Hausverbot in Bornheimer HeimTochter hatte Kamera installiert – Prozess in Bonn

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Blick auf das Bonner Landgericht an der Oxfordstraße

In Bonn wurde über ein Hausverbot für die Tochter einer Heimbewohnerin in Bornheim verhandelt

Ein Bornheimer Seniorenheim hat einer 55-Jährigen Hausverbot erteilt, nachdem sie eine Kamera auf dem Nachttisch der 83-Jährigen installiert hatte. Aus Sorge um ihre blinde und bettlägerige Mutter, der es an diesem Tag schlecht ergangen war, wie die Tochter jetzt in einem Verfahren vor dem Amtsgericht Bonn erzählte.

Es sei eine spontane Idee gewesen, das Gerät aufzustellen: „So eine Art Babyphone“, damit sie auch über Nacht ihre zunehmend demente Mutter im Blick haben könne. Aber diese spontane Idee kam bei der Heimleitung äußerst übel an, als sie den „Spion“ entdeckte: Eine Woche später, am 4. November, wurde der 55-Jährigen das Besuchsverbot ausgesprochen. Mit einer Einstweiligen Verfügung, das Hausverbot wieder aufzuheben, ist die Tochter jetzt vor Gericht gezogen. Dass sie mit dem Aufstellen der Kamera entschieden zu weit gegangen sei, wie Richterin Tanja Moll deutlich formulierte, war der Klägerin längst klar gewesen.

„Misstrauen und Besserwisserei“

Allerdings beteuerte sie, dass sie damit keineswegs das Pflegepersonal überwachen wollte, sondern schlichtweg in der Sorge gewesen sei, dass sich keiner um die hilflose Seniorin kümmere. So sei es an diesem Tag gewesen, als die Dinge eskalierten. Ihre Mutter hätte durch eine Verstopfung extreme Schmerzen gehabt, ein Pfleger habe noch ein Zäpfchen vorbei gebracht, aber dann sei sie mit der 83-Jährigen „mutterseelenallein“ gewesen. Da habe sie persönlich ihrer Mutter geholfen, das Darmproblem zu lösen. „Aus menschlicher Sicht“, so Richterin Moll, „kann ich Ihre Sorge verstehen, aber es gibt Grenzen, was man darf.“

Einrichtung für schwere Geschütze auf

Das Seniorenzentrum hat auf diesen rechtswidrigen Übergriff mit „ziemlich großen Kanonen“ geschossen, wie es der Klägeranwalt Hansjörg Tamoj formulierte. Denn neben dem Hausverbot wurde zudem eine Betreuung für die Bewohnerin beantragt, auch wurde ihr fristlos gekündigt und die Zwangsräumung angedroht – und schließlich wurde die Tochter noch wegen Körperverletzung strafrechtlich angezeigt, weil sie sich unbefugt medizinisch eingemischt hatte. Man habe so hart reagiert, „um die Mitarbeiter zu schützen“, begründete die Rechtsberaterin des Hauses den Vorgang. Nicht zuletzt auch sei das Vertrauen durch das Verhalten der Klägerin ordentlich zerstört gewesen, assistierte eine Stationspflegerin. „Durch das andauernde Misstrauen, Besserwisserei und Einmischungen der Angehörigen fühlen wir uns in unserer Arbeit nicht respektiert.“

Am Ende gab es einen Vergleich

Richterin Moll forderte die Parteien dennoch dringend auf, sich zu einigen. Auch, weil es „nicht so einfach“ sei, einer Tochter den Zutritt zu verweigern. Als Familienangehörige habe sie, so Artikel 6 des Grundgesetzes, sogar „einen Anspruch darauf“, falls nicht ganz gravierende Dinge dagegen sprächen. Oder die Bewohnerin selbst keinen Kontakt wolle. Aber das liege in diesem Fall nicht vor. Nach heftigen Disputen ruderten beide Parteien zurück – im Namen und zum besten der alten Bewohnerin, die seit 18 Tagen ohne Kontakt ist. „Einen alten Baum noch einmal umzusetzen, ist ja ziemlich schrecklich“, zeigte sich auch die Pflegerin versöhnlich. In einem Vergleich wurde schließlich das Hausverbot aufgehoben, ein konstruktives Gespräch mit der Heimleitung vereinbart. Und die Klägerin versprach, niemals mehr eine Kamera im Zimmer ihrer Mutter aufzustellen. (Aktenzeichen: Amtsgericht Bonn 101 C 134/22) Ulrike Schödel

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