Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Schulprotest in BornheimEltern und Schüler fordern „realistischen und bezahlbaren“ Neubau

Lesezeit 5 Minuten
Schüler und Eltern halten auf dem Schulhof Protestplakate hoch.

Schüler und Eltern demonstrierten auf dem Schulhof.

Protest in Bornheim: Schüler und Eltern prangern die Lernbedingungen in der Heinrich-Böll-Schule und der Martinus-Grundschule in Merten an und fordern den seit sieben Jahren geplanten Neubau.

Die Bilder gleichen sich: Vor wenigen Tagen erst protestieren Schüler und Eltern in Swisttal gegen das Aus ihrer neuen Schule in Heimerzheim, jetzt stand die Mertener Schulgemeinschaft mit Plakaten auf dem Schulhof. Auch sie wendeten sich gegen den vom Stadtrat Bornheim beschlossenen Verzicht auf die neue Heinrich-Böll-Gesamtschule. Auch hier hatte der Rat das Projekt aus Kostengründen gestoppt. In einem Punkt sind sich hier alle einig: Für die Zukunft der Heinrich-Böll-Gesamtschule (HBG) und der Martinus-Grundschule in Merten muss es „eine konstruktive, langfristige und finanziell tragbare Lösung geben“.

Die Bürger dürften nicht über Gebühr belastet werden, etwa mit einer sehr hohen Grundsteuer B. Soweit der Konsens. Dennoch ist ordentlich Druck auf dem Kessel: Organisiert von den Schulpflegschaften beider Schulen trafen sich am Dienstnachmittag aktuelle und künftige Schüler mit ihren Eltern zu einer Demonstration gegen den Neubau-Stopp. Bürgermeister Christoph Becker und Vertreter der Ratsfraktionen waren auf Einladung der Organisatoren dabei.

„Wir stehen heute hier, weil uns etwas ganz Konkretes am Herzen liegt: unsere Kinder und ihre Zukunft. Wir fordern keinen Luxus und keine Geldverschwendung. Wir sind hier, weil unsere Schule Raum braucht. Platz zum Lernen, Platz für Entwicklung, Platz für Bewegung!“ Mit diesen eindringlichen Worten begrüßte die Schulpflegschaftsvorsitzende Zeina Abou Sleiman die mehr als 100 Teilnehmer auf dem Pausenhof des Mertener Schulcampus. „Zukunft sichtbar machen“, „Versprechen müssen gehalten werden“, „Moderne Bildung braucht moderne Räume“ oder „HBG = Aushängeschild. Lasst es glänzen“ war auf den Protesttafeln zu lesen.

„Wir wollen keinen Palast“

Schüler und Lehrer möchten sich nicht noch weitere sieben Jahre vertrösten lassen und „in stinkenden, im Sommer überhitzen und im Winter zu kalten Übergangscontainern“ zum Unterricht versammeln. So schilderte es Schülervertreter Marc Lehmann. „Unsere Forderung ist klar: Wir wollen einen realistischen, funktionalen und bezahlbaren Neubau und keinen Palast “, machte Zeina Abou Sleiman deutlich. „Ein Neubau ist keine bloße Investition in Beton und Glas, sondern eine Investition in unsere Kinder, in Bildungsgerechtigkeit und in die Zukunft unserer Stadt.“ Christoph Becker war gekommen, um zuzuhören und zu erklären, wieso es zu der „schmerzhaften Ratsentscheidung“ gekommen war.

Becker, der mehr als 30 Jahre selbst Lehrer und später Leiter der Europaschule in Bornheim tätig war, betonte, dass er in dieser Funktion an diesem Tag auch mit demonstriert hätte, weil er die Enttäuschung der Betroffenen verstehe. Becker betonte aber auch, dass Kinder, Jugendliche und Bildung in Bornheim immer schon einen hohen Stellenwert gehabt hätten. Daran habe sich nichts geändert. Geändert hätten sich jedoch die Rahmenbedingungen für den Schulneubau, vor allem die Kosten. Die ersten Zahlen lagen laut Becker bei 34 Millionen Euro. Dann sei es „relativ schnell“ um 70 Millionen Euro gegangen, schließlich standen 2024 prognostizierte Kosten von 140 Millionen Euro im Raum: „Das kann sich unsere Stadt in der aktuellen Situation nicht leisten, denn man muss auch wissen, wo dieses Geld herkommt, nämlich von Ihnen, aus Steuermitteln. Wir hätten in der Stadt eine große Unzufriedenheit, wenn wir diesen Auftrag für diese Summe vergeben hätten.“

Tragfähige Lösung gesucht

Trotzdem hätten die Demonstrierenden Recht mit dem, was sie sagen, so  Becker: „Es darf keine ersatzlose Streichung geben, daher arbeiten wir mit Hochdruck an einer Lösung, die zu uns passt, die wir finanzieren und uns leisten können und die wir den Bürgern zumuten können.“ Becker: „Priorität ist, tragfähige Lösungen zu finden“ Becker verteidigte auch mögliche Kosten wegen vermeintlich überhöhter Standards, etwa im Bereich Energieeinsparung und Klimaschutz. Würde man diese Standards zurückstellen, spare man nicht etwa 70 Millionen Euro, sondern maximal fünf bis zehn Prozent der Baukosten: „Wir als Kommune müssen nachhaltig bauen, wir wollen die Wärmewende schaffen, denn der Klimawandel, der ebenfalls die Zukunft unserer Kinder betrifft, ist eine Jahrhundertaufgabe.“

Ende April sei ein interfraktionelles Gespräch mit der Verwaltung geplant, um die vom Rat beschlossenen Prüfaufträge zu erörtern (siehe „Hintergrund“). Die Ergebnisse würden dann im Schulausschuss öffentlich weiter beraten: „Unsere erste Priorität ist es, tragfähige Lösungen zu finden statt Hoffnungen zu schüren, und am Ende sind wieder alle enttäuscht. Das braucht Zeit.“ Er forderte die Politiker auf, das Thema aus dem anstehenden Kommunalwahlkampf herauszuhalten, um am Ende eine Entscheidung zu treffen, die allen fast 50.000 Bürgern in Bornheim vermittelt werden müsse. Dafür bedürfe es einer möglichst breiten Mehrheit.

Schülervertreter Marc Lehmann und Julian Schwendt auf dem Podium.

Die Schülervertreter Marc Lehmann (l.) und Julian Schwendt machten die Position der jungen Leute deutlich. Foto: Frank Engel-Strebel

Julian Schwendt und Marc Lehmann von der Schülervertretung der Gesamtschule machten es ganz deutlich: „Wir können und wir wollen nicht mehr unter diesen Bedingungen lernen. Es muss eine Veränderung geben, einen Neubau“, betonte Marc Lehmann. Anfangs sei es nur der kleine Container auf dem oberen Schulhof gewesen, in den die Schüler wegen mangelnder Raumkapazitäten ausweichen mussten. Dann seien es immer mehr Container geworden, etwa dort, wo einst der Schulgarten war. „In diesen Containern ist es kaum auszuhalten. Schüler sollen sich wohlfühlen und Spaß haben an ihrer Schule.“ Lehmann kritisierte auch die marode Bausubstanz: „Es geht nicht mehr darum, sich auf den Unterricht zu konzentrieren, sondern vielmehr um die Frage, wann einem die Decke auf den Kopf fällt.“

Unterstützung gab es auch von HBG-Schulleiter Klaus Hannak, der sich ebenso hinter die Forderungen der Demonstranten stellte wie die Direktorin der Martinus-Grundschule, Christine Herm: „Als ich von der Entscheidung hörte, den Neubau zu stoppen, war ich erschrocken.“ Herm fand auch versöhnliche Worte: „Gleichzeitig wünsche ich uns allen, dass wir uns gegenseitig Rückenwind geben und wir alle zu einer guten Lösung finden.“