1000 Mitarbeiter betroffenDeutsche Steinzeug in Alfter stellt Insolvenzantrag

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Die Bänder bei der Deutsche Steinzeug sollen trotz des Insolvenzverfahrens nicht stillstehen.

Die Bänder bei der Deutsche Steinzeug sollen trotz des Insolvenzverfahrens nicht stillstehen.

Einer der größten Arbeitgeber Alfters, die Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG mit ihrem Hauptsitz in Witterschlick, ist insolvent.

Die Belegschaft wurde über den aktuellen Stand informiert. Die Jobs der rund 1000 Mitarbeiter an den vier Produktionsstätten sollen gesichert werden und die Bänder des auf hochwertige Architektur- und Schwimmbadkeramik spezialisierten Unternehmens nicht stillstehen: „Der Prozess soll den Weg frei machen für einen Neustart, der die Erhaltung der Standorte und die Sicherung der Arbeitsplätze zum Ziel hat“, betonte die Geschäftsführung in einer Pressemeldung. Auch alle Aufträge sollen wie geplant bearbeitet, produziert und ausgeliefert werden, sicherte der CEO des Unternehmens, Dieter Schäfer, zu. Zum Unternehmen gehört auch zu der auch die Tochter Agrob Buchtal GmbH.

„Herausforderndes Marktumfeld“

Die wirtschaftlichen Probleme hätten Veränderungen bei den laufenden Krediten herbeigeführt, erläuterte Schäfer: Auch das „herausfordernde Marktumfeld im Bau- und Immobilienbereich“ sei schwierig, wodurch es zu weniger Erträgen gekommen sei als von der Geschäftsführung geplant. Die Entscheidung für das insolvenzrechtliche Verfahren in Eigenregie sei nach sorgfältiger Prüfung und unter Berücksichtigung der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen getroffen worden: „Wir haben schon früh damit begonnen unsere Produktionskapazitäten und -prozesse an den ausbleibenden Markt anzupassen. Die Veränderung unserer Kredite hat den notwendigen und bereits final vorbereiteten Liquiditätsfluss aber behindert“, sagte Schäfer. Das Geschäftsmodell sei aber „grundsätzlich intakt.“

Betriebsführung bei der Deutsche Steinzeug in Witterschlick im April 2022 (von links): Werksleiter Thomas Hammer, Volker Bouffier, Dieter Schäfer, Oliver Krauß und Rolf Schumacher.

2022 war der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier in Alfter zu Gast.

Durch die Sanierung in Eigenregie könne die Firmenleitung unabhängig von einem Insolvenzverwalter das Unternehmen wieder auf Vordermann bringen und agieren. Die Geschäftsführung bleibe voll handlungsfähig. Beaufsichtigt wird dies von einem vom Gericht bestellten Sachwalter. Ziel sei es, die beiden Sanierungsverfahren zügig und mit je einem Sanierungsplan abzuschließen. Hilfe gibt es dafür von einer Kanzlei, die auf Unternehmenssanierungen spezialisiert ist.

Die Deutsche Steinzeug sah sich in den vergangenen Jahren zahlreichen Krisen ausgesetzt, etwa durch die beiden Pandemiejahre oder die Energiekrise, ausgelöst durch den Angriffskrieg Putins auf die Ukraine: „Wir wollen die Maßnahmen fortführen, die wir bereits initiiert haben und sie zu einem erfolgreichen Abschluss bringen und sind zuversichtlich, dass uns das gelingt,“ gab sich Dieter Schäfer optimistisch. Nicht betroffen von dem Insolvenzverfahren seien internationalen Vertriebsorganisationen der Deutsche Steinzeug.

Energieintensives Unternehmen

Es gilt als energieintensives Unternehmen: Der Energieverbrauch entspreche etwa dem einer Kleinstadt. Vor Beginn des Ukrainekrieges betrugen die Energiekosten für alle vier Standorte 1,5 Millionen Euro im Monat. Wenige Monate später hatten sich diese vervierfacht. Diese Zahlen nannte Dieter Schäfer 2022, als er auf Einladung des CDU-Landtagsabgeordneten Oliver Krauß den damaligen hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier und Alfters Bürgermeister Rolf Schumacher zu einer Betriebsführung eingeladen hatte. Das Unternehmen Die Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG ist laut ihrer Unternehmenshomepage spezialisiert auf Wohn-, Schwimmbad- und Fassadenkeramik. Beliefert wird hauptsächlich der Großhandel.

Drei weitere Produktionsstandorte befinden sich heute in Sinzig (Kreis Ahrweiler), Ötzingen und Schwarzenfeld. Zudem gibt es Vertriebsgesellschaften in den USA, Frankreich und der Schweiz. Rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt die Gesellschaft, gut 300 davon am Standort Witterschlick. Damit ist die Deutsche Steinzeug einer der größten Arbeitgeber in der Gemeinde Alfter. Die Wurzeln des Unternehmens gehen zurück auf die 1890 in Mannheim-Friedrichsfeld gegründete „Deutsche Steinzeugwarenfabrik Aktiengesellschaft“ und die Cremer & Breuer GmbH, 1906 in Frechen gegründet. Bis 1926 erwarb Cremer & Breuer die Mehrheit an der Deutsche Steinzeugwarenfabrik. In Witterschlick gründete 1890 wegen der nahen Ton- und Quarzvorkommen der Industrielle Paul Servais die Servais-Werke, um Fliesen und Platten zu produzieren. In den 1980er Jahren kam es zur Fusion mit den Wessel-Werken aus Bonn, aus denen später die „Agrob Wessel Servais AG“ hervorging. Diese wiederum schloss sich 1992 mit Deutschen Steinzeug Cremer & Breuer AG zusammen.

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