Der plötzliche Ausfall der Autobahnbrücke hätte für die Region riesige Auswirkungen. Eine Studie rechnet mit einem volkswirtschaftlichen Schaden von 170 Millionen Euro jährlich.
ADAC-ModellstudieWas wäre, wenn plötzlich die Bonner Nordbrücke ausfällt

Die Bonner Nordbrücke muss absehbar durch einen Neubau ersetzt werden. Der Belastung von rund 120.000 Fahrzeugen am Tag ist sie dauerhaft nicht gewachsen.
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Welche dramatischen Folgen der plötzliche Ausfall einer Autobahnbrücke für die Volkswirtschaft haben kann, das hat der ADAC in einer Modellstudie bei fünf sanierungsbedürftigen Brücken an Autobahnen und Bundesstraßen im Bundesgebiet simulieren lassen. Darunter die Friedrich-Ebert-Brücke (Bonner Nordbrücke), die im Zuge eines sechsspurigen Ausbaus der Autobahn A565 ersetzt werden soll. Das Bauwerk von 1967 hat laut Autobahn GmbH nur noch eine begrenzte Restnutzungsdauer. Für den Schwerlastverkehr gilt eine Tonnagebegrenzung von 44 Tonnen. Aber ein Baubeginn wird frühestens in den 2030er Jahren erwartet. Der ADAC fordert, die Sanierung und Erneuerung von maroden Bauwerken generell zu beschleunigen, und zwar aus Mitteln aus dem Sondervermögen.
55,5 Millionen Umwegekilometer für Pkw und Lkw
Was aber passiert, wenn die Nordbrücke komplett ausfällt, ehe der Neubau steht? Für Bonn hätte das gravierende Auswirkungen, heißt es in der vom Ingenieur-Büro PTV Transport Consult GmbH erstellten Studie im Auftrag des Automobilclubs. Die Brücke zählt zu den wichtigsten Rheinquerungen der Region und bildet eine zentrale Verbindung zwischen dem linksrheinischen Rheinland und den östlich gelegenen Gebieten bis zur Eifel und zum Siebengebirge. Neben ihrer Funktion als Teil des innerstädtischen Autobahnrings erfüllt die Brücke eine entlastende Rolle für andere Bonner Rheinübergänge (z.B. die Kennedybrücke) und gewährleistet eine direkte Erreichbarkeit der Bonner Innenstadt und der Gewerbegebiete im Osten. Pro Tag fahren 120.000 Fahrzeuge über die Rheinquerung. Pkw müssten bei einer plötzlichen Vollsperrung pro Jahr Umwege von insgesamt 50 Millionen Kilometern in Kauf nehmen, Lkw von 5,5 Millionen Kilometern, haben die Gutachter errechnet. „Viele Autofahrer würden bei einem Ausfall der Brücke nach Norden in den Kölner Raum ausweichen und dort das Verkehrssystem belasten“, erklärt ADAC-Verkehrsexperte Prof. Dr. Roman Suthold. Der volkswirtschaftliche Schaden würde sich jährlich auf mehr als 170 Millionen Euro belaufen, so die Studie.
8000 marode Brücken im deutschen Autobahnnetz
Die Bonner Nordbrücke ist nur eines von rund 8000 Brückenbauwerken, die im deutschen Autobahnnetz vordringlich saniert und modernisiert werden müssen, um den Anforderungen des heutigen Verkehrsgeschehens gerecht zu werden, zeigt der ADAC auf. In Nordrhein-Westfalen seien 30 Prozent der 6152 Autobahnbrücken sanierungsbedürftig, fast jede zehnte Brücke falle beim Traglastindex in die schlechteste Kategorie (V) und hat den Zenit ihrer geplanten Nutzungszeit überschritten. In den vergangenen Jahren mussten bereits – teils über mehrere Jahre – Brücken ungeplant und plötzlich gesperrt werden, weil Tragfähigkeit und Standsicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnten. Dazu zählten in NRW unter anderem die Talbrücke Rahmede (A45), die Leverkusener Brücke (A1) oder die A42-Brücke über den Rhein-Herne-Kanal (Bottrop/Essen) oder die Emschertalbrücke zwischen Recklinghausen und Herne (A43).
ADAC fordert Beschleunigung von Sanierung und Erneuerung
Der ADAC fordert, die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel aus dem Sondervermögen jetzt zu nutzen und in den nächsten Jahren weiter zu steigern, um die Sanierung und Erneuerung von Bauwerken zu beschleunigen: „Insbesondere die Brücken in NRW liegen auf der Intensivstation. Mit jedem Jahr, das bei der Erneuerung einer Brücke ungenutzt verstreicht, steigen die Risiken für Folgeschäden und damit für starke Belastungen von Autofahrern, Anwohnern und Volkswirtschaft erheblich“, mahnt ADAC-Verkehrsexperte Suthold. Ähnlich dramatische Folgen hätten auch die Totalausfälle der anderen in der Studie untersuchten Brückenbauwerke: die Norderelbbrücke an der A1 in Hamburg, die Donaubrücke Sinzing über die A3 bei Regensburg, die Böllinger Talbrücke über die A6 bei Heilbronn sowie die Agra-Brücke auf der B2 in Leipzig. Wobei der Ausfall der Norderelbbrücke in der Studie mit 334 Millionen Euro jährlich den höchsten volkswirtschaftlichen Schaden bedeuten würde.

