„Ich bin kein Meckerer, ich wollte was tun“

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KERPEN-TÜRNICH. „Ich bin kein Meckerer. Ich wollte was tun.“ Auf diese knappe Formel bringt es Peter Müller, wenn er erklären soll, was ihn in Ämter und Ehrenämter getrieben hat. Und eine genauso kurze Antwort gibt er, wenn er nun seinen Rückzug erläutert: „Meine Familie hat viel unter meinem Einsatz gelitten, damit ist jetzt Schluss.“

Müller, von 1987 bis 1999 Bürgermeister der Stadt Kerpen, wird heute 60 Jahre alt. Und dieses Jahr ist in vielerlei Hinsicht für den SPD-Mann aus Türnich ein Einschnitt: Zum Ende der Legislaturperiode verlässt er den Stadtrat, gibt sein Amt als Vizebürgermeister ab, und auch aus dem Berufsleben scheidet der Polizist aus, der im Kommissariat Vorbeugung arbeitet. Müller hat das Rentenalter erreicht.

1963 trat der gebürtige Grefrather in die Gewerkschaft der Polizei ein, 1972 in die SPD, war bei den Jungsozialisten aktiv und bald Vorsitzender des SPD-Distrikts Balkhausen, Brüggen und Türnich. 1979 übernahm er den SPD-Fraktionsvorsitz im Rat der Stadt, und nach der nächsten Wahl fünf Jahre später, als es ein Patt zwischen CDU und SPD gab, wechselte er sich mit dem heutigen Landrat Werner Stump als Bürgermeister ab. Auf einschneidende Erlebnisse in seiner Amtszeit blickt Müller gerne zurück, so an die Aufstellung des Mahnmals für die Opfer des Nationalsozialismus' 1988. „Es waren Jugendliche, die auf mich zugekommen sind und sich ein solches Denkmal wünschten“, sagt Müller. „Und als der Künstler HJ Baum die Pläne für sein monumentales Projekt auf den Tisch legte, haben wir zuerst geglaubt, das sei nicht zu schaffen. Aber es ist uns doch gelungen.“ Alle offiziellen Gäste der Stadt, sagt Müller, habe er an dieses Mahnmal geführt.

Ins Schwärmen gerät Müller, wenn er an die Seligsprechung Adolph Kolpings 1991 in Rom denkt. „Eine Wahnsinnsveranstaltung mit Zehntausenden“, sagt Müller. Es seien sehr viele Kerpener bei der ergreifenden Feier auf dem Petersplatz dabei gewesen, all die Begegnungen mit so vielen Menschen und auch die Audienz beim Papst hätten ihn fasziniert.

Noch heute wird Müller auf ein ganz anderes Ereignis angesprochen: den Auftritt bei „Wetten, dass. . .“ vor 15 Jahren. Acht Kerpener, darunter Müller und Initiator Paul Rommerskirchen, ein Blumenhändler aus Kerpen, manövrierten einen Bus schunkelnd durch einen Stangenwald. Mit ihrem Schunkelbus wurden sie sogar Wettkönige.

Ein anderes Thema klammert Müller lieber aus: Auch wenn er den Beginn ihrer Karriere in seiner Zeit als Bürgermeister erlebt hat, über den Wahlschweizer Michael Schumacher und den Wahlösterreicher Ralf Schumacher redet er nicht mehr gerne. „Noch heute heißt es im Fernsehen ,Michael Schumacher aus Kerpen', aber kann man das noch mit Recht so sagen?“ Ohne Kerpen, ohne den Kartklub hätte es die Erfolge der beiden Brüder nicht gegeben. „Die Brücke zu Deutschland so abzubrechen ist nicht in Ordnung.“

Aber ärgern mag sich Müller ohnehin nicht mehr. Die Familie sei lange genug zu kurz gekommen. Dass er dennoch ein so gutes Verhältnis zu seiner Frau, seiner Tochter und den beiden Enkelinnen habe, freue ihn daher umso mehr. Nur wenn er sich mit seinen alten Genossen, dem derzeitigen Fraktionsvorsitzenden Manfred Steinberg und dem früheren Stadtdirektor Ferdi Wind, aufs Fahrrad schwingt, muss ihn die Familie nochmal ziehen lassen. Dieses Jahr ist eine Rekordradtour geplant: 600 Kilometer von Passau nach Wien.

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