Bonner LandgerichtÜberraschende Wende im „Sugar-Daddy“-Prozess

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Landgericht Bonn DPA 070119

Symbolbild

Bonn – Überraschende Wende im sogenannten „Sugar-Daddy-Prozess“: Am elften Prozesstag hat die 3. Große Strafkammer die Haftbefehle gegen die beiden Angeklagten aufgehoben, die sich gemeinsam mit einer 31-jährigen Prostituierten wegen schwerer räuberischer Erpressung verantworten müssen. Es fehle der dringende Tatverdacht, hieß es am Dienstag in der Begründung der Kammervorsitzenden Isabel Köhne, „aus diesem Grund wäre es unverhältnismäßig, die Haftbefehle aufrechtzuerhalten.“

Zwei Verhandlungstage hatten die Richter einen 50-jährigen Unternehmer aus dem Sauerland unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehört, der von den drei Angeklagten wegen einer vermeintlichen Entführung seiner Geliebten erpresst worden sein soll. Der Zeuge, der unter einem Mantel von Personenschützern in den Gerichtssaal gebracht worden war, habe die beiden Angeklagten aus der Rotlichtszene nicht belastet.

Der 50-jährige „Sugar-Daddy“ soll als Zeuge erklärt haben, dass er die von ihm erpressten Gelder immer seiner Gespielin überreicht habe; auch von ihrer vermeintlichen Entführung und den Drohungen habe er nur über die 31-Jährige selbst oder durch Nachrichten auf ihrem Handy erfahren. Die beiden Angeklagten habe er nie zu Gesicht bekommen. Auch andere Zeugen konnten bislang die Vorwürfe gegen die beiden Männer aus der Zuhälter-Szene nicht erhärten.

Zuhälter bleiben wegen anderer Vorwürfe in Haft

Die 31-jährige Kronzeugin hatte nach ihrer Festnahme ein umfassendes Geständnis abgelegt und die Mitangeklagten schwer belastet: Die beiden Männer, wovon der jüngere erst ihr Liebhaber, später ihr Zuhälter gewesen war, hätten die Idee gehabt, ihrem „Sugar-Daddy“ ihre Entführung durch eine Rockergruppierung vorzugaukeln, um das Geld zu erpressen.

Der Mann sei ein „Jackpot“, soll der 26-Jährige jubiliert haben. Da sei noch richtig was rauszuholen. Laut Anklage waren es am Ende 1,6 Millionen Euro. Seitdem ist die 31-Jährige im Zeugenschutzprogramm und wird rund um die Uhr bewacht. Entsprechend hoch sind im Bonner Landgericht die Sicherheitsmaßnahmen. An jedem Prozesstag verwandelt sich das Justizgebäude – innen wie außen – in eine Festung, vor der Polizeibeamte regelmäßig patrouillieren.

Mit der Aufhebung der Haftbefehle ist eine Verurteilung der beiden Angeklagten, die im Prozess durchweg geschwiegen haben, wegen räuberischer Erpressung nicht mehr gewiss.

Dennoch kommen sie, mehrfach vorbestraft, nicht auf freien Fuß: Die Zuhälter sitzen in anderer Sache in Untersuchungshaft: Beide wegen des Vorwurfs von Zwangsprostitution minderjähriger Mädchen.

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