Alfter, Bornheim, RheinbachSo lief das das erste Wochenende nach der „Notbremse“

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Shopping Rhein-Sieg magunia

 Natalie van de Flierdt überprüft bei Bedarf im Eingangsbereich ihres Ladens 'prettywomen' negative Schnelltests.

Freitags noch Einkaufen nach Terminvergabe, aber ohne vorherigen Corona-Test. Am Samstag dann Shopping nur noch mit negativen Schnelltest, aber ohne Termin – diese Regelung hat Kunden am ersten Wochenende nach dem Ende der „Notbremse“ im Rhein-Sieg-Kreis mehr verwirrt als zum Einkauf beflügelt. Der Vorsitzende des Meckenheimer Verbundes, Willi Wittges-Stoelben, berichtete, manche hätten „auf dem Absatz kehrtgemacht“. Im regnerisch kühlen Wochenendwetter sah der Geschäftsmann nicht vorrangig die Ursache für die geringen Besucherzahlen. „Die Kunden kommen lieber zu einem Termin. Wenn sie einen Test beibringen müssen, ist das ein Hinderungsgrund“, stellte der Textilhändler fest. Die „Hauruck-Aktion der Landesregierung“, die am Mittwochabend nachgebessert habe, sei sowohl den Händlern als auch ihm völlig unverständlich. Mit den Lockerungen seien er und seine Einzelhandelskollegen grundsätzlich einverstanden, betonte Wittges-Stoelben. „Aber diese Änderung war für uns nicht nachvollziehbar.“

Auch bei Tobias Selz, Geschäftsführer der idyllisch gelegenen Waldgaststätte „Bahnhof Kottenforst“, blieben die Kunden am Samstag aus. Das habe auch am Regen gelegen, räumt der Gastwirt ein. Allerdings habe der erforderliche Nachweis eines negativen Corona-Testergebnisses zusätzlich für Abschreckung gesorgt.

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Fahrradausflügler in der Waldgaststätte Bahnhof Kottenforst

Viele hätten vorher angerufen und sich erkundigt, ob er tatsächlich wieder geöffnet habe: „Zunächst waren die Leute euphorisch, aber als sie erfuhren, dass sie einen Schnelltest beibringen müssen, wurden sie verhalten – das ist doch ein Hindernis“, beschrieb Selz das Verhalten der Kunden. In einigen Fällen habe es für spontan Entschlossene auch schlicht an Möglichkeiten gemangelt, so der Wirt: „Wenn sich Ausflügler ungeplant zur Einkehr am Bahnhof Kottenforst entschließen, ist es mitten im Wald schwierig, an einen Test zu kommen.“ Obgleich das Samstagsgeschäft buchstäblich ins Wasser fiel, ist Selz vorsichtig optimistisch. Es sei an der Zeit, das Geschäft wieder zu öffnen: „Was fehlt, ist nur noch schönes Wetter.“

Was in Rheinbach los war

Ein ruhiges Geschäft verbuchte am verregneten Samstag ebenfalls der Rheinbacher „Park Plätzchen“-Betreiber Peter Kirchhartz. Da das beliebte Café mit angeschlossenem Mini-Golf-Gelände jedoch zusätzlich zu einer vollständigen Karte eine überdachte Terrasse bietet, ließen es sich ungeachtet des Regens dort einige Besucher bei Schnitzel und Kaffee gut gehen. Auch die Mini-Golf-Anlage wurde genutzt. Die Tische hatte Kirchhartz mit seinen fünf Helfern in größeren Abständen als die erforderlichen anderthalb Meter aufgestellt.

„Eintrittskarte“ war auch beim „Park Plätzchen“ der Nachweis eines negativen Schnelltests. Der Gastronom, der in den Hochzeiten des „Rheinischen Kultursommers“ schon Gastgeber von Hunderten Gästen war, hatte die Terrasse für 70 Besucher bestuhlt. Trotz des verregnen Auftakts am Samstag, an dem er zwei Helfer gegen 16 Uhr nach Hause schickte, zeigte sich Peter Kirchhartz gut gelaunt: „Wir freuen uns sehr auf unsere Gäste, und das beruht auf Gegenseitigkeit.“ Für den Sommer sei in Zusammenarbeit mit dem Unternehmer Ferdinand Pfahl die Einrichtung eines Testzentrums im Freizeitpark geplant.

Glückseligkeit herrschte trotz strömenden Regens auf dem Platz der Hockey-Mannschaft von Trainer Thomas Verwold von der SG Pallotti Rheinbach. Bisher hatten die Zwölf- und 13-Jährigen nur in Fünfergruppen den Ball um Hütchen und Stangen spielen können, am Samstag war wieder ein Kampf Mann gegen Mann möglich. Die Kontaktbeschränkungen in der Vergangenheit seien eine Strafe gewesen, der Trainingsbetrieb für die unter 14-Jährigen habe aber durch den engagierten Einsatz der Eltern aufrechterhalten werden können. „Wenn die Jungs jetzt wieder spielen dürfen, ist das Leben wieder in Ordnung.“

So lief es in Bornheim

Die große Euphorie über die Lockerungen in der Corona-Schutzverordnung blieb in Bornheim am Samstag aus. Weder die Eisdiele noch die Kaiserhalle oder die Cafés entlang der Königstraße hatten ihre Außengastronomie geöffnet. „Wir wissen auch noch nicht, wann wir die Tische und Stühle wieder aufstellen“, erklärte die Inhaberin der Eisdiele an der Königstraße, Ursula Veronesi. Noch seien ihr die Kontrollen einfach zu kompliziert. „Ich bräuchte ja für draußen einen eigenen Kontrolleur“, erklärte sie. Als Familienbetrieb könnten sie das nicht leisten. Auch wisse sie nicht, ob sich die Kunden eigens testen lassen, um draußen einen Kaffee oder Cappuccino trinken zu können. „Für die Öffnung der Außengastronomie müssen wir zudem das Personal hochfahren und den Einkauf ganz anders vorbereiten, immer mit der Gefahr, dass bei erneut steigenden Inzidenzwerten alles wieder geschlossen wird.“

„Ach was wäre das schön, endlich wieder in ein Café oder in ein Restaurant gehen zu können“, meinte Julia Badke (33) aus Wesseling, die öfters ihre Eltern in Waldorf besucht. Gerne hätte sie sich mit ihnen und ihren Kindern auch am Samstagnachmittag in die Eisdiele gesetzt, doch es blieb beim Eis in der Waffel.

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Einige Schritte weiter in der Bäckerei Landsberg an der Königstraße liefen hingegen schon Überlegungen, schon ab dem heutigen Montag die Tische und Stühle wieder vor die Tür zu stellen. „Aber ganz sicher ist das noch nicht“, betonte Mitarbeiterin Juliette Alfonso nach Rücksprache mit ihrer Chefin Gisela Landsberg.

Skeptisch sind aber auch einige Kunden so wie Helga Zelder (50) aus Bornheim. Nur um Shoppen zu gehen oder sich in der Außengastronomie einen Kaffee oder ein Essen zu gönnen, möchte sie keinen Corona-Test machen. „Dann warte ich lieber, bis die Pandemie-Beschränkungen aufgehoben sind“, sagte sie. Auch Petra Brandt (43) aus Bornheim will sich nur testen lassen, wenn es unbedingt nötig ist. „Mit dem großen Shoppen und den Restaurantbesuchen kann ich warten, bis wieder mehr Freiheiten möglich sind“, sagte sie.

Die gleiche Erfahrung hat auch Christine Pohl, Inhaberin eines Fachgeschäfts für Wäsche und Bademoden an der „Kö“, gemacht. „Die wenigsten Kunden lassen sich testen“, sagte sie. Einige kämen immerhin nach einem Friseurbesuch oder einem Besuch im Seniorenheim mit einem Negativtest bei ihr zum Einkauf. „Besser als die Tests fand ich es, mit Termin einkaufen zu können“, sagte sie.

Weniger das Einkaufen und die Restaurantbesuche als vielmehr die gemeinsamen Stunden mit Sohn Moritz im Schwimmbad vermisst Markus Zaum aus Bornheim. Doch trotz der Lockerungen hätten die Schwimmbäder noch geschlossen, bedauert er. Mit den Corona-Tests hat er hingegen keine Probleme: „Für die persönliche Sicherheit, aber auch, um unsere Oma zu schützen, gehen wir jede Woche mindestens einmal, öfter aber auch zweimal zum Corona-Test“, erklärte er. Verlockend klinge, dass das Bornheimer Hallenfreizeitbad laut Homepage des Stadtbetriebs plane, die Freibadsaison vielleicht schon am 1. Juni zu eröffnen.

Wenig los in Alfter

Ein Eis im Freien oder den ersten Kaffee nach Monaten des Dauer-Lockdowns auf der Terrasse des großen Cafés am Herrenwingert – möglich ist dies seit Samstag, doch in Alfters „guter Stube“ war davon am Wochenende nichts zu sehen. Die Gastronomiebetriebe rund um den Herrenwingert hatten zu, auch die Türen des Reisebüros waren noch verschlossen. Und das lag nicht nur am wechselhaften Maiwetter, wie Gabi Haag, die Vorsitzende des Gewerbevereins und Inhaberin eines Fotoladens, berichtete. „Viele sind verunsichert, sie wissen nicht, ob es sich überhaupt lohnt. Viele Regeln sind immer noch unklar. Muss oder darf ich mir einen negativen Test oder den Impfpass vorzeigen lassen?“, nannte sie ein Beispiel. Sie habe bei den örtlichen Gastronomen rumgefragt, die meisten warteten derzeit noch ab, die Stimmung sei gedrückt.

Für manch einen lohne es sich einfach nicht, eine Aushilfe einzustellen. Einige hätten auch nicht von heute auf morgen alles organisieren können, um wieder zu öffnen. Viele hätten zudem Sorge, dass sie bei dem „Wirrwarr und den sich ständig ändernden Verordnungen“ Fehler machen und am Ende Strafe zahlen müssten: „Was uns allen fehlt, ist eine langfristige Perspektive. Über allem schwebt zudem die Sorge, dass es im Herbst wieder in die andere Richtung geht und die vierte Welle kommt.“

Sie betreibt nach eigenen Worten jeden Tag „Aufklärungsarbeit“ und informiert umliegende Geschäftsleute sowie Kunden so gut es geht, was möglich sei oder eben nicht. Doch manchmal blicke auch sie selbst nicht mehr durch, gab sie zu.

Das geht auch manchem Kunden so, wie Peter Marx berichtete: „Ich bin schon zweimal geimpft, ich dürfte doch jetzt ein Bier draußen trinken, oder darf ich das doch nicht?“, fragte der Senior unsicher und ergänzte: „Selbst wenn ich dürfte, mir ist der Aufwand zu groß. Ich müsste immer den Impfpass dabei haben, die Maske tragen, das macht keinen Spaß. Ich warte, bis Corona vorbei ist.“

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