Etablissement in Bornheim-HerselWorüber im Rathaus lieber geschwiegen wird

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Ein Zimmer des FKK Saunaclubs und Bordells Artemis; am Rande einer Pressekonferenz des Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen. Foto: Fabian Sommer/dpa

Symbolbild: Ein Zimmer eines FKK Saunaclubs und Bordells.

Wegen der sich rasant leerenden Stadtkasse entscheiden die Ratsmitglieder in diesem Monat unter anderem über eine Erhöhung der Kommunalsteuern. Dabei auch über die Frage: Bekommt Bornheim nun eine seit Jahren zurückgestellte Sex-Steuer?

Wenn am Donnerstag in der ganztägigen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) über den Doppeletat für die Jahre 2023/2024 beraten wird, stehen auch die Erhöhung der Grundsteuer B (von derzeit 615 auf 825 Punkte) und der Gewerbesteuer von 490 auf 525 Punkte zur Diskussion.

Heftige Kritik gegen die massiven Steuererhöhungen kam zuletzt von den Vorsitzenden der beiden Gewerbevereine Bornheim, Jörg Gütelhöfer, Roisdorf, und Harald Stadler. Der hatte jetzt noch einen neuen Vorschlag: eine Bordellsteuer. Stadler, ehemaliger Ratsherr der SPD, hatte diese Idee mit Blick auf ein Etablissement in Hersel schon einmal eingebracht. Mit dieser Steuer können Sexarbeiterinnen oder Betriebe, die entsprechende Dienstleistungen anbieten, von einer Kommune zur Kasse gebeten werden.

In der Verwaltungsvorlage zur Haushaltssitzung wird die Anregung noch als „unbegründet“ zurückgewiesen, es könnte aber doch noch Bewegung in die Sache kommen, wie Stadtsprecher Rainer Schumann auf Anfrage erklärte. Ein erster Prüfantrag aus dem Jahr 2015, seinerzeit von Stadler namens der SPD im Rat eingereicht, ergab, dass weder durch Nachfragen bei der örtlichen Polizei noch beim Kreisgesundheitsamt entsprechende Betriebe ermittelt werden konnten.

Die Verwaltung hatte im Zuge der Beratungen aber zugesagt, bei einer Änderung der Sachlage die Angelegenheit erneut zu prüfen: „Insofern wäre es sachgerecht, die Anregung des Petenten im Zuge des bestehenden Konsolidierungsprozesses aufzugreifen und einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Dies gilt gleichermaßen für alle Anregungen, die im Hinblick auf die Konsolidierung des Haushaltes vorgetragen werden. Die Prüfungsergebnisse werden den zuständigen Gremien zur Beratung vorgelegt“, so Schumann jetzt auf Anfrage.

Kreis bestätigte Existenz des Betriebs

Während der Haushaltskonsolidierung vor acht Jahren wurde bereits nach zusätzlichen Einnahmequellen gesucht. Der Rat beschloss damals, die Vergnügungssteuer und damit die Besteuerung der Einspielergebnisse von Spielautomaten um 40 Prozent zu erhöhen. Kritik der Automatenbetreiber blieb nicht aus. Der damalige Bürgermeister Wolfgang Henseler (SPD), die FDP, die UWG, die ABB und Stadler als einziges SPD-Ratsmitglied votierten dagegen, doch die Mehrheit der Ratsmitglieder stimmte dafür.

Die Antworten der Stadt aufgrund seines Prüfantrages von 2015, dass es in Bornheim keine Bordellbetriebe gab, seien „mutmaßlich eine Falschinformation des Rates“ gewesen, so Stadler. Einige der damaligen Ratsmitglieder und auch Verwaltungsangestellte hätten seit Jahren von dem Bornheimer Bordellbetrieb gewusst. Vermutlich habe die Verwaltung ein solches Gewerbe in ihrer Stadt „nicht zur Kenntnis nehmen wollen“, meint Stadler.

Fakt ist, dass es mehrere Frauen gibt, die Sexdienstleistungen in der Simon-Arzt-Straße anbieten und die dafür auf einschlägigen Portalen im Internet werben. Entsprechende Leuchtbuchstaben mit dem Schriftzug „Open“ in einem Fenster des Hauses zeigen, ob der Betrieb geöffnet ist. Zudem liegt der Rundschau ein von Harald Stadler vorgelegtes Schreiben von Landrat Sebastian Schuster vom November vor, aus dem hervorgeht, dass von Seiten des Kreises dem Bordell in Bornheim-Hersel am 5. Januar 2018 die Erlaubnis zum Betrieb nach Prostitutionsschutzgesetz erteilt worden sei.

Nun könne der Bürgermeister die „offizielle Existenz des Bordellbetriebes nicht mehr leugnen“, so Stadler und verweist auf die Nachbarkommune Alfter, die im August 2017 eine solche Abgabe für entsprechende Etablissements eingeführt hat als Ergänzung zur Alfterer Vergnügungssatzung, nachdem im Oedekovener Alma-Gewerbepark ein Saunaclub eröffnet hat. Stadlers Vorwurf: „Bornheim verzichtet seit Jahren auf diese Steuereinnahme und subventioniert somit indirekt dieses Etablissement.“

Wie eine Umfrage der Heinrich Böll-Stiftung vom vergangenen Jahr ergab, erheben mittlerweile in NRW mehr als 40 Kommunen eine „Sexsteuer“ (offiziell: Prostitutionssteuer) als eine Form der Vergnügungssteuer. Die Gemeinde Alfter nahm in den vergangenen Jahren zwischen 50 000 und 70 000 Euro an Vergnügungssteuer pro Jahr ein, wie hoch die Einnahmen aus der „Sexsteuer“ sind, ist aus den Haushaltsunterlagen nicht zu entnehmen.

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