„Am Ende zählt jede Minute“Freiwillige Feuerwehr und Polizei fahren mit Einsatzfahrzeugen durch Alfter

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Ein Feuerwehrauto versucht an geparkten Autos vorbeizukommen.

Ganz schön eng wurde es teilweise bei der Befahrung von Feuerwehr und Polizei in Alfter-Gielsdorf. Anwohner sollten auf die Folgen vom Falschparken hingewiesen werden.

Die Freiwilligen Feuerwehr und die Polizei sind mit Einsatzfahrzeugen durch Alfter-Gielsdorf gefahren, um die Anwohner anschaulich darauf hinzuweisen, wo Fahrzeuge nicht richtig abgestellt wurden. 

In den kommenden Tagen werden einige Anwohner in Gielsdorf und im benachbarten Oedekoven Post vom Ordnungsamt der Gemeinde Alfter bekommen. Manch einen dürfte ein solcher Brief überraschen, wenn er darin liest, dass er sein Fahrzeug falsch geparkt hat. Ein Bußgeld werden die Adressaten jedoch nicht bezahlen müssen und einen Punkt in Flensburg gibt es auch nicht – noch nicht: „Dieser Brief ist eine letzte Warnung, um die Halter zu sensibilisieren, ihre Fahrzeuge künftig so abzustellen, dass im Ernstfall Platz genug bleibt, damit Rettungsfahrzeuge durchkommen“, erläuterte der Leiter des Ordnungsamtes der Gemeinde Alfter, Bilal Bodabouz.

Einige Anwohner waren bereits am Mittwochabend überrascht, als Feuerwehrmann Christoph Hannemann von der Löschgruppe Gielsdorf ein 14 Tonnen schweres und knapp drei Meter breites Tanklöschfahrzeug durch die engen Straßen Gielsdorfs manövrierte. Begleitet wurde er von dem Polizeibezirksdienstbeamten Dirk Kappes und Bilal Bodabouz. Zum Glück ging es am Mittwochabend nicht um einen Ernstfall. Ziel war es, mit der Befahrung durch Gielsdorf und teilweise durch das benachbarte Oedekoven die Anwohner anschaulich darauf hinzuweisen, dass sie ihre Fahrzeuge nicht richtig abgestellt haben und sie dadurch zu animieren, künftig korrekt zu parken. Die knapp zweistündige Runde durch Gielsdorf sei der Auftakt für weitere Aktionen dieser Art, wie sie in den kommenden Wochen in allen Orten der Gemeinde durchgeführt werden sollen, erläuterte Bodabouz.

Enge Stellen auf dem Weg durch Alfter

Lange dauerte es nicht, bis Christoph Hannemann mit seinem Gefährt zum ersten Mal anhalten musste. Nur ein paar hundert Meter vom Gerätehaus am Standort Auf der Heide neben dem Gielsdorfer Wasserturm in der Prinzgasse wurde es eng. Dirk Kappes nahm die Halterdaten einiger falsch abgestellter Fahrzeuge auf. Kritisch wurde es, als Hannemann mit dem Feuerwehrwagen in den Margaretenweg einbiegen wollte, wo ein Wohnmobil stand. Obwohl es in dem Fall nichts zu beanstanden gab und das Gefährt korrekt geparkt war, hätte es kritisch werden können, wenn das Einsatzfahrzeug im Ernstfall schnell um die Kurve gemusst hätte. Besonders heikel war es an einer Einmündung zur Blechgasse auf Höhe des früheren Lokals „Zum Anton“. Dort standen im Kurvenbereich, auf einem Bürgersteig und halb auf der Straße und halb auf dem Gehweg Fahrzeuge geparkt. Ein Halter behinderte nicht nur die Einsatzfahrzeuge, sondern auch noch Fußgänger. Mit einem Rollator oder Kinderwagen wäre dort niemand vorbeigekommen. Der Fahrzeughalter zeigte sich einsichtig und fuhr sein Auto direkt weg.

Äußerst eng wurde es auch im Heideweg, der gerade einmal 4,80 Meter breit ist, wie Bodabouz mit einem Zollstock gemessen hatte. An dem dort geparkten breiten Sportwagen kam Christoph Hannemann in Millimeterarbeit mit seinem Fahrzeug nur mit Mühe vorbei. Der Halter zeigte sich überrascht, aber einsichtig. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass er sein Fahrzeug falsch geparkt hatte und sah sich nun mit einem Problem konfrontiert, dass auch andere Bürger haben dürften: „Wo sollen wir denn dann parken?“ Oft, so Bodabouz, würden Garagen zweckentfremdet oder Hauseinfahrten nicht genutzt. Als Faustregel gilt: Wer seinen Pkw abstellt, muss darauf achten, dass eine Restfahrbahnbreite von 3,05 Meter bleibt. Dann können Einsatzfahrzeuge problemlos durchkommen, was übrigens auch für Müllwagen gilt.

Meistens zeigten die Anwohner Verständnis, wenn der Ordnungsamtsleiter sie ansprach. Nicht so in der Ginggasse in Oedekoven, wo sich eine Bürgerin über die Aktion aufregte und nicht einsehen wollte, dass sie ihren Kleinwagen besser woanders hätte parken sollen und den Leiter des Ordnungsamtes und die Einsatzkräfte beschimpfte. „Wenn wir in solche Situationen geraten, kommen wir nur noch im Gänseschritt voran“, schilderte Hannemann, der als einer der erfahrensten Fahrer der Löschgruppe Gielsdorf gilt. „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass wir ungefähr bei jedem fünften Einsatz vor solchen Problemen stehen und nur schwer durchkommen“, sagte Löschgruppenführer Michael Fuhs, „das ist dramatisch, denn am Ende zählt jede Minute, um Menschen oder Gebäude zu retten.“

Vermehrt behindern SUVs und Wohnmobile das Durchkommen

Manchmal müssten die Kameraden auch Umwege fahren, schilderte Silke Simon, stellvertretende Pressesprecherin der Feuerwehr Alfter. „Keine Option“ sei es, mit den Einsatzfahrzeugen über Gehwege zu fahren, erläuterte Michael Fuhs. Dabei gehe es nicht nur darum, diese möglicherweise zu beschädigen. Viel mehr schwappe das vorhandene Löschwasser in den Wassertanks der Fahrzeuge hin und her, was zu gefährlichen Situationen für die Einsatzkräfte führen könne. Zunehmend problematisch seien die immer breiter werdende Fahrzeuge wie SUVs oder auch Wohnmobile, die Durchfahrten blockieren. Engstellen gebe es aber nicht nur in historisch gewachsenen Dorfstraßen, sondern auch in vielen Neubaugebieten, wo ebenfalls oft nur begrenzte Stellflächen angelegt sind, erläuterte Simon.

Der Respekt gegenüber Einsatz- und Ordnungskräften nehme ab, bestätigte Bilal Bodabouz: „Meist bleibt es bei verbalen Attacken, es kommt weniger zu tätlichen Angriffen.“ Trotzdem sei die psychische Belastung bei den Kollegen hoch. So wurde einem Kollegen neulich von einem wütenden Fahrzeughalter das verpasste „Knöllchen“ in seine Jacke gestopft. Bei der Aktion am Mittwochabend blieb es zunächst bei Verwarnungen, um die Anwohner zu sensibilisieren. Wer falsch parkt und Rettungsfahrzeuge am Durchkommen behindert, muss, je nach Situation, zwischen 30 und 100 Euro bezahlen. Zudem wird mindestens ein Punkt in Flensburg fällig.

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