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Tierhalter bitten um Rücksicht„Das ist kein Spaß, es hat etwas mit einem Kriegsschauplatz zu tun“

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Ein Mann hält zwei Island-Pferde am Halfter.

Die ganze Nacht ist Frederic Feldmann unterwegs, der Leiter des Gangpferdezentrums Aegidienberg.

Pferde, Hunde und Schafe leiden unter Böllern und Lichteffekten von Raketen.

Es ist diese eine Nacht im Jahr, die für viele Tiere zum Horror wird. Hundehalter, Pferdebesitzer und Schäfer wissen, was für eine Qual der Silvesterabend sein kann. „Ich bin die ganze Nacht unterwegs“, sagt Frederic Feldmann vom Gangpferdezentrum Aegidienberg in Bad Honnef. Er spricht von dem absoluten Horror für die Pferde, die zu seinem Gestüt gehören. Nur ein Drittel kann am Hof bleiben, alle anderen Pferde sind auf angrenzende Paddocks verteilt.

In Bad Honnef sind viele Pferdehalter in der Nacht auf dem Hof

Das panische Fluchtverhalten der Tiere könne dann zu gefährlichen Situationen führen. „Das ist gruselig, in das Paddock gehe ich dann auch nicht mehr rein“, betont der Leiter des Gangpferdezentrums. Viele Kunden verbringen den Jahreswechsel auf dem Gestüt. Sollte ein Pferd etwa aus Panik im Zaun hängen bleiben, ist sofort jemand da.

Frederic Feldmann fährt zusätzlich kurz nach Mitternacht alle Weiden ab, um nach dem Rechten zu sehen. Er berichtet von Böllern, denen er auf der Fahrt durch Aegidienberg ausweichen müsse oder die unter seinem Auto explodierten.

„Das ist kein Spaß, es hat etwas mit einem Kriegsschauplatz zu tun“, sagt Feldmann. Feuerwerk sei aus seiner Sicht zwar schön anzuschauen, stehe aber in keinem Verhältnis zu dem Terror, den die Tiere ertragen müssten. „Um 1 Uhr stoße ich dann auch mal an“, erzählt Feldmann, der um diese Zeit das meiste Feuerwerk schon verpulvert vermutet. Für ein komplettes Verbot von Feuerwerk spricht er sich dagegen nicht aus.

Er findet, das Spektakel gehöre zum Jahreswechsel dazu, es müsse aber deutlich eingeschränkt werden. Er spricht sich etwa dafür aus, den Privatverkauf einzustellen und nur noch fest organisierte Feuerwerke in Städten zuzulassen. „Das hat auf dem Land aber nichts zu suchen“, findet Feldmann, für dessen Tiere es purer Stress sei.

Die kann ich natürlich nicht alle in den Arm nehmen
Schafzüchter Simon Darscheid hält 200 Tiere

Den Stress kennt auch Simon Darscheid aus Hennef-Söven. Er feiert kein Silvester, zumindest nicht mit Menschen. 200 Schafe sind es, mit denen er den Jahreswechsel verbringt. „Die kann ich natürlich nicht alle in den Arm nehmen“, erklärt der Schafzüchter, doch seine Anwesenheit beruhige die Tiere schon etwas. Ein Feuerwerksverbot sei auch für ihn der falsche Weg, er wünsche sich einfach mehr Rücksicht der Feiernden.

„Die Leute kaufen im Überfluss und feuern dann ohne Rücksicht“, schildert Darscheid. So passiere es etwa, dass seine Schafe vor Schreck wegliefen und er einen Teil suchen müsse. Ein bisschen mehr Abstand würde aus seiner Sicht schon reichen.

Eine Frau mit zwei Hunden auf dem Schoß.

Hundetrainerin Victoria Warstat-Friese aus Hennef rät dazu, Rollläden herunterzulassen und für Ablenkung zu sorgen.

Je nach Rasse und Gemüt können die Silvesterknaller auch Hunden Angst einjagen. „Die zittern, speicheln und verkriechen sich unters Bett“, erzählt Victoria Warstat-Friese. Die Leiterin der Hundeschule „Domestic Dog“ in Hennef weiß, wie man den Haustieren die Stunden zum Jahreswechsel möglichst erträglich machen kann. Demnach solle man seinen Hund etwa eine halbe Stunde vorher in einen Raum bringen, der möglichst die Lautstärke dämmt. Die Rollläden sollte man herunterlassen, damit das Tier auch von den Lichteffekten möglichst wenig mitbekommt.

Kein Hund sollte zum Feuerwerk mitgenommen werden

Und dann komme es auf Ablenkung an, so könne ein Hundehalter etwa laute Musik einschalten, um das Geknalle von draußen etwas zu übertönen. Auch Futter könne gut wirken, ein besonders toller Kauknochen lenke von der lauten Umgebung ab. Je nachdem sei es auch wichtig, dass der Hund zur entscheidenden Stunde nicht allein sei. „Wenn man merkt, dass der Hund nicht damit klarkommt, muss einfach einer drinnen bleiben“, meint Warstat-Friese.

Umstritten ist der Einsatz von Eierlikör. Der enthaltene Alkohol soll den Hund beruhigen, je nach Körpergröße kann man ein bis zwei Esslöffel am Abend verfüttern. Auch sei es denkbar, sich in Absprache mit dem Tierarzt beruhigende Valium-Präparate für die Silvesternacht zu besorgen. Wichtig ist der Hundetrainerin, dass kein Hund zum Feuerwerk mitgenommen werde, sei er noch so lärmresistent: „Das muss kein Hund ertragen.“