Innovations-Campus BonnZukunft der Gesellschaft wird erforscht

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Mit einem Glas Sekt feierten Mitglieder und Gäste den Beginn der Forschungen am Innovations-Campus Bonn.

Mit einem Glas Sekt feierten Mitglieder und Gäste den Beginn der Forschungen am Innovations-Campus Bonn.

Bonn – Da hat man sich definitiv einiges vorgenommen. Am Dienstagabend haben mehrere Hochschulen und Forschungseinrichtungen aus der Region der Öffentlichkeit den sogenannten Innovations-Campus Bonn (ICB) vorgestellt. Dort soll erforscht werden, wie die Gesellschaft nachhaltiger gestaltet werden kann. Dafür haben sich die Einrichtungen in der Bonner Allianz für Nachhaltigkeitsforschung zusammengetan.

„Solche Projekte hat man bis jetzt einfach nicht durchgeführt“, erklärte Professor Doktor Jakob Rhyner. Der Schweizer hat das Projekt 2017 auf der Bonner Klimakonferenz angestoßen. Mittlerweile ist er wissenschaftlicher Direktor. Nachhaltigkeit meine dabei nicht nur Umweltschutz, sondern eine zukunftsfähige Gesellschaft. Die drei Themengebiete, auf die man sich zu Beginn konzentrieren will, sind Digitalisierung, Migration und Bioökonomie. Mit Letzterem meinen die Forscher Fragen von Umweltschutz und Nahrungsversorgung. „Natürlich kann man das nicht sauber voneinander trennen. Vieles beeinflusst sich da gegenseitig“, ergänzt Professor Rhyner. Neu sei vor allem das Ausmaß der Kooperation. Es sei nicht ungewöhnlich, dass zwei Universitäten zusammenarbeiten. Am Bonner Campus seien aber sieben Einrichtungen beteiligt, darunter die Uni Bonn, die Hochschule Bonn Rhein-Sieg, das deutsche Institut für Entwicklungspolitik und die UN-Umweltbehörde. Auch dadurch soll ein interdisziplinärer Ansatz ermöglicht werden: „Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind einfach zu umfangreich für nur eine Fachrichtung oder Institution“, betonte Rhyner. „In Akademikerkreisen nennen wir Bonn auch die grüne Stadt. Es gibt hier so viel Forschung und Diskussion zum Umweltschutz“, sagte Doktor Mahsa Motagh. Die Iranerin arbeitet maßgeblich am ersten Projekt des Campus. Unter dem Namen „digitainable“ soll dort ab Juli untersucht werden, wie Digitalisierung die Gesellschaft nachhaltiger machen kann. Maßstab sind dabei 200 Indikatoren der UN, die in der Agenda 2030 formuliert worden. Dieses Dokument bildet die Grundlage für die meisten globalen Nachhaltigkeitsstrategien.

„Digitalisierung ist derzeit der Elefant im Raum. Das Thema brennt allen unter den Nägeln auch der Politik“, begründete Rhyner die Entscheidung. Motagh ist Soziologin, die den Einfluss des Klimawandels auf menschliche Gesellschaften erforscht. „Daraus leite ich auch meinen Ansatz für das neue Projekt ab. Ich will herausfinden, wie die anstehenden Änderungen in Umwelt und Technik implementiert werden können, ohne Menschen das Leben zu zerstören.“ Für genauere Informationen sei es aber noch zu früh: „Das Projekt ist sehr umfangreich und in einem frühen Stadium, aber wie wichtig es genommen wird stimmt mich optimistisch.“ Die Untersuchung werde sich nicht nur auf Deutschland beziehen, sondern Gesellschaften auf der ganzen Welt behandeln. Ein exakter Plan soll erst im Dialog mit Motaghs Kollegen entstehen, wenn die Arbeit beginnt. Eine Allgemeinlösung werde es am Ende ohnehin nicht geben: „Jedes Dorf und jede Stadt ist anders und muss auch so behandelt werden“, unterstrich Motagh. Man könne Leute auch für tiefgreifende Veränderungen gewinnen, wenn man sich Mühe gebe, sie im Prozess mitzunehmen: „Wenn man dabei Erfolg haben will, muss man mit den Menschen vor Ort in Dialog treten. Nur so kann man ihnen klar machen, dass die Veränderungen in ihrem eigenen Interesse sind.“

Förderung

Der Innovations-Campus Bonn (ICB ) hat bislang circa 1,85 Millionen Euro Fördergelder von staatlicher Seite erhalten. Allein 1,35 Millionen kommen vom Landeskultusministerium für die Bonner Allianz und den ICB. Das Projekt „digitainable“ wird mit 500 000 Euro vom Bundesfamilienministerium gefördert. Anette Storsberg, Staatssekretärin im Kultusministerium, begründete die umfassende Förderung: „Bonn entwickelt sich zu einem Zentrum für Nachhaltigkeitsforschung.Der ICB bündelt die vorhandene Expertise und macht sie transdisziplinär nutzbar.“ Anders als die meisten großen Forschungsprojekte habe der ICB bisher nicht auf Drittmittel aus der Wirtschaft zurückgegriffen. (soe)

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