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Prozess in BonnVersicherungsagent hilft einem Kunden und wird anschließend von ihm erpresst

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Paragrafen-Symbole sind an Türgriffen am Eingang zum Landgericht in Bonn angebracht.

Paragrafen-Symbole sind an Türgriffen am Eingang zum Landgericht in Bonn angebracht.  

Die Staatsanwaltschaft Bonn wirft einem Trio aus Königswinter 20 Taten vor.

Es ist schwer zu fassen, was der junge Mann mit den zum Zopf zusammengebundenen Haaren im Zeugenstand vorträgt: Nachdem der Versicherungsmitarbeiter einem Kunden bei einem Schadensfall mehr als erlaubt geholfen habe, sei er von diesem erpresst und schließlich sogar in einer Wohnung gefangen gehalten und mit dem Tode bedroht worden.

Die Staatsanwaltschaft Bonn wirft dem Hauptangeklagten vor, den Zeugen dazu gebracht zu haben, diverse Versicherungsfälle zu fingieren. Der 30-Jährige, vertreten von Pflichtverteidiger Mutlu Günal, schweigt zu den Vorwürfen genauso wie seine beiden Mitangeklagten, ein 27-jähriger Mann und eine 42-jährige Frau, die von Carsten Rubarth und Martin Kretschmer vertreten werden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Trio insgesamt 20 Taten vor: 19 davon sollen aber einzig auf das Konto des Hauptangeklagten gehen.

Opfer sagte aus, er habe dem Angeklagten helfen wollen

Angefangen habe das Übel mit der besonderen Hilfe, die er dem heute 30-jährigen damaligen Kunden der Versicherungsgesellschaft gewährt habe, für die er seinerzeit tätig war, sagte der Zeuge. Es sei um ein Auto gegangen, das angeblich bei der Flutkatastrophe im Sommer 2021 beschädigt worden sein sollte. 40.000 bis 50.000 Euro habe der Kunde von der Versicherung erwartet, aber ein Gutachter hatte schließlich die Rechtmäßigkeit der Ansprüche zumindest teilweise in Zweifel gezogen.

Er habe dem Kunden helfen wollen, und schließlich sei ein Betrag zwischen 5000 und 8000 Euro ausgezahlt worden, fuhr der Zeuge fort. Mit seinem Engagement habe er sich aber erpressbar gemacht, und schließlich habe er sich immer tiefer in eine Serie unrechtmäßiger Auszahlungen verstrickt. Teilweise habe er diese selbst veranlasst, teils sei die Freigabe über den Arbeitsrechner eines Kollegen gelaufen.

16-mal sollen es dann im Laufe des Jahres 2022 Beträge zwischen 2616 und 5000 Euro gezahlt worden sein. In einem weiteren Fall floss allerdings kein Geld. Der Zeuge ist für seinen Beitrag bereits vor dem Amtsgericht Euskirchen zu einer Geldstrafe von 9000 Euro verurteilt worden; außerdem soll er den entstandenen Schaden von insgesamt 73.000 Euro zurückzahlen.

Dramatisch und nach seinen Worten zumindest gefühlt auch lebensgefährlich wurde es dann gegen Ende der Tatserie: Nachdem er sich seinem damaligen Chef anvertraut habe, seien beide zu einem Anwalt gegangen. Er habe sich einen neuen Job gesucht, weil er nicht anders mit der Situation umzugehen gewusst habe, berichtete der frühere Versicherungsagent. Der Angeklagte habe ihn aber weiter erpresst und ihm auch Gewalt angedroht: Er schalte jetzt „ganz andere Leute ein“.

Der ehemalige Chef des Versicherungsagenten wird als Zeuge geladen

Beim Besuch einer angeblichen Neukundin in Königswinter sei es geschehen: Die vorgebliche Interessentin habe sich als Komplizin des Erpressers herausgestellt und den Versicherungsagenten mit dem 27-jährigen Angeklagten mit dem Tode bedroht, wenn er kein weiteres Geld nachschieße.

Das Trio habe dann versucht, mit Banking-Apps auf seinem Handy auf seine Konten zuzugreifen. Da die aber weitestgehend leer oder im Minus gewesen seien, hätten sie sich schließlich mit 1000 Euro begnügt.

Das Verfahren wird mit der Vernehmung des ehemaligen Chefs als Zeugen fortgesetzt.