Bornheim-Kardorf – „Ein Mann aus dem Volk an der Spitze der Stadt“ – so titelte die Bonner Rundschau in ihrer Ausgabe am 3. August 1998 anlässlich der Amtseinführung Wilfried Henselers zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister der Stadt Bornheim. Das Zitat wird dem damaligen Oberkreisdirektor und späteren Landrat Frithjof Kühn (CDU) zugesprochen. Kühn bescheinigte dem damals 62-Jährigen, „stets ein Ziel im Visier“ zu haben, dabei auch „machtbewusst, aber im guten Sinne und sehr menschlich“ zu sein. Heute wird der „Kardorfer Jung“ Wilfried Henseler 85 Jahre alt.

Viele Weichen für Bornheim gestellt

Rückblickend hat er in seiner Zeit als einst mächtigster Mann Bornheims (bis 2004) in der Tat viele Weichen gestellt, worauf er nicht ohne Stolz zurückblickt. Mit Vehemenz setzte sich der CDU-Politiker dafür ein, dass die Stadt endlich einen Anschluss an die Autobahn 555 bekam. Am 23. Oktober 2003 war es dann schließlich soweit. Erste Überlegungen gab es bereits 1983, Kritik kam aus den Nachbarkommunen Wesseling und Bonn, die Konkurrenz fürchteten. Wohl nicht ohne Grund, denn mit der neuen Abfahrt „Bornheim (Rheinland)“ und der Ansiedlung des Möbelhauses Porta und des Baumarktes Bauhaus nahm die Erfolgsgeschichte des Gewerbegebietes Bornheim-Süd zwischen Hersel und Roisdorf ihren Anfang.

Auch die Entwicklung der Gewerbeparks in Kardorf und Sechtem fiel in Henselers Amtszeit, ebenso der Bau des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums und der Gesamtschule, die später zur Europaschule wurde. Letztere habe der Alt-Bürgermeister gegen den Willen seiner Partei durchgesetzt: „Es gab damals eine Bürgerinitiative, die eine Gesamtschule wollte, und ich ließ mich von diesem Schulsystem überzeugen. Damit waren wir seinerzeit die einzige Kommune im Rhein-Sieg-Kreis mit einer Gesamtschule. Das brachte mir damals Prügel ein, weil diese Schulform nicht dem klassischen System entsprach, sehr zur Freude der Opposition.“

Viele Jahre Ortsvorsteher von Kardorf

Doch nicht nur die Entwicklung der Gesamtstadt, sondern auch die seines Heimatortes Kardorf lag dem 85-Jährigen stets am Herzen. So baute er Mitte der 1960er Jahren den Ortsausschuss mit auf, dessen Vorsitzender er auch bis 1998 war. Henseler war viele Jahre Ortsvorsteher. Seit nunmehr 71 Jahren unterstützt er mit seiner Tenorstimme aktiv den Männergesangverein „Liederkranz“. Seine Eltern waren Inhaber der einstigen Traditionsgaststätte „Zum Sängerheim“.

Zur Person

Wilfried Henseler wurde am 26. Juli 1936 in Bonn geboren, ist aber Ur-Kardorfer. In Bonn absolvierte er eine Ausbildung zum Bilanzbuchhalter und übernahm später einen Fachverlag für technisch-wissenschaftliche Literatur, den er verkaufte, als der 1998 hauptamtlicher Bürgermeister in Bornheim wurde.

1969 zog er für die CDU in den Rat der im Zuge der kommunalen Neuordnung neu gegründeten Gemeinde Bornheim (ab 1981 Stadt Bornheim) ein. Von 1970 bis 1998 war der Kardorfer Ortsvorsteher. Henseler war auch lange Fraktionsvorsitzender und Kreistagsabgeordneter. Unter Bürgermeister Heinz Dahlmann (1970 bis 1988) war Wilfried Henseler stellvertretender Bürgermeister, von 1989 bis 1998 ehrenamtlicher Bürgermeister. Mit der Abschaffung der Doppelspitze übte er dieses Amt bis 2004 hauptamtlich aus. Er ist seit 61 Jahren mit Else Henseler, geborene Pütz, verheiratet. Die beiden haben zwei Söhne Rolf (60) und Dirk (47) sowie zwei Enkel Marcel (29) und Dominic (10). (fes)

Henselers Engagement wurde vielfach gewürdigt. Er trägt den Titel Ehrenbürgermeister, wurde zum 80. Geburtstag zum Kardorfer Ehrenbürger ernannt, ist Ehrenvorsitzender des Ortsausschusses sowie Träger des Verdienstkreuzes am Bande der Bundesrepublik Deutschland. Eng verbunden ist er auch dem Brauchtum: So war der Jubilar mehr als 30 Jahre Sitzungspräsident des Bornheimer Tollitätentreffs und stand dabei selbst in der Bütt, oft in seiner Paraderolle als Soldat: „Der Bornheimer Tollitätentreff entwickelte sich zum Höhepunkt der Session, insofern haben wir am Ende alles richtig gemacht“, zog Henseler anlässlich des 50-jährigen Jubiläums von Bornheims größter Karnevalssitzung im Jahr 2017 Bilanz.

Henseler geht mit der Zeit. Kürzlich habe er mit 84 Jahren zum ersten Mal an einer virtuellen Mitgliederversammlung des Ortsausschusses teilgenommen, schwärmt der Senior: „Ich fand das schon toll von meinem Monitor zu Hause aus. Eine derart disziplinierte Sitzung habe ich noch nie erlebt.“ In Corona-Zeiten sei dies eine gute Lösung und Alternative, der persönliche Kontakt fehle ihm dann aber doch. Henseler begrüßt es auch, dass sich viele Kardorfer Neubürger im Ortsausschuss engagieren: „Dafür werbe ich auch, aber gleichzeitig geht natürlich auch ein Stück der alten dörflichen Tradition verloren.“

Ein Lebensmotto hat der Jubilar auch: „Ich bin ein optimistischer Mensch mit viel Frohsinn.“ Daher blickt er voller Zuversicht in die Zukunft, wenn es Anfang August mit seiner Frau Else, mit der er im vergangenen Jahr Diamanthochzeit feierte, auf eine Flusskreuzfahrt von Köln nach Basel geht. Sein Geburtstagswunsch: „Ich hoffe, dass wir beide noch lange einigermaßen gesund und selbstständig zu Hause zusammenleben dürfen.“