Der Film "Barbieland" schlägt an den Kinokassen alle Rekorde. Wir haben uns auf die Suche nach Fans in der Region gemacht und eine ganz besondere Geschichte gefunden
"Flutbarbie"Die Geschichte einer besonderen Puppe in Bornheim

Mode und Barbies faszinierten Karl-Heinz Nauroth schon immer. Für einen Bericht der Bonner Rundschau holte er nach 15 Jahren seinen Puppen wieder hervor.
Copyright: Frank Engel-Strebel
„Barbieland“ ist ein Paradies in Pink. Jeden Abend feiern die Barbies ihre „Girls‘ Night“, relaxen am Strand, schlürfen Cocktails. Ihre Welt scheint bunt, perfekt und sorgenfrei und die Kens sind eher naive männliche Statisten als richtige Kerle. Bis der „stereotypischen Barbie“ mit den klassischen Traummaßen und den langen blonden Haaren Selbstzweifel kommen und sie, begleitet von „ihrem“ Ken („Beach-Ken“), im pinken Sportwagen in die wahre Welt nach Los Angeles aufbricht, um das reale Leben kennenzulernen. So beginnt Greta Gerwigs flotter Blockbuster „Barbie“ mit Margot Robbie und Ryan Gosling in den Hauptrollen, der seit dem vergangenen Wochenende in den Kinos angelaufen ist.
In der realen Welt zu Hause ist Karl-Heinz Nauroth, Ortsvorsteher von Roisdorf und beim Besucherservice im LVR-Freilichtmuseum in Kommern tätig. Eine Welt in Pink ist das nicht, den Film hat er auch noch nicht gesehen, will das aber bald nachholen. Dafür hat er aber seine ganz persönliche Barbie-Geschichte, die er den Lesern dieser Zeitung erzählen möchte und holt ein paar Schuhkartons hervor. Die fristeten vor kurzem noch im Keller seines Elternhauses in Weilerswist ihr unscheinbares Dasein. Liebevoll öffnet er eine der Pappschachteln wie eine kleine Schatzkiste und holt eine von mehreren Barbie-Puppen hervor. Eine, die eine ganz besondere Geschichte hat. „Ich finde, sie ist es wert, erzählt zu werden“, sagt der 63-Jährige

Während eines Rheinhochwassers in Bonn rettete Karl-Heinz Nauroth eine Barbiepuppe, die heute ein modernes Designerkleid trägt (rechts im Bild).
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Die Geschichte beginnt irgendwann in den 1990er Jahren in Bonn. Damals arbeitete Karl-Heinz Nauroth im Spielzeugladen „Puppenkönig“ in der Modellbahnabteilung. „Ich war tatsächlich Modellbahnfachberater mit einer staatlich anerkannten IHK-Prüfung“, berichtet er augenzwinkernd.
Öfter kam es in den Neunzigern zu Rheinhochwassern. In einer seiner Mittagspausen wollte er sich das Hochwasser genauer ansehen. Der Rhein hatte damals die Straßen bis kurz vor der Konrad-Adenauer-Allee überflutet. „Natürlich gab es viel Treibgut, was mitschwamm, da entdeckte ich diese Barbiepuppe und rettete sie aus den Fluten.“
Er nahm sie mit nach Hause, wo sie erst einmal achtlos in irgendeiner Ecke verschwand.
„Irgendwann muss meine Mutter sie entdeckt haben, sie hat sie dann vom Dreck gesäubert und auch ihr Kleid, was sie anhatte, gewaschen.“
Für Nauroths Mutter, Ida Nauroth-Hauslage, die im vergangenen Jahr verstorben ist, war eine Puppe immer etwas ganz Besonderes: „Sie war Jahrgang 1938, ist im Krieg aufgewachsen und hatte all die Jahre immer nur eine Puppe, mit der sie gespielt hatte. Sie konnte es nicht mit ansehen, wenn eine Puppe einfach so herumlag. Meine Mutter hatte dieser Barbie ein zweites Leben geschenkt.“
Die Plastikfigur muss schon einiges mitgemacht haben. Ihre Frisur beschreibt Nauroth als „punkig“, das Kleid, was sie am Leib trug und mittlerweile nicht existiert, vermutlich ein Hochzeitskleid, war nur noch ein Stofffetzen. „Sie war natürlich von Kindern bespielt worden, ihre Haare sind teilweise abgeschnitten.“ Karl-Heinz-Nauroth besorgte der „Flutbarbie“ eine neue Garderobe, die sie bis heute trägt: Ein grünfarbenes Kostüm des Designers Óscar de la Renta (1932 - 2014). Der amerikanische Modekünstler hatte in den neunziger Jahren für die Firma Mattel eine Kollektion für einige Barbie-Figuren kreiert. Heute sind die Kostüme und die dazugehörigen Puppen begehrte Sammlerobjekte.
Apropos Sammeln. Mehrere Barbies nennt Nauroth sein eigen, die er vor allem günstig auf Flohmärkten eingekauft hat. Doch ein leidenschaftlicher Sammler ist der Roisdorfer nicht. Die letzten Puppen hat er vielleicht vor 15 Jahren erstanden. Auch das waren besondere Exemplare. Mehrere Fluggesellschaften hatten immer mal wieder limitierte Sondereditionen herausgebracht, Barbies mit authentischem Stewardess-Look.

Beim Sommerkino in Rheinbach tritt Nauroth als Eisverkäuferin Charlene de Verre auf.
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Nauroth zeigt eine Figur im roten Kostüm gekleidet mit den passenden Strumpfhosen wie sie auch die echten Flugbeleiterinnen der Austrian Airlines tragen oder die schicke „Mini-Stewardess“ der SAS Scandinavian Airlines. Alle noch originalverpackt und wohl ziemlich wertvoll. „Das sind Sammlerobjekte, die waren nicht gedacht, damit Pänz damit spielen.“
Nauroth besitzt nicht nur Original—Barbies. Nachdem 1959 Mattel die erste Figur auf dem Markt gebracht hatte, kamen schon bald andere Spielzeugfirmen mit ähnlichen, vor allem billigeren und weniger hochwertigen Modellen. Aber alle in der klassischen Barbie-Größe von 30 Zentimetern. Wer auf dem Flohmarkt unterwegs ist und wissen möchte, ob es sich um eine Original-Barbie handelt, für den hat Nauroth einen Tipp: „Man muss den Damen eine Handbreit übers Gesäß gucken, da steht, wer sie produziert hat.“
Doch warum hat er als Mann überhaupt Barbies, ist das nicht eher ungewöhnlich? „Ich habe mich immer schon für Mode interessiert, dann kommt man an Barbie nicht vorbei.“
Frauenkleider faszinieren Nauroth übrigens auch auf andere Weise. Regelmäßig gibt er auf der Bühne die von ihm geschaffene Kunstfigur, die Travestiekünstlerin Charlène de Verre. Als Diva interpretiert er dann live als Charlène französische Chansons oder Klassiker von Hildegard Knef. Nach einigen persönlichen Schicksalsschlägen entdeckte er vor mehr als zehn Jahren den Gesang für sich, zunächst aus therapeutischen Gründen. Dann entwickelte er sein Alter Ego Charlène und wechselt so regelmäßig von der realen Welt in eine Welt voll Glamour und Show.