Folklegende auf der Insel Grafenwerth3800 Besucher feiern Joan Baez in Bad Honnef

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Joan Baez in Bad Honnef

Bad Honnef – Auf einmal war Party angesagt beim bedächtig gestarteten Konzert der Folk-Legende Joan Baez. Als kurz vor dem Ende des regulären Teils Gabriel Harris (Cajón) und Dirk Powell am Klavier zu jammen begannen, waren die Stühle für das Publikum völlig überflüssig geworden. Die laut Veranstalter Ernst-Ludwig Hartz etwa 3800 Besucher beim ausverkauften Konzert auf der Insel Grafenwerth – aus produktionstechnischen Gründen gingen wenige Tage vor der Show noch einmal einige Dutzend Karten in den Verkauf – hatten sich von ihren Plätzen erhoben und klatschten zum Rhythmus der Musik. Ein großartiger Konzertabend in einem wundervollen Rahmen bog auf die Zielgerade ein.

Auf Baez’ Wunsch ließen die Sicherheitskräfte zu dem Zeitpunkt auch die etwa 50 Zaungäste, die hinter den Eingangsschleusen aus mehreren hundert Metern die Veranstaltung verfolgten, auf das Konzertgelände. Waren die sechs Sitzplatzbereiche zunächst noch getrennt, bevölkerten die Zuschauer jetzt auch den Bereich zwischen den Blöcken.

Um 20.12 Uhr hatte das Warten auf den Weltstar ein Ende. Als die 78-Jährige die Bühne betrat, begrüßten die Zuschauer sie mit stehenden Ovationen. „Ich bin glücklich, hier zu sein“, sagte die Musikerin und legte mit „Don't think twice, it's all right“, „The last Leaf on a Tree“ und „Farewell Angelina“ los. Letzteres, so sagte die US-Amerikanerin, spiele sie seit 1966 regelmäßig in Europa, und die Leute würden es mögen. Szenenapplaus. Dann holte sie, wie sie ironisch mitteilte, ihr „Symphonie-Orchester“ in Form von Harris und Powell auf die Bühne. Später stieß noch Sängerin Grace Stumberg hinzu. „Whistle down the Wind“, der Titelsong ihres aktuellen Albums stand nun auf der Setlist. Insgesamt präsentierte die Musikerin 23 Stücke auf der vorletzten deutschen Station der finalen „Fare thee well“-Tour. Dazu gehörten auch die Volkslieder „Der Mond ist aufgegangen“ und „Sag mir, wo die Blumen sind“.

Lieder von Joan Baetz sind aktueller denn je

Baez’ Botschaften sind aktueller denn je. Den Song „Deportee“ widmete sie der Flüchtlingssituation. Wenn sie in „Another World“ singt „I need another Place. Will there be Peace? I need another World, this one’s nearly gone“, schwingen die aggressive politische Lage in vielen Teilen der Welt und die Klimaproblematik mit. Auch der Kampf gegen die Rassentrennung liegt der Pazifistin seit mehr als sechs Jahrzehnten am Herzen. Ihre letzte Tour durch die USA im April legte sie extra auch in die Südstaaten, um dort die gegenwärtige Situation zu erleben. „Bridge over troubled Water“ und „Imagine“ waren zwei weltbekannte Schlusspunkte im Zugabenteil, ehe Baez mit „If I had Wings“ ihrem Bad Honnefer Publikum pünktlich um 22 Uhr „Auf Wiedersehen“ sagte.

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Die Musiklegende war am Samstag gut aufgelegt. Sie mochte das Gelände, auf dem erstmals ein Konzert dieser Größenordnung stattfand. Der Blick auf die Bäume, der Rhein in direkter Nähe – ein Paradies für die Naturfreundin. Schon am Nachmittag rund um den Soundcheck machte sich die Musikerin bei einem kleineren Spaziergang ein Bild von der Insel. Am Vortag, die Baez-Crew reiste bereits Freitagnacht aus Gent an, wanderte sie sogar ein wenig durch das Siebengebirge und brachte einen Flieder-Strauß mit, berichtet Tour-Projektleiter David Garcia. Die Nacht zu Samstag verbrachte sie im Hotel auf dem Petersberg. Garcia: „Joan liebt Wasser. Hätten wir noch ein bisschen mehr Zeit gehabt, wäre sie vermutlich sogar im Grafenwerther Freibad schwimmen gewesen.“

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