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KostümbildnerinWarum das Kostüm für Urmel aus dem Eis aus einem Geschäft in Bad Honnef kommt

4 min
Eine Frau schneidet ein Stück Stoff zu.

Hat schon viele Theaterproduktionen ausgestattet: Bühnen- und Kostümbildnerin Christina Wachendorff bei der Arbeit.

Die Bühnen- und Kostümbildnerin Christina Wachendorff eröffnet mit „Pieke & Fein" ein besonderes Geschäft in Bad Honnef.

Wenn König Pumponell von Pumpolonien Mitte November die Bühne des Scharoun Theaters in Wolfsburg betritt, dann trägt er ein Kostüm mit roter Krone aus Cord „Made in Bad Honnef“. Insgesamt sieben Kostüme fertigt die Bühnen- und Kostümbildnerin Christina Wachendorff für die Inszenierung von Urmel aus dem Eis des Jungen Theaters Wolfsburg.

In ihrem neuen Laden „Pieke & Fein“, den sie offiziell zum Martini Markt (ab 20. Oktober) in der Hauptstraße 38c eröffnet, steht im hinteren Teil neben zwei großen Arbeitstischen, auf denen von Stoff über Schere bis Maßband und Knöpfen alle möglichen Schneiderutensilien liegen, eine Kleiderpuppe mit einem braunen Kostüm. „Das ist der Seeelefant“, sagt Wachendorf und zeigt eine der Flossen, die sie noch anbringen muss.

Kostüm der Polly aus der Dreigroschenoper im Schaufenster

Auf dem Tisch daneben liegen gezeichnete Entwürfe für Kostüme, darunter das für Urmel, natürlich in Grün. Christina Wachendorffs Geschäft, das sie in einem lange leerstehenden Ladenlokal eröffnet und das zur Straße hin sieben Meter lange Vitrinen für eine Auslage von Waren hat, ist eine Art „Gemischtwarenladen“, wie die Kostümbildnerin selbst sagt.

Es ist eine Kombination aus Geschäft, Atelier, Werkstatt und auch Kunst- und Kulturbühne. Ganz prominent direkt am Eingang hat Wachendorff das Kostüm der Polly ausgestellt, das sie für eine Inszenierung der Dreigroschenoper am Theater Ansbach fertigte. Das Stück hatte im Februar 2023 Premiere.

Drei Blätter mit gezeichneten Kostümentwürfen.

Kostümentwürfe für die Inszenierung von Urmel aus dem Eis in Wolfsburg.

„Pieke & Fein“ ist zum einen ein Verkaufsraum (Showroom), in dem Wachendorff unter dem von ihr gegründeten Label „Manufaktur Siebengebirge“ Taschen anbietet, die beispielsweise aus Werbeplakaten oder Theaterbannern von Kunst- und Kultureinrichtungen gefertigt werden („Die Taschen haben alle eine Geschichte“). Stichwort in dem Zusammenhang: Upcycling.

Auch Produkte der Marke Cyklus (Taschen, Kissen, Mode) und des Stricklabels Lotre sowie Keramiken des in Bonn lebenden Künstlers Kili Siefart gehören zum Sortiment. Aber: „Theater ist das Kerngeschäft“, sagt Christina Wachendorff, die nach eigener Einschätzung auf einen reichen künstlerischen Werdegang zurückblicken kann. Nach dem Fachabitur für Gestaltung an der Glasfachschule in Rheinbach habe sie an der Bonner Oper eine Ausbildung zur Theatermalerin gemacht.

Wichtigstes Standbein ist die Kostümproduktion

Anschließend habe sie Bühnen- und Kostümbild an der Kunstakademie in Düsseldorf und an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam studiert. Sie war Ausstattungsleiterin in Bonn („eine gute Zeit“) und Ingolstadt, stattete bundesweit Theaterproduktionen aus und gestaltete in Berlin ein ganzes Hotel neu, und zwar von der Planung bis zur Umsetzung.

Irgendwann zog es sie wieder zurück an den Rhein, und in Bad Honnef fand sie das passende Ladenlokal, in dem sie auch Workshops rund um Textil, Malerei und Upcycling anbieten will. Geplant sind zudem Lesungen oder Konzerte.

Wichtigstes Standbein ist aber die Kostümproduktion für Theater, Bühnen und Kultureinrichtungen. „In unserer Näherei entstehen Prototypen, Unikate und Kleinserien (...)“, heißt es auf der Homepage von „Pieke & Fein“. Von Bad Honnef ist die Bühnenbildnerin sehr angetan. City-Managerin Miriam Brackelsberg beziehungsweise die Wirtschaftsförderung habe sie sehr freundlich begrüßt.

Schon vor der offiziellen Eröffnung kamen viele Interessierte in den neuen Laden, über dessen Tür ein Schild ankündigt „Wir starten in ein sinnliches und kreatives Jetzt. Mach mit!“. „Wir haben schon viele tolle Menschen hier gehabt“, sagt Christina Wachendorff . Bad Honnef habe eine „gute Community“.

Eine alte Nähmaschine, daneben zwei Kleiderpuppen.

Geschäft und Schneiderei zugleich ist „Pieke & Fein“ in Bad Honnef.

Allerdings profitiert die Kostümbildnerin nach eigenen Angaben nicht vom Förderprogramm des Landes NRW, das in Bad Honnef über Mietzuschüsse insgesamt sechs leere Ladenlokale in der Innenstadt wieder zu füllen versucht. In dessen Rahmen sind schon andere Schneidereien beziehungsweise Nähläden nach Bad Honnef gekommen. Christina Wachendorff sieht darin aber ausdrücklich keine Konkurrenz.

Zum Martini Markt (22. bis 26. Oktober) organisiert das Team offene Werkstätten (Mittwoch bis Samstag, 12 bis 23 Uhr). Am Sonntag, 26. Oktober, liest von 14.30 bis 15 Uhr die Schauspielerin Anna Woll aus „Urmel aus dem Eis“. An diesem Tag präsentiert die Werkstatt die Kostüme für die Urmel-Inszenierung in Wolfsburg. „Pieke & Fein“, Hauptstraße 38c, 53604 Bad Honnef.