Exklusiv

Schluss in Alfter
Kämmerer Heinrich stellt Versetzungsgesuch

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Nico Heinrich im Dezember 2022 bei der Unterzeichnung eines Vertrages mit der e-regio im Alfterer Rathaus

Nico Heinrich im Dezember 2022 bei der Unterzeichnung eines Vertrages mit der e-regio im Alfterer Rathaus

Paukenschlag in Alfter und das wenige Tage vor der Verabschiedung des umstrittenen Doppelhaushaltes 2024/25: Kämmerer Nico Heinrich wird die Gemeindeverwaltung verlassen.

 Erste Gerüchte tauchten gestern Morgen in den sozialen Netzwerken auf, unter anderem in den Kommentarspalten der Bürgerinitiative „Alfter gegen Grundsteuererhöhung“. Gestern Nachmittag kam dann die Bestätigung von Alfters Gemeindesprecherin Maryla Günther: „Ja, es ist richtig. Kämmerer Nico Heinrich hat einen Versetzungsantrag gestellt.“

Der 40-Jährige möchte sich zum Theater Bonn versetzen lassen, „der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung der Stadt Bonn für den Schauspiel- und Opernbetrieb“, so die offizielle Formulierung.

Aktuell werde das Versetzungsgesuch noch geprüft und bearbeitet. Unklar sei noch, zu welchem Zeitpunkt die Versetzung erfolgen werde, hieß es aus dem Rathaus. Die Personalie werde kommenden Donnerstag im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung beraten.

Gemäß Paragraph 16 der Hauptsatzung der Gemeinde Alfter trifft der Rat – im Einvernehmen mit dem Bürgermeister – für Bedienstete in Führungspositionen die Entscheidungen, die das beamtenrechtliche Grundverhältnis zur Gemeinde verändern, erklärte Maryla Günther.

„Für die aktuellen Haushaltsberatungen und die Verabschiedung des Haushalts 2024/2025 hat die Personalie keine Folgen“, betonte die Gemeindesprecherin. Darüber hinaus seien die verantwortlichen Fachgebietsleitungen innerhalb des Fachbereichs Finanzmanagement vollständig in die Aufgaben mit eingebunden und mit allen wesentlichen Vorgängen betraut.

Nico Heinrich ist auch Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFA) Alfter, die jedoch von Heinrichs Entscheidung nur in geringem Maße betroffen, da er diese Tatätigkeit nur unterstützend mit geringer Stundenzahl ausgeübt hatte. Co-Geschäftsführer Thomas Poggenpohl nimmt die Stelle hingegen als WFA-Geschäftsführer in Vollzeit wahr.

Nico Heinrich ist seit 2010 Kämmerer in Alfter. In den vergangenen Monaten musste er die bittere Nachricht überbringen, dass die Gemeinde um eine drastische Anhebung der Grundsteuer B nicht herumkommen wird. Anfang Januar 2023 erklärte er, dass ohne entsprechende Konsolidierungsversuche der Hebesatz von zuletzt 763 Punkten auf 1500 für das Haushaltsjahr 2024 steigen werde. Am Ende konnte dies durch entsprechende Einsparungen aber abgewendet werden, sodass der Hebesatz schließlich nur bis 995 Punkte steigen wird. Wie berichtet, erklärte Heinrich noch am Dienstag im Haupt- und Finanzausschuss, dass dieser Wert auch für 2025 gehalten werden könne. Er forderte aber die Verwaltung und die Politik eindringlich auf, sämtliche Projekte und Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres vertat Heinrich als Allgemeiner Vertreter der Verwaltung Alfters Bürgermeister Dr. Rolf Schumacher (CDU), da dieser krankheitsbedingt nicht im Dienst war.

Nico Heinrich als Sänger zusammen mit Peter Bortfeldt (Klavier) bei den Wachtberger Kulturwochen 2018 im Atelier von Michael Franke in Gimmersdorf.

Nico Heinrich als Sänger zusammen mit Peter Bortfeldt (Klavier) bei den Wachtberger Kulturwochen 2018 im Atelier von Michael Franke in Gimmersdorf.

Reaktionen der Fraktionen

In Alfterer Ratsfraktionen wird das Ausscheiden Heinrichs bedauert, wie eine Abfrage ergab. „Aus unserer Sicht ist dies ein schwerer Verlust für die Verwaltung, aber auch für die Kommunalpolitik. Wir verlieren eine gestandene, erfahrene, bewährte und geschätzte Verwaltungsfachkraft. Sein Wechsel von Wachtberg nach Alfter in 2010 hat sich für uns als Glücksfall erwiesen, so hat er sich und die Gemeinde in seinen über 14 Jahren stetig weiterentwickelt. Er hat es verstanden, die Rolle des Kämmerers im Sinne von Politik und Verwaltung auszufüllen“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Christopher Ehlert.

Den Rats- und Ausschussmitgliedern habe er immer offen gegenübergestanden und mit seiner ruhigen sachlichen Art auch kritische Themen transparent und nachvollziehbar moderiert: „Ich persönlich empfand die Zusammenarbeit mit ihm immer sehr konstruktiv und auf Augenhöhe. Insbesondere seine konservative Finanzpolitik hat aus meiner Sicht erheblich dazu beigetragen, dass Alfter sich stetig weiterentwickeln konnte. Dies hat sich zuletzt bei den vielen Sitzungen der Lenkungsgruppe gezeigt, in denen er sich selber und seiner Linie immer treu blieb.“ Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Lanzrath lobte den Kämmerer und dessen Kompetenzen.

„Die Versetzung stellt für uns alle eine herausfordernde Veränderung dar. Wir freuen uns für Nico Heinrich, dass er sich persönlich wie auch fachlich mit der Versetzung weiterentwickeln, sowie seiner Karriere einen neuen Schub verleihen kann“, erklärte die FDP-Fraktionsvorsitzende Miriam Clemens. Auch sie sie und ihre Fraktion bedauern diesen Schritt: „Menschlich wie auch fachlich diesen Verlust zu stemmen, wird für die Verwaltung eine große Herausforderung und weckt seitens der FDP-Fraktion die Befürchtung, dass es zur weiteren Personalabwanderung kommen könnte. Der Versetzungsantrag ist ein unmissverständliches Zeichen an die Politik und die Verwaltungsführung, dass es ein weiter so nicht geben darf.“

Ähnliche Töne schlug auch Bolko Graf Schweinitz, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, an: „Wir bedauern diese Entscheidung sehr, da wir die hohe Kompetenz des Kämmerers schätzen. Sie ist von zentraler Bedeutung für den Ausweg aus der momentanen Haushaltskrise. Wir sehen mit großer Sorge, dass sich nun ein weiterer Leistungsträger von der Gemeinde Alfter verabschiedet.“ Die Grünen haben die Zusammenarbeit mit Nico Heinrich ebenfalls immer sehr geschätzt, betonte Fraktionssprecher Dominic Larue: „Nicht zuletzt angesichts der aktuellen Haushaltslage ist es natürlich wichtig, auf dieser zentralen Position für die Gemeinde eine gute Lösung zu finden.“

Für den Fraktionsvorsitzenden der UWG, Werner Urff, ist Heinrichs Weggang ebenfalls ein großer Verlust und „herb für Alfter“ für die derzeitige Haushaltssituation, und für das, was noch komme: „Eine Stelle beim Theater ist für ihn sicherlich ruhiger und traumhafter als in dieser Gemeinde.“ Hätte sich Heinrich stattdessen bei einer anderen Kommune als Kämmerer beworben, wäre das aus Sicht Urffs in der heutigen Zeit die Wahl „zwischen Pest und Cholera“ gewesen.

Bürgerinitiative: „Da geht der falsche“

Für den Initiator der Bürgerinitiative „Alfter gegen Grundsteuererhöhung“, Gregor Andreas Geiger, geht „eigentlich der Falsche“. Der Vorgang sei „sehr verwunderlich“. Geiger mutmaßt: „Entweder flieht da jemand vor dem von der Politik eingebrockten Scherbenhaufen oder die Zustände im Rathaus sind nicht mehr zu ertragen.“

Heinrichs Liebe zur Musik

Nico Heinrich, der in Wachtberg wohnt, hat sich auch als Sänger in der Region einen Namen gemacht: Er ist ausgebildeter Tenor. Bereits mit 15 Jahren hatte er seine professionelle Gesangsausbildung begonnen: „Gesang und Musik sind für mich ein willkommener Ausgleich zu meiner vielfältigen Arbeit als Gemeindekämmerer. Der Gesang bedeutet für mich eine mentale Reinigung“, sagte Heinrich, der dem Ensemble der Studiobühne Wachtberg angehört, einmal im Interview der Rundschau.

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