht. (Bild: Schwarz)

Offenbar kommt die Anlage im Industriepark nun doch nicht. (Bild: Schwarz)

Euskirchen – EUSKIRCHEN. Sie nutzten fast die selben Worte. „Das Ding ist gestorben“, erklärten gestern CDU-Fraktionschef Klaus Voussem und FDP-Ratsherr Roger Morr unisono. Nur wenige Zeit später sagte Bürgermeisters Dr. Uwe Friedl: „Das Ding ist am Donnerstag vom Tisch.“

Die wegen möglicher Belastungen besorgten Bürger von Großbüllesheim können aufatmen. Alle Ratsfraktionen wollen die geplante Recycling- Anlage der Innovative Metal Recycling GmbH (IMR) verhindern. Im Stadtrat am morgigen Donnerstag ab 16.15 Uhr soll das endgültige Aus dieses Vorhabens, das seit Wochen die Gemüter erregt, besiegelt werden. Der Stadtrat will dann der Genehmigung des Kaufvertrages für das Grundstück an IMR eine eindeutige, möglicherweise sogar einstimmige Absage erteilen - jenem Verkauf also, dem der alte Rat mit zum Großteil den selben handelnden Personen noch am 24. September einstimmig zugestimmt hatte. Welch eine Wende! Auf die Frage, ob die protestierenden Bürger die Politik vor einem Fehler bewahrt hätten, antwortete Voussem gestern denn auch kurz aber klar: „Möglicherweise ja.“

Denn erst die Bürgerversammlung am vergangenen Donnerstag mit 400 protestierenden Teilnehmern, zu der die CDU aufgrund des immer stärker werdenden Widerstandes eingeladen hatte, hat den Politikern nach eigenem Bekunden die Augen geöffnet, mit wem es die Stadt zu tun hat: Das Auftreten der Firmenführung des vermeintlichen Investors rief bei Politik und Verwaltung Beurteilungen hervor wie „unprofessionell“ (der Technische Beigeordnete Paul Zündorf) oder „grottenschlecht“ (FDP-Ratsherr Roger Morr).

Bei den Fraktionen von CDU und FDP habe der Auftritt zu Bedenken geführt, „dass die geplante Anlage von der Firma IMR unter Berücksichtigung der aus der Bürgerschaft geäußerten Bedenken beherrschbar errichtet und betrieben werden kann“. Einem Unternehmen, dass eine „solch miese Kommunikation“ betreibe, könne man nicht vertrauen, so CDU und FDP-Vertreter. Auch Bürgermeister Dr. Uwe Friedl dürfte die Versammlung in der St.-Michael-Kirche so schnell nicht vergessen. „Wir haben uns angeguckt und waren wie vor den Kopf gestoßen“, so Friedl gestern zur Präsentation der IMR-Firmenleitung, der zu Beginn der Versammlung nichts besseres eingefallen sei, als den besorgten Bürgern mit juristischen Schritten wegen eines Flugblattes zu drohen: „Das nennt man dann wohl positive Gesprächseröffnung“, so Roger Morr gestern zunächst ironisch und dann ernsthaft: „Mit solchen Leuten will ich nichts zu tun haben.“

Friedl erklärte gestern, dass er bereits direkt nach der Versammlung gegenüber der IMR-Führung einen sofortigen Baustopp am Silberberg verhängt habe. Dort hatte IMR schon vorvergangene Woche mit der Errichtung des Lager- und Bürokomplexes begonnen, obwohl dem Unternehmen das Gelände noch gar nicht gehöre: „Es gibt keinen verbindlichen Kaufvertrag“, so Friedl gestern. Dennoch habe die Stadtverwaltung den Bau laufen lassen, wenn auch auf Risiko der Firma.

Am Freitag habe er dann IMR mitgeteilt, dass die Verwaltung über das Auftreten der Firma und der mangelnden Sensibilität gegenüber den Bürgern verwundert sei: Sie habe die „Chance vertan, Bedenken auszuräumen“, zitierte Friedl gestern aus seinem Brief an IMR: Der Auftritt sei dem Firmen-Anliegen „nicht förderlich“ gewesen.

Nach dem zu erwartenden Beschluss in der morgigen Ratssitzung dürfte die Firma von der Stadt zum Abriss aufgefordert werden, so der Bürgermeister. Einen Soda-Bau nahe der Soda-Brücke soll es also nicht geben. Ob es zu Schadenersatzforderungen von IMR kommt, konnte Friedl nicht sagen.

„Schredder-Anlage

zur Robbenstation“

Da es keinen rechtsverbindlichen Kaufvertrag gebe, seien die Chancen der Stadt nicht schlecht, mit einem blauen Auge aus der Angelegenheit herauszukommen. „Nach dem Ratsbeschluss werden wir mit der Abwicklung in der Verwaltung noch einige Zeit beschäftigt sein“, so der Bürgermeister, dem auch klar ist: „Nach dieser Diskussion wird wohl keiner mehr in der Verwaltung das Thema Schredder anpacken.“

Oder wie es Klaus Voussem sagte: „In der Verwaltung gibt es einen Giftschrank.“ Dort seien vor Jahren die Pläne für eine Robbenstation an der Steinbach, die am Bürgerprotest gescheitert seinen. „Nun“, so Voussem, „kommen die Pläne für die Schredderanlage dazu.“

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