Köche und Kellner heiß begehrtGastronomen suchen händeringend Mitarbeiter

An vielen Stellen machen Schilder auf die Situation aufmerksam.
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Rhein-Sieg-Kreis/Bonn – Verlorene Arbeitskräfte wieder zurückzugewinnen oder neue zu rekrutieren, ist für viele Restaurants eine große Herausforderung. Zahlreiche Lokale, die auf den Einsatz von Aushilfen angewiesen sind, suchen nach Ersatz. Wer mehr Festangestellte beschäftigt, kommt in der Regel besser über die Runden.
Großteil des Personals infolge der Pandemie verloren
Auf den Homepages lässt sich die Not mancher Betreiber nachvollziehen. „Wir suchen“ heißt es dort häufig. Marc Wadehn aus dem Breniger Restaurant Culinarisch.es im Römerhof ist einer dieser Gastronomen auf der Suche. Der Küchenchef fahndet für alle Bereiche fieberhaft nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Koch und Küchenhilfen, Reinigungs- und Haushaltshilfen sowie Bar- und Servicekräfte sind heiß begehrt.
Die prekäre Situation, davon ist Wadehn überzeugt, hänge auch mit der abgeschiedenen Lage seines Restaurants zusammen: „Insbesondere junge Leute verzichten immer häufiger auf ein eigenes Fahrzeug und sind daher auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, um ihre Arbeitsstelle zu erreichen.
Vor diesem Hintergrund gerät unsere Lage zum Nachteil“, sagt er. Das Restaurant liegt zwar idyllisch nahe des Kottenforstes, aber abseits des öffentlichen Verkehrsnetzes. Da man einen Großteil des Personals infolge der Pandemie verloren hat, arbeiten die Übriggebliebenen nun am Limit. Wadehn selbst kommt nicht selten auf einen 18-Stunden-Tag. Die Personalprobleme haben für ihn mehrere Ursachen: „Vielen Menschen ist der Job in der Gastronomie zu unsicher geworden. Sie befürchten, dass die Krise noch nicht überwunden ist. Zudem sind fähige Leute auch für Jobs in anderen Branchen gut geeignet.“
Einstellungsprobleme aber auch schon vor der Pandemie
Auch auf der Website des Bad Honnefer Landgasthauses Op de Hüh wird die personelle Situation und die daraus resultierenden Probleme thematisiert. Auf zwei Abende (donnerstags und freitags ab 17 Uhr) bleibt der Betrieb gegenwärtig beschränkt. Samstage und Sonntage kommen für Familienfeiern und Veranstaltungen infrage.
Die Betreiberfamilie Schmidt begründet den Schritt damit, dass es für sie „schon lange vor der Pandemie problematisch war, Mitarbeiter zu finden, die zur Wochenendarbeit bereit sind.“ Nach sieben Monaten der „Zwangsschließung durch die Corona-Pandemie“ sei der größte Teil der langjährigen Mitarbeiter abgewandert.
Wer die B56 zwischen Impekoven und Buschhoven fährt, kann die schwarzen Buchstaben auf weißem Grund kaum übersehen: „WIR STELLEN EIN“. Den Wegweiser zur Waldschänke Im Zuschlag hat Geschäftsführerin Christine Schwarz mit diesem Zusatz ergänzt. Sie sucht händeringend Aushilfen mit Erfahrung im Bereich Service sowie einen Koch oder eine Köchin. Aufgrund der derzeitigen Personalsituation mussten die Öffnungszeiten ebenfalls eingeschränkt werden (mittwochs bis freitags erst ab 17 Uhr, samstags ab 12 Uhr und sonntags ab 11 Uhr).
Mehr Arbeit für die, die geblieben sind
Momcilo Vujic aus dem Restaurant Konoba in Meckenheim kompensiert den Verlust seiner Aushilfen durch den verstärkten Einsatz der Familie. „Es freut uns, dass die Gäste so schnell nach dem Ende des Lockdowns zurückgekehrt sind, aber für unser Personal ist das momentan eine riesige Herausforderung“, sagt er. Trotz der familiären Unterstützung benötigt Vujic Verstärkung im Service und in der Küche.
Umfrage der IHK
Die Stimmung im Gastgewerbe im Kreis und in Bonn ist auf einem Tiefpunkt angelangt. 94 Prozent der Wirte und Hoteliers beurteilen ihre Lage als schlecht, und mehr als 80 Prozent haben „keine guten Erwartungen und gehen davon aus, dass es schlechter wird“. Das hat eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer ergeben, die deren Geschäftsführer Professor Stephan Wimmers und Vizepräsidentin Ruth Winterwerp-van den Elzen vorgestellt haben.
Marketingkampagne geplant
Sie setzen auf eine Marketingkampagne für die Region, die am Donnerstagabend im nichtöffentlichen Teil des Bonner Stadtrats erörtert wurde. Ein Geschäftsklimaindex von 15,4 markiere „einen historischen Tiefstand. So gering war das noch nie“, stellte Wimmers fest. Einem Viertel der Betriebe drohe die Insolvenz. Die Umfrage habe allerdings kurz vor der aktuellen Wiedereröffnung stattgefunden. „Die Kollegen müssen von Monat zu Monat jonglieren“, schilderte Winterwerp-van den Elzen die Lage.
Im Unterschied zum Rhein-Sieg-Kreis mit der Naturregion Sieg und der Apfelroute als touristischen Zielen habe Bonn vor Corona zu 80 Prozent Geschäftskunden beherbergt. Das müsse die Branche in Zukunft ändern. „Nicht das richtige Signal für die Region“ sieht Winterwerp-van den Elzen im Bemühen zum Teil konzerngebundener Betriebe, Kunden mit noch niedrigeren Preisen zu locken. „Eigentlich müssten wir über einen pandemiebedingten Hygieneaufschlag von zum Beispiel zwei Euro pro Tag nachdenken.“
Beobachtet haben die IHK-Verantwortlichen die Sehnsucht der Menschen nach sozialen Kontakten. „Unseren Gästen fehlt schlicht der Austausch als Gegenpol zum Homeoffice.“ Da sei „ein Stück Kultur verloren gegangen“, meinte Wimmers. Aus diesem Grund seien auch Präsenzkonferenzen neben Hybridveranstaltungen nicht wegzudenken, ergänzte Winterwerp-van den Elzen.
Hans Hatterscheid betreibt gleich zwei Lokale: das Restaurant Anleger 640 am Bad Honnefer Rheinufer und den Biergarten RheinAir in Rheinbreitbach. Beide Betriebe hatten nach dem Ende des Lockdowns sofort wieder gut zu tun. Zum Glück hat Hatterscheid sein Personal bis auf zwei Personen halten können. „Trotzdem suchen wir immer wieder Servicekräfte und Aushilfen für unsere Küchen“, sagt Hatterscheid. „Die Situation ist durchaus angespannt, aber für uns noch beherrschbar.
Das liegt auch daran, dass ich als langjähriger Gastronom über ein funktionierendes Netzwerk verfüge, das es mir erleichtert, neue Leute zu rekrutieren.“ Hatterscheid ist zudem überzeugt, dass vernünftige Löhne die Situation entspannen. Wer in einem Restaurant arbeitet, sei oft in der Primetime gefordert, wenn andere feiern gehen. Dieser Einsatz erfordere eine entsprechende Bezahlung.
Ausbildungsplätze nahezu überall unbesetzt
Bei Spargel Weber in Alfter müssen die, die geblieben sind, augenblicklich mehr leisten. „Wir arbeiten am Anschlag“, sagt Hausherr Dieter Piel. In der Gastronomie seien personelle Wechsel durchaus üblich, aber durch die Pandemie und den Lockdown hätten sich mehr Beschäftigte neu orientiert als üblich. Nun müssten insbesondere im Service frische Kräfte eingearbeitet werden. Das führe natürlich dazu, dass nicht immer alles sofort hundertprozentig laufe. „Wichtige Voraussetzung für Neulinge ist die Freundlichkeit. Dann kann man sich auch schon mal einen Lapsus erlauben, Fehler werden leichter verziehen“, sagt Piel.
Jens Pfannkuch, der in Rheinbach das Waldhotel und in Meckenheim das Restaurant Stellwerk leitet, kommt mit der Situation augenblicklich zurecht. „Wir haben im Stellwerk während der Corona-Krise lediglich zwei Leute verloren, im Waldhotel mussten wir uns von fünf Mitarbeitern verabschieden“, berichtet der Gastronom.
Die Verluste konnten zumindest teilweise aber schon wieder durch neue Arbeitskräfte kompensiert werden. Pfannkuch fehlen vor allem Auszubildende. „Der Markt ist durch die Corona-Krise völlig zusammengebrochen. Es ist gegenwärtig nahezu unmöglich, Azubis für die Küche oder für unser Hotel zu finden“, erklärt er.
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Gastronomen bemühen sich um gutes Arbeitsklima
Im Hotel Weidenbrück in Swisttal-Heimerzheim ist die Situation eher entspannt. „Unser Team ist zusammengeblieben, und alle sind happy, wieder miteinander arbeiten zu können“, sagt Gastgeberin Elisabeth Weidenbrück. Man achte darauf, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht über Gebühr zu beanspruchen. Dafür gibt es zum Beispiel einen „Mitarbeitersonntag“: „Wenn wir absehen können, dass es sonntags nur wenige Anmeldungen für unser Restaurant gibt, beschränken wir den Betrieb auf das Hotel und können unserem Team freigeben“, sagt Weidenbrück.
Engpässe ließen sich besser abfedern, wenn man sich um gutes Klima bemühe. „Ich habe meine Leute zum Beispiel während des Lockdowns immer wieder angerufen, um mich zu erkundigen, wie es ihnen geht“, sagt Weidenbrück.
Die Chefin hat sogar dafür gesorgt, dass die Angestellten schnell geimpft werden konnten. Dafür stellte Weidenbrück eine Liste zusammen, die sie an Arztpraxen in Swisttal schickte. Das hat funktioniert, denn mehrere Mitarbeiter erhielten nach und nach tatsächlich eine Impfung.