RÖSRATH – Büdringhausen liegt hinter allen sieben Bergen. Sagt Martin Lindow. Der Schauspieler muss es wissen, denn er ist immerhin der Dorfrichter des Provinzstädtchens, in dem „Henker und Richter“, eine neue WDR-Vorabendserie, spielt.
Büdringhausen im Ruhrgebiet gibt es nicht wirklich, obwohl sogar sein „Stadtplan“ am Drehort hängt. Das Filmdorf ist zusammengesetzt aus Märkten, Straßen und Landmarken des Rheinlands. Doch ein wichtiges Sück des fiktiven Schauplatzes der Krimikomödie liegt in Rösrath. Schloss Venauen ist das Zentrum des Dorfgerichts, in dem Richter Klaus Wagenführ (Lindow) seine Verhandlungen führt und dabei auf Staatsanwältin Saskia Henker (Rike Schmid) trifft. Das Landei und die Großstädterin: Auf diese schlichte Formel möchte Martin Lindow die Sache nicht bringen, sondern die Provinz eher als Brennglas sehen, in dem das Leben ein wenig langsamer, dafür aber klarer strukturiert verläuft.
Für das altmodische, charmant vermuffte Ambiente ist das - als Drehort überhaupt sehr beliebte - ehemalige Rittergut (siehe Info) die perfekte Kulisse. Bespielt wird die gesamte untere Etage, wo das Büro des Richters, der Gerichtssaal und die Polizeistube mit ihren dunkelbraunen Holzvertäfelungen und dem gesprenkelten Linoleum den Geist der 70er verströmt. Im Büro des Richters steht ein Foto, das ihn als Trainer der örtlichen Jugendfußballmannschaft zeigt, seine Gegenspielerin hat das Foto ihrer „Oma“ auf dem Schreibtisch stehen: Spuren der Verwurzelung in der Region.
Denn beide sind nicht zufällig in Büdringhausen. „Der Richter ist wirklich clever, hat ein gutes Studium hingelegt und wollte irgendwann zu seinen Wurzeln zurück“, erklärt Lindow seine Rolle. Die junge Karrierefrau Saskia ist durch ihre Zeit in Düsseldorf geprägt und ein anderes Tempo gewöhnt; daraus zieht die Beziehung ihre Spannung.
Saskia ist hier gelandet, weil sie sich um Oma Hedwig kümmert, gespielt von Dorothea Walda, die gerade entspannt zum Schauspielerteam stößt. „Ich habe ein wunderschönes Haus in Immekeppel“, schwärmt die 71-Jährige vom Drehort, die im wirklichen Leben keine Enkel hat. Dafür gesteht Rike Schmid: „Ich bin ein Omakind. Ich liebe meine Oma über alles.“ So schließen sich persönliche und professionelle Kreise, und auch für Moritz Lindbergh passt alles zusammen. Er spielt den smarten Anwalt Johannes Bulitta, der sich selbst ein bisschen zu gut für die Provinz findet und sich beim Schützenfest (das in Kerpen gedreht wurde) ein bisschen fehl am Platz fühlt. Jeweils vier Folgen werden in Venauen hintereinander gedreht. In der letzten des Tages geht es um drei Bauern, die einen anderen Bauern versehentlich erschossen haben. Mit lehmigen Stiefeln hängen sie im Gerichtssaal herum und beteuern, es sei ein Versehen gewesen und sie hätten den Kontrahenten mit einem Viech verwechselt. Die Story klingt wie ein Klassiker im Stil des „Königlich Bayerischen Amtsgerichts“, doch Gaudi auf Kosten der Provinzler soll die Komödie nicht sein.
„Im Gegenteil“, beteuert Autor Michael Gantenberg. „Ich komme selbst vom Land, ich weiß, wie die Menschen leben. Deshalb schreibe ich keine Klischees.“ Es ist alles authentisch. Die Menschen werden heiter auf die Schippe genommen, ohne sie in die Pfanne zu hauen“, bestätigt auch Produzent Mario Krebs. Geplant sind 16 Folgen, doch das vierköpfige Autorenteam unter Regisseur Joseph Orr ist sicher: „Geschichten vom Land werden uns so schnell nicht ausgehen.“