Vergangenheit auf der SpurSiebengebirge hat sich in 100 Jahren drastisch verändert

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Königswinter/Bad Honnef – In heutiger Zeit ist das Siebengebirge überwiegend von Waldflächen bedeckt. Das war aber nicht immer so: Gesteinsabbau, Weinbau und Landwirtschaft haben ihre Spuren in der ursprünglichen Landschaft hinterlassen.

Um die Geheimnisse rund um diese vergangenen Strukturen zu lüften, haben das Siebengebirgsmuseum Königswinter, die Biologische Station im Rhein-Sieg-Kreis und der Landschaftsverband Rheinland (LVR) im vergangenen September gemeinsam das Projekt „Zeugen der Landschaftsgeschichte im Siebengebirge“ ins Leben gerufen. Nun präsentierten sie erste Ergebnisse ihrer Forschung.

Radikale Veränderungen seit 100 Jahren

Das Landschaftsbild im Siebengebirge hat sich in den vergangenen 100 Jahren radikal verändert. Aufmerksame Wanderer können bis heute die Spuren von menschlichen Eingriffen in die Natur überall im Siebengebirge finden: Weinbergmauern, Alleen im Wald, Gebäudereste, Terrassierungen oder Hohlwege erzählen Geschichten aus vergangenen Zeiten. Doch häufig sind die Überreste aus dem Kontext gerissen, ihre einstigen Funktionen nicht mehr erkennbar – und sie sind vergänglich. Damit ihre Historie gelüftet werden kann und die heutigen Erkenntnisse für die Nachwelt gesichert werden können, haben die Projektleiter ein Team von Fachleuten aus Biologie, Geographie und Geschichtswissenschaft zusammengestellt.

Sie untersuchen Landschaftsräume und ihren Werdegang. Das erste Zielgebiet sind die Wolkenburg und das Rhöndorfer Tal, in einer ersten Recherchephase nahmen die Projektbeteiligten zahlreiche historische Quellen, Bäume, Gesteinsarten und Gebäudereste unter die Lupe, sie wurden beschrieben, fotografiert und mittels GPS eingemessen. „Uns ist besonders wichtig zu untersuchen, was heute von der Entwicklung der Landschaft im Siebengebirge noch sichtbar ist“, erklärte Martina Gelhar vom LVR, gleichzeitig werde untersucht, wie diese Entwicklungen erlebbar gemacht und vermittelt werden könnten.

Ein gutes Beispiel seien Wiesen mitten im Wald, die erst durch die Aufforstung der 1950er/60er Jahre entstanden. Barbara Bouillon von der Biologischen Station betonte die Einzigartigkeit des Siebengebirges und erklärte, dass viele Arten bereits vom Aussterben bedroht seien. Vom „Sichelblättrigen Hasenohr“ beispielsweise, ein Doldenblütler, gebe es in ganz Nordrhein-Westfalen nur noch die etwa 20 Pflanzen im Siebengebirge.

„Im günstigsten Fall finden wir noch weiße Flecken, die wir erforschen können“, kündigte Elmar Scheuren, Leiter des Siebengebirgsmuseums, an. Dafür seien die Projektmitglieder auch auf die Hilfe von Zeitzeugen oder Anwohnern angewiesen, die sich an alte Kulturlandschaften erinnern oder gar Fotos oder andere Abbildungen und Quellen anbieten können.

Bis Oktober dieses Jahres soll die zweite Recherchephase abgeschlossen sein. Dann wollen die Projektleiter die Ergebnisse in Form eines Buches präsentieren. Die Publikation soll neben den geschichtlichen, geographischen und biologischen Hintergründen auch viel Bild- und Kartenmaterial aus dem Siebengebirge enthalten.

Zusätzlich sollen die Ergebnisse des Forscherteams in die App „KuLaDig“ (Kulturlandschaft Digital) des Landschaftsverbands eingepflegt werden. Anhand der App können Wanderer sich über die Kulturlandschaft und Sehenswürdigkeiten am Wegesrand informieren.

Quellen gesucht

Für das Projekt „Zeugen der Landschaftsgeschichte im Siebengebirge“ suchen die Forscher noch vielfältige Quellen und Zeitzeugen, die sich an vergangene Landschaften im Siebengebirge erinnern. Besonders gefragt sind Fotos, aber auch Zeichnungen, Gemälde, Landkarten oder Skizzen, die möglichst viel von der Landschaft der Vergangenheit zeigen.

Wer sich an ursprüngliche Landschaften erinnert oder alte Fotos, Postkarten, Zeichnungen, Landkarten oder Ähnliches aus dem Siebengebirge hat, kann sich im Siebengebirgsmuseum, Kellerstraße 16, oder unter Telefon (0 22 23) 37 03 melden.

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