KÖLN. Wenn der junge Josef hätte entscheiden dürfen, wäre er nicht Welt- und Europameister und Deutschlands Fußballtorhüter des Jahrhunderts geworden. Denn der spindeldürre Schlacks wollte auf die Schauspielschule. Doch da im Hause Maier die Eltern das uneingeschränkte Sagen hatten, absolvierte ihr Sprössling nach der Hauptschule pflichtgemäß eine Lehre zum Maschinenschlosser. Gleichzeitig wechselte er allerdings vom TSV Haar zum FC Bayern München. Vier Jahre später gab er mit gerade einmal 18 Jahren sein Debüt in der ersten Mannschaft und brachte ihm in Verbundenheit zu seinem Heimatort den Spitznamen „die Katze von Anzing“ ein. Es war der Start einer großen Karriere, die den Maier Sepp noch immer mit dem Profi-Fußball eng verbindet. Morgen nun wird er 60 Jahre alt.
Er, der bis heute als „BTT“ - Maier kreierte den Begriff Bundest-Torwart-Trainer mit der ihm eigenen Ironie - für den DFB und in gleicher Funktion für den FC Bayern tätig ist, tritt immer noch gerne ins Rampenlicht. Seinen Geburtstag aber begeht er im kleinsten Freundeskreis beim Skifahren am Arlberg. „Wenn ich zu Hause richtig feiern würde, müsste ich 400, 500 Leute einladen, hätte nichts wie Stress und am Ende immer noch welche vergessen, die dann beleidigt wären“, begründete Maier.
Beleidigend konnte er zuweilen auch selbst werden. „Wenn ich ausgerastet bin, hat es mir aber im nächsten Moment schon wieder leid getan.“ Seinem Ruf als Gaudibursch und Karl Valentin des Fußballs haben seine Zornesausbrüche indes nie geschadet.
Bei den Zuschauern war der Tennis- (Maier betreibt noch immer ein großes Tenniszentrum) und Golf-Fan (Handicap 6) beliebt wegen seiner Späße und Clownerien, die er zuweilen auch auf dem Spielfeld zum Besten gab. Während eines Freundschaftsspiels in Siegen winkte er einmal einen Eisverkäufer ans Tor, um sich eine Erfrischung reichen zu lassen. Unvergessen auch jene Szene, als er sich während eines Ligaspiels eine Wildente vergeblich per Hechtsprung im Strafraum zu fangen versuchte.
Ein Schabernack mit einer anderen „Ente“ wurde jedoch nicht Realität. Willi Lippens, genannt „Ente“, war wie Maier für seine Späße bekannt. Vor einem Spiel von Rot-Weiß Essen gegen die Bayern ging Lippens zu Maier und schlug vor, der Torhüter solle ihm bei einem Abstoß den Ball vor die Füße schießen, und er werde ihn generös zurückspielen. „Aber der Sepp hat sich nicht getraut, weil er mir nicht traute“, erzählt „Ente“ Lippens heute grinsend. „Stimmt“, sagt Maier, „in mancher Beziehung bin ich ein gewisser Feigling.“