Neues GrundsatzprogrammSo tickt die neue CDU von Friedrich Merz

Lesezeit 4 Minuten
Berlin: Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender, kommt auf die Bühne. Im Grundsatzprogramm mit dem Titel „In Freiheit leben. Deutschland sicher in die Zukunft führen“ formuliert die CDU ihre Grundwerte und Ideen um sich als Partei zu erneuern.

Berlin: Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender, kommt auf die Bühne. Im Grundsatzprogramm mit dem Titel „In Freiheit leben. Deutschland sicher in die Zukunft führen“ formuliert die CDU ihre Grundwerte und Ideen um sich als Partei zu erneuern.

Friedrich Merz und die CDU setzen in ihrem neuen Grundsatzprogramm auf eine Politik nach Überzeugungen, Sicherheit, Freiheit und kontrollierte Migration.

Zu Beginn der letzten der sechs Regionalkonferenzen, auf denen die CDU für ihr neues Grundsatzprogramm wirbt, wird ein Film gezeigt. Von wuchtiger Musik untermalt, sieht man Babys, Kinder und Familien. Man sieht Menschen, die glücklich aussehen und anpacken. Das Ganze formt sich über die Länge des Films zu einem Schlussbild einer großen Gemeinschaft, in der jeder seinen Beitrag leistet. Der Mensch, so wie er ist, steht im Zentrum. Nicht der Mensch, so wie er sein sollte, erklärt Generalsekretär Carsten Linnemann später.

Begleitet vom stehenden Applaus von etwa 1000 CDU-Mitgliedern, ziehen in einem Berliner Hotel, wo das Ganze stattfindet, Parteichef Friedrich Merz nebst prominenter Partei-Entourage in den Saal ein. In den nächsten zweieinhalb Stunden wird aber nicht das neue Programm durchgeackert, sondern es gibt kleine Diskussionsrunden auf der Bühne und natürlich „eine große Rede“ von Friedrich Merz, wie Linnemann gleich zu Beginn ankündigt.

Er sieht einen „Schub, der durch die Partei geht“, sagt Linnemann in einem zackigen Eingangsstatement, in dem er nicht weniger verspricht, als dass die CDU dafür sorgen wird, „dass dieser Staat wieder funktioniert“.

„Klartext“ beim Thema Migration

In den anschließenden Talk-Runden auf der Bühne hört man dazu dann wenig Konkretes. Das liegt zum einen daran, dass es natürlich wenig kontrovers zugeht, wenn CDU-Politiker mit anderen CDU-Politikern reden. Zum anderen scheint es eher darum zu gehen, ein Grundgefühl dafür zu vermitteln, wofür die CDU künftig stehen will. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner stellt dann etwa fest, dass die CDU als „letzte Volkspartei das Aufstiegsversprechen erneuern müsste“.

Philipp Amthor aus Mecklenburg-Vorpommern verspricht „Klartext“ beim Thema Migration. „Wir wollen nicht das Ende des Asylrechts, wir wollen ein Ende des Missbrauchs des Asylrechts.“ Amthor ist es auch, der erklärt, dass man sich den Begriff der „Leitkultur“ nicht von Linken kaputt machen lassen werde. Berlins Kultursenator Joe Chialo, dessen Familie aus Tansania stammt, sagt, es sei für sein Leben prägend gewesen, als Kind zu lernen, was die Werte dieses Landes sind. „Das, was Deutschland groß gemacht hat, hat auch mir Selbstbewusstsein gegeben.“

Das Publikum im Saal darf unterdessen aus einer großen Wortwolke diejenigen Themen bestimmen, die ihm im Grundsatzprogramm der CDU besonders wichtig sind. Sicherheit, Freiheit und Migration finden die meisten besonders wichtig, in dieser Reihenfolge.

Auftritt Friedrich Merz: Der Parteivorsitzende zieht die ganz großen Linien der Parteigeschichte nach. Mit dem Bundesparteitag im Mai, wo das Grundsatzprogramm beschlossen werden soll, sei die Partei vorbereitet, „jeden Tag wieder Verantwortung zu übernehmen“. Merz erinnert daran, dass die historischen Entscheidungen in der 75-jährigen Geschichte der Bundesrepublik, von der Westbindung bis zur Wiedervereinigung, nicht aus einer Politik nach Umfragen entstanden seien. „Das war Politik nach Überzeugungen.“ Den unausgesprochenen Vorwurf an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kann sich das Publikum leicht dazu denken.

„Wir sprechen nicht leichtfertig über Waffenlieferungen“, stellt Merz aber klar. Schließlich sind auch in der Union nicht alle der Meinung, man müsse der Ukraine dringend Taurus-Marschflugkörper zur Verfügung stellen. Aber einen großen Vergleich zieht Merz dann doch, indem er an 1938 und den Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen erinnert. „Demokratien müssen wehrhaft sein, sonst haben sie keine Chance, auf der Welt zu überleben.“

Friedrich Merz mit staatsmännischem Ton

Merz wählt über die 40 Minuten seiner Rede einen staatsmännischen Ton. Beim Thema Migration weist er darauf hin, dass es ein Minimum an Verständigung darauf geben müsse, „wie wir in diesem Land miteinander umgehen“. „Ohne Gemeinschaft erträgt eine Gesellschaft keine Vielfalt“, zitiert er Norbert Lammert. Die Grünen aber redeten „immer nur über Vielfalt“. Es ist eine der seltenen Attacken gegen die politische Konkurrenz, die er sich hier leistet. Merz erklärt die AfD zum „Abstieg für Deutschland“, für den es keine Zusammenarbeit geben werde. Er räumt ein, dass die Sozialpolitik „intellektuell die größte Herausforderung“ für die CDU ist. Da werde man im Regierungsprogramm noch konkreter werden müssen.

Der Applaus für Merz ist lang und wohlwollend. Zum Schluss erhebt man sich gemeinsam zur Nationalhymne – und singt.

Rundschau abonnieren