BONN. Sechs Jahre nach seiner Flucht ist Bonns meistgesuchter Verbrecher gefasst: Mehmet Köysürenbars (34) wurde bereits am 24. Februar im niederländischen Haarlem von der Polizei gestellt. Seither sitzt er in Auslieferungshaft. Das bestätigte Bonns Staatsanwältin Monika Ziegenberg. Über die Hintergründe der Festnahme konnte sie nichts sagen. Gegen den Mann, wegen räuberischer Erpressung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, lag ein Vollstreckungshaftbefehl vor.
Der Fall Köysürenbars hatte nicht nur in Bonn für Aufregung gesorgt. Der 28 Jahre alte Mann war am 31. März 1998 von einer Türkin beschuldigt worden, sie vergewaltigt zu haben. Zwei Kripobeamte nahmen ihn in Siegburg fest, brachten ihn zum Amtsgericht, wo ein Richter den Haftbefehl verkündete, aber anordnete, der Verbrecher solle eine weitere Nacht im Polizeigewahrsam verbringen, weil in der Rheinbacher Justizvollzugsanstalt eine Bande von Kosovo-Albanern einsaß, deren Fluchtpläne Köysürenbars verraten hatte.
Wenige Meter vor dem Polizeipräsidium hatte der vorbestrafte Zuhälter plötzlich einen Revolver in den gefesselten Händen und bedrohte damit die beiden Kripobeamten. Köysürenbars sprang aus dem Polizeiwagen, stoppte auf der B 9 ein Auto und zwang den Fahrer, ihn nach Meckenheim zu bringen, wo er sich in einer Plantage versteckte. Ein Großaufgebot der Polizei konnte ihn nicht schnappen.
Die Bonner Polizei erklärte später, Köysürenbars habe die Waffe im Hosenbund getragen und im Autopolster versteckt, sie sei bei der Durchsuchung des Polizei-Audi aber nicht entdeckt worden. Der Flüchtige indes behauptete in einem Interview mit einer türkischen Zeitung, ein Kripobeamter, den er seit Jahren kenne, habe ihm den Revolver zugesteckt. Es folgte ein energisches Dementi der Bonner Polizei; dennoch wurde gegen diesen Polizisten ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft eingeleitet; die beiden Polizisten die Köysürenbars entkommen ließen, wurden in andere Kommissariate abgeordnet. Als dann herauskam, dass Köysürenbars als V-Mann für die Duisburger Kripo gearbeitet hatte, reichte es dem damaligen Bonner Polizeipräsidenten Dierk-Henning Schnitzler: Er versetzte seinen obersten Polizeibeamten nach Bergisch Gladbach, weil er ihm die V-Mann-Tätigkeit verschwiegen hatte. Die Kölner Kripo untersuchte die Umstände der Flucht und attestierte den Bonner Kollegen „eklatante handwerkliche Fehler“.
Am 25. Juni 1998 ging der Flüchtige der türkischen Polizei ins Netz, wurde aber nicht ausgeliefert. Im Gegenteil: Mit seinem Bruder machte er 1999 in Istanbul ein Schmuckgeschäft auf. Warum er sich jetzt nach Holland absetzte, ist unklar. „Er hat sich wohl zu sicher gefühlt“, mutmaßte ein Bonner Polizeisprecher.