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Richtig sonnenbadenAlle zwei Stunden neu eincremen

Lesezeit 4 Minuten

Ein bisschen Sonnencreme reicht nicht aus. (Bild: Thinkstock)

Immerhin: Aufklärungskampagnen haben es geschafft, dass die meisten Bundesbürger Sonnenmilch im Urlaubsgepäck haben. Ein paar Spritzer Creme bringen allerdings wenig, warnen Experten. Im Gegenteil: Wer sich zwar einschmiert, aber zu sparsam mit dem Mittel umgeht, wähnt sich in einer trügerischen Sicherheit. „Sonnencreme ist nämlich nur das letzte i-Tüpfelchen beim Sonnenschutz“, betont Professor Peter Elsner von der Universitäts-Hautklinik Jena. „Am besten sollte man sich der Sonne gar nicht aussetzen, wenn sie am höchsten steht.“ Denn zu dieser Zeit erreicht die Erde die meiste ultraviolette (UV-)Strahlung. „In Deutschland ist die kritische Zeit zwischen elf und 15 Uhr.“ Ansonsten bietet die Kleidung den besten Sonnenschutz, aber nie einen vollständigen: Bei starker Sonnenstrahlung sollte man auch die bekleideten Partien eincremen.

Beim Sonnenschutzmittel ist der Lichtschutzfaktor (LSF) die wichtigste Angabe: „Er muss mindestens 20 betragen“, sagt Elsner. Der Faktor besagt, wie lange man sich in der Sonne aufhalten kann, ohne einen Sonnenbrand zu bekommen. Es gilt die Formel: Eigenschutzzeit x Sonnenschutzfaktor. Ein heller Hauttyp kann normalerweise rund zehn Minuten in der Sonne bleiben. Mit einer Creme mit Faktor 20 beträgt die Zeit bis zum Sonnenbrand 200 Minuten. Aber das ist reine Theorie. So berichtet Beate Volkmer, Molekularbiologin am Dermatologischen Zentrum Buxtehude: „Tests mit fluoreszierenden Mitteln haben gezeigt, dass die meisten Menschen viel zu wenig Creme verwenden.“ Die Hautkrebs-Expertin sagt: „Man hat auch gesehen, dass manche Bereiche ganz ausgespart wurden.“

Im Labor werden zwei Milligramm pro Quadratzentimeter Haut aufgetragen, um den Lichtschutzfaktor zu ermitteln. Verbraucher verwenden dagegen im Schnitt nur etwa ein Viertel dieser Menge - und haben dann nur ein Viertel des angegebenen UV-Schutzes. So kann man auch erklären, dass eine Studie zu dem Ergebnis kam, Sonnenmittel bewahre kaum vor Hautkrebs: Wer meint, sich durch Creme gut zu schützen, setzt sich oft erst recht der Sonne aus. Dabei ist UV-Strahlung schon in einer Dosis schädlich, die noch lange nicht zum Sonnenbrand führt: „Sonnenbrand ist nur der letzte Hilfeschrei der Haut“, betont Volkmer.

UV-Strahlung gibt's auch im Schatten

Auch häufiges Nachcremen bringt nicht viel: Dadurch nutzt man die Wirkung des Mittels zwar optimal aus, darf aber nicht länger in der Sonne bleiben. „Auch bei einem hohen Lichtschutzfaktor gelangen noch UV-Strahlen auf die Haut“, sagt Volkmer. „Wenn man eine bestimmte Dosis an UV-Strahlung abbekommen hat, ändert sich daran nichts, wenn man das Mittel nochmals aufträgt.“ Ein weiterer verbreiteter Irrtum: Auch im Schatten ist man keineswegs vor der Sonne sicher. Vor allem Wasser, Sand und weiße Wände reflektieren die UV-Strahlung stark, so dass Strandurlauber auch unter dem Schirm nicht zu unterschätzende Dosen abbekommen können.

Der Lichtschutzfaktor bezieht sich nur auf einen Teil der UV-Strahlung, nämlich auf die kurzwellige UVB-Strahlung. Sie ist in erster Linie für Sonnenbrand verantwortlich und spielt zugleich bei der Entstehung von Hautkrebs eine wichtige Rolle. Doch auch die langwellige UVA-Strahlung kann zu Hautkrebs und Hautalterung beitragen. „Früher hat man diese Strahlung etwas vernachlässigt“, sagt Elsner. Daher waren bis vor kurzem Mittel auf dem Markt, die zwar einen hohen UVB-Schutz hatten, aber nur mäßig vor UVA-Strahlen schützten. Eine Empfehlung der EU-Kommission sieht neuerdings vor, den UVA-Wert an den UVB-Lichtschutzfaktor zu koppeln: Sie sollen im Verhältnis 1 : 3 stehen. So muss ein Produkt mit LSF 30 einen UVA-Schutz von mindestens 10 erreichen.

Um die Haut vor UV-Strahlung zu schützen, müssen den Produkten Lichtschutzfiltersubstanzen beigefügt werden: entweder organische Filtersubstanzen, also chemische Stoffe, oder mineralische Filter auf der Basis von Titandioxid und Zinkoxid. „Einige organische Filter durchdringen in geringem Umfang die Haut und können sich unter Einwirkung von UV-Strahlung zersetzen, wenn sie nicht photostabil sind“, erklärt Rolf Daniels, Professor für Pharmazeutische Technologie an der Universität Tübingen. Das kann für Allergiker problematisch sein. „Mineralische Filter bleiben oben auf der Haut liegen, ohne sie zu durchdringen, schützen allerdings nicht so gut vor UVA-Strahlung.“ Derzeit gibt es deshalb kaum Produkte mit sehr hohem Sonnenschutz, die ohne Chemie auskommen. Weiße Schmierstreifen, wie sie Mittel mit rein mineralischen Filtern früher oft hinterließen, seien dagegen „nicht zwangsläufig“.

Mineralische Filter vorziehen

Vor wenigen Jahren stellte eine Schweizer Studie die Unbedenklichkeit mehrerer organischer Substanzen in Frage. Das Bundesinstitut für Risikobewertung beruhigte: Die meisten der Substanzen auf dem Markt seien gesundheitlich unbedenklich. „Produkte mit hochallergenen Stoffen gibt es nicht mehr“, sagt Volkmer. „Im Zweifelsfall würde ich aber ein Mittel mit rein mineralischen Filtern wählen.“

Bei Produkten mit sehr hohem Sonnenschutz werden in der Regel organische und mineralische Filtersubstanzen miteinander kombiniert. Mittel, die mit wenigen verschiedenen Filtersubstanzen auskommen, seien dabei „aus pharmazeutischer Sicht günstiger zu bewerten“, sagt Daniels. Schließlich ist das Risiko unerwünschter Wirkungen dann geringer. Ein Laie könne die Inhaltsangaben auf der Packung aber schwer beurteilen, räumt der Experte ein. Daher rät er, sich in der Apotheke beraten zu lassen oder auf der Homepage des Herstellers zu informieren, welche Filter verwendet werden.