„Spitzkohl ist hin“Wie die Flut die Landwirte der Bornheimer Region getroffen hat

Zwei Wochen nach der Flutkatastrophe sind die Felder noch immer nicht trocken.
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Bornheim – Auch in der Landwirtschaft hat die Flutkatastrophe Spuren hinterlassen. Immer noch liegen viele Getreidefelder flach, auf etlichen Anbauflächen stehen gewaltige Pfützen. „Noch lässt sich aber in keiner Weise abschätzen, wie hoch die Schäden sind“, sagt Landwirt Stefan Grüsgen aus Walberberg. Er gehe bisher in seinem Betrieb von einem fünfstelligen Betrag aus. „Aber das ist wirklich nichts im Vergleich zu den von der Flut verursachten Gebäude- und Hausratschäden vieler Menschen“, sagt er.
Als Freiwilliger Feuerwehrmann der Löschgruppe Walberberg weiß er, wie hart es alleine in Walberberg etliche Bürger getroffen hat. Er hat in den vergangenen zwei Wochen viel mitgeholfen, beispielsweise im ehemaligen Kloster der Dominikaner. Sein Sohn hat mit dem Traktor beim Hochwassereinsatz auf der Straße „Schwadorfer Kreuz“ beim Aufräumen geholfen. „Und ein Mitarbeiter war mit unserem Traktor samt Frontlader in Heimerzheim im Einsatz“, berichtet der Landwirt.
Die Felder sind noch immer nicht trocken
Grüsgen baut auf 120 Hektar Gemüse an. Fast zwei Wochen nach dem Hochwasser stehen immer noch Pfützen auf einigen seiner Anbauflächen. „Der Spitzkohl in Walberberg ist hin“, bedauert Grüsgen. Auch den Blumenkohl und den Rhabarber, die er nahe des Siebenbachs in Merten anbaut, hat es „übel erwischt“, wie er feststellte. „Im Norden ist der Schwadorfer Bach über die Ufer getreten, im Süden hatte sich der Siebenbach ein ganz neues Flussbett über meine Felder gesucht. Das Wasser hat hier teils kniehoch gestanden“, beschreibt der Landwirt das Szenario. Die Strömung sei reißend gewesen. Vergeblich habe er versucht, das Wasser von den Feldern zu pumpen. Grüsgen: „Ich hoffe nicht, dass solche Wetterereignisse jetzt öfter passieren.“

So hoch stand das Wasser, zeigt Landwirt Stefan Grüsgen.
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Gleichwohl gebe es nach den drei Jahren der totalen Trockenheit stellenweise trotz des ausgiebigen Regens und dem nassen Frühjahr immer noch ein Niederschlagsdefizit. „Das Problem ist, dass die obere Schicht der Erde teilweise bereits wieder trocken ist“, erklärt Berufskollege Mathias Reingen aus Merten. Um jederzeit frische Ware zu haben, pflanze er seine Kulturen wöchentlich neu.
„Das Wasser staut sich in 30 Zentimetern Tiefe“, so Reingen. Um jedoch die kleinen Pflanzen mit den noch kurzen Wurzeln ausreichend zu versorgen, müsse auch er mit Beregnung nachhelfen. Auch der Gemüse- und Kräutergärtner Reingen hat durch die Flut viele Kulturen verloren, Teile des Kopfsalates zum Beispiel und des Rucolas.
Boden ist teilweise hart wie Beton
Der Breitbach und der Siebenbach haben seine Felder, wie er sagt, „regelrecht geflutet“. Reingen berichtet, dass der Boden nun teilweise verschlammt und hart wie Beton sei, so dass die Wurzeln der Kulturen keine Luft mehr bekommen könnten. Ein großes Problem seien für ihn Pilzkrankheiten, die diese Kulturen befallen könnten.
Schäden in der Landwirtschaft
100 Betriebe der Landwirtschaft sind vom Hochwasser so betroffen, dass nicht nur Felder, sondern auch Höfe und Scheunen beschädigt wurden. Das teilte die Landwirtschaftskammer NRW mit. Laut Pressesprecher Bernhard Rüb „kommen jeden Tag noch Meldungen rein, so dass es am Ende wohl deutlich mehr als 100 sein werden.“
Mit Satellitenbildern hat die Kammer ermittelt, dass insgesamt 15 000 Hektar Land der Bauern in NRW unter Wasser standen. „Das teilt sich auf in 10 000 Hektar Ackerland und 5000 Grünland. Wir gehen davon aus, dass die Ernte dort nicht mehr verwertbar ist“, erklärt Rüb. „Die Schäden liegen bereits deutlich im zweistelligen Millionenbereich“, führt er fort. Genaue Zahlen könnten aber erst in einigen Wochen genannt werden. (rom)
Im Vorgebirge ist so gut wie jeder Landwirt in irgendeiner Weise von der Flut betroffen, aber nicht nur dort, wie der Präsident des Rheinischen Landwirtschaftsverband (RLV), Bernhard Conzen, erklärt. Laut ihm spiegelt sich die Situation im ganzen Rheinland wider. Noch sei deswegen in keiner Weise absehbar, mit welchen Verlusten im landwirtschaftlichen Bereich im Rheinland zu rechnen sei. Nach wie vor sei die Lage unübersichtlich, und Regionen seien unterschiedlich stark betroffen. Allerdings gebe es eine große Solidarität unter den Landwirten. Er erinnert an die vielen Landwirte, die mit ihren Geräten den von der Flut betroffenen Bürgern beim Räumen der Straßen und Häuser halfen oder Keller leer pumpten. Auch auf den Feldern von Gemüsegärtner Sebastian Pesch aus Brenig hat das Unwetter schlimm gewütet. Zwar blieben ihm Gebäudeschäden erspart, doch rund vier Hektar Blumenkohl, ein guter Hektar Feldsalat und zwei weitere Hektar Salate seien in den Fluten und dem Schlamm regelrecht ertrunken. „In tieferen Senken stand das Wasser teils bis zu einem halben Meter auf den Feldern“, berichtet er. Über drei Tage hinweg habe er mit zwei Pumpen versucht, das Wasser vom Acker zu pumpen.
Im schlimmsten Fall nicht mal als Tierfutter zu nutzen
Noch seien die Schäden auf seinen Weizenfeldern gar nicht absehbar. „Das Getreide liegt teils flach im Feld“, erklärt er. Sollte es nun weiter regnen, dann könnte es passieren, dass der Weizen austreibe. Dann bestehe die Gefahr, dass er nicht mehr als Brotweizen zu vermarkten sei. „Sollte es ganz schlimm kommen, dann ist sogar zu befürchten, dass er nicht einmal mehr als Tierfutter zu gebrauchen ist“, erklärt Pesch.
„Auch die Wintergerste muss jetzt ab“, gibt Johannes Brünker, Vorsitzender der Kreisbauern Bonn/Rhein-Sieg zu bedenken. Sie ist reif und muss unbedingt geerntet werden, sobald die Witterung das zulässt. Noch fühlt sich Brünker außerstande, auch nur ansatzweise eine mögliche Zahl der durch die Flut in der Landwirtschaft entstandenen Schäden zu nennen. „So gewaltig war es noch nie“, sagt er.
Insbesondere bei Feldern, die durch das Hochgespülte aus der Kanalisation oder etwa durch die mit Öl und Abwasser verschmutzte Swist überflutet worden seien, stünden auch noch Bodenproben an. Von einige Landwirten habe er auch erfahren, dass Hofläden und Verarbeitungshallen vom Hochwasser überschwemmt wurden.
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Zu den durch die Flut entstandenen Schäden im Obst- und Gemüsebau wagt auch Peter Muß, stellvertretender Geschäftsführer des Provinzialverbands, keine Prognosen: „Dort, wo das Wasser länger steht, sterben die Kulturen ab.“ Und noch wisse ja niemand, welche Ergebnisse die Untersuchungen auf den vom Hochwasser überspülten Feldern ergeben. „Was da vom Wasser zum Teil mitgeschwemmt wurde, kann im Moment niemand sicher sagen“, so Muß.
Dabei meint er besonders die Anbauflächen, die von Gewässern überspült wurden, die auch Häuser, Autos und Öltanks mitgerissen hatten. Noch sei ja nicht einmal absehbar, ob auf den betroffenen und kontaminierten Flächen in diesem Jahr überhaupt noch Gemüse angebaut werden kann. Völlig offen ist deswegen auch, ob die Flut Auswirkungen auf die Preisentwicklung von Obst und Gemüse haben wird.