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Spiegel übt Kritik am Holocaust-Mahnmal

Lesezeit 3 Minuten

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, der Architekt des Holocaustmahnmals, Peter Eisenman und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (vlnr) unterhalten sich vor dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin.

Berlin - Deutschland hat einen zentralen Ort des Gedenkensan den Holocaust: Nach einem 17 Jahre währenden Streit ist amDienstag in der Nähe des Brandenburger Tores in Berlin das Denkmalfür die ermordeten Juden Europas eingeweiht worden. Der amerikanischeArchitekt des Mahnmals, Peter Eisenman, sagte sichtlich bewegt: "Esist mir eine Ehre, das Denkmal dem deutschen Volk zu übergeben. Essoll nun zu den Deutschen und zu der Welt sprechen." Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, PaulSpiegel, äußerte neben seiner Anerkennung für das gesamte Projektauch deutliche Kritik daran, dass sich das Denkmal jeder Aussage überdie Schuldigen entziehe. Das 1999 vom Bundestag beschlossene Denkmalmit 2711 Betonstelen und unterirdischen Dokumentationsräumen wurdevon dem amerikanischen Architekten Peter Eisenman entworfen und inzweijähriger Bauzeit für 27,6 Millionen Euro errichtet. Es liegt nureinen Steinwurf entfernt vom früheren Machtzentrum derNationalsozialisten, der nach dem Krieg abgerissenen Reichskanzleimit dem "Führerbunker". An dem Festakt, der mit dem jüdischen Totengebet ("Kaddisch")endete, nahmen 1000 Ehrengäste aus aller Welt teil, darunter auchÜberlebende des Holocaust und die politischen Repräsentanten derBundesrepublik mit Bundespräsidenten Horst Köhler, BundeskanzlerGerhard Schröder (SPD), Bundestagspräsident Wolfgang Thierse,Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und CDU-Chefin Angela Merkel. Israel sagte am Dienstag all den Menschen in Deutschland Dank, diesich für das Mahnmal eingesetzt haben. Es sei auch symbolhaft für dieBeziehungen zwischen Israel und dem neuen Deutschland, sagte derSprecher des israelischen Außenministeriums, Mark Regev. Spiegel dankte ausdrücklich für die durch das vom Bauwerk "zumAusdruck gebrachte Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft". Erwürdigte das Denkmal als "wichtiges und notwendiges Signal im Kampfgegen das Vergessen", das verhindern soll, "dass sich eine demnationalsozialistischen Menschheitsverbrechen vergleichbareKatastrophe jemals wiederholt". Das Denkmal entziehe sich aber derFrage nach dem "Warum" und sei kein authentischer Ort wie andereGedenkstätten. Es wäre daher "geradezu skandalös, wenn dieGedenkstätten langfristig einen Preis für die Errichtung des"Holocaust-Mahnmals" zu zahlen hätten." Spiegel unterstützte auchnachdrücklich die Forderung anderer Opfergruppen nach einem würdigenöffentlichen Ort eigenen Gedenkens. Thierse erinnerte als Bauherr daran, dass die Entscheidung für dasDenkmal in Berlin, das aus einer bürgerschaftlichen Initiative um LeaRosh entstanden sei, eine der letzten gewesen sei, die der Bundestagin Bonn vor seinem Umzug an die Spree fasste. "Es war dieEntscheidung für ein erstes gemeinsames Erinnerungsprojekt deswiedervereinten Deutschland und das Bekenntnis, dass sich diesesgeeinte Deutschland zu seiner Geschichte bekennt und zwar indem es inseiner Hauptstadt, in ihrem Zentrum, an das größte Verbrechen seinerGeschichte erinnert." Architekt Eisenman sagte, er sei beim Bau des Denkmals "meinemJüdischsein näher gekommen". Er sei New Yorker, aber "von heute anist ein Teil meiner Seele immer hier in Berlin". Lea Rosh ging inihrer Rede indirekt auf die Kritik Spiegels ein. "Dies ist keinDenkmal, das über die Täter aufklären wollte, es ist ein Denkmal fürdie Opfer, denen wir auch ihre Namen zurückgeben wollten." Vor dem weiträumig abgesperrten Gelände hatten sich mehrerehundert Schaulustige versammelt. Die Polizei hatte umfangreicheSicherheitsvorkehrungen getroffen. Das Denkmal neben demParlaments- und Regierungsviertel soll von Donnerstag an für dieÖffentlichkeit zugänglich sein. (dpa)