Krisenhelfer in MeckenheimWie schwer die Last auf dem Rücken der Helfer wiegt

Lesezeit 4 Minuten
„Es gibt Hoffnung“ ist das Motto der christlichen Gruppe, die in Meckenheim ihr Lager hat. 

„Es gibt Hoffnung“ ist das Motto der christlichen Gruppe, die in Meckenheim ihr Lager hat. 

Meckenheim – „Es gibt Hoffnung!“ So lautet das Motto der Helfer, die momentan in der Meckenheimer Dreifachturnhalle schlafen und tagsüber im Krisengebiet Kreis Ahrweiler Hilfe leisten. In den Turnhallen nebenan waren auch Bundeswehrsoldaten untergebracht. Die Freiwilligen kommen aus dem ganzen Bundesgebiet, manche für ein paar Stunden, andere bleiben gleich mehrere Tage.

„Als wir die Not sahen, wollten wir helfen“, berichtete Christian Scharnagl, Pastor einer Freien Evangelischen Gemeinde in Essen. Innerhalb von zwei Tagen organisierte er eine Fahrt für neun Gemeindemitglieder, weitere werden erwartet. Unter den zahlreichen Helfern ist auch Olaf Lippold aus Wiesbaden, der mit Tochter Joyce und Ehefrau Iby anreiste. Für seinen Einsatz hat der Finanzmakler zu Hause alles stehen- und liegenlassen. Kaum angekommen, befreite er mit 20 Mitstreitern gleich einen Keller von Wasser und Schlamm: „Wir helfen aktiv, reden aber auch mit den Menschen.“

Verpflegung in der Jungholzhalle

Ein gutes Wort und Verständnis seien oft hilfreich und tröstlich. Zu erkennen sind die Freiwilligen an weißen Motto-Shirts, die sie vom Organisationsteam um Martin Diekmann bekommen haben. Er ist Vorsitzender des Vereins „Haus der Hoffnung“ in Frankfurt und plant die Einsätze. Mit etwa zehn Leitern ist er vernetzt, sowie mit der „Deutschen Evangelischen Allianz“ und weiteren Krisenstäben. „Christen sollten an der Seite der Menschen sein, die jetzt in Not sind“, fasst Diekmann die Intention des sozial-diakonischen Werkes zusammen, für das er arbeitet. „Wir setzen uns für Menschen ein, die am Rande der Gesellschaft stehen, auf Hilfe angewiesen sind oder sich in Krisen befinden.“

Momentan sind etwa 50 Engagierte in Meckenheim untergebracht. Bis zum Ende der Woche soll die Zahl auf rund 100 anwachsen. Verpflegt werden die Menschen in der Jungholzhalle, wo Kapazitäten für 200 bis 400 Leute bestehen. Frühstück und ein warmes Abendessen bereiten Freiwillige zu, die dem Aufruf der Evangelischen Allianz Bonn gefolgt sind. „Ich habe mir drei Tage Urlaub genommen und helfe beim Kochen“, erklärte etwa Sabine Richarz.

Mitorganisatorin ist Mira Kauer-Gerlach, die für den Einsatz im vom Hochwasser betroffenen Gebiet, in dem die Energie- und Wasserversorgung weiterhin massiv gestört ist, Taschenlampen, Batterien, Traubenzucker, in Flaschen abgefülltes Wasser, Essen und vieles mehr bereitstellt. „Wir haben uns organisiert, damit nicht jeder alleine ins Krisengebiet fährt“, sagt sie.

Im Hochwasser-Gebiet selber, das sie bisher nur über Bilder aus Zeitung und Fernsehen kannten, treffen die Helfer oft auf surreal anmutende Szenen. „Es lagen Eisenbahnschienen übereinander und manche Häuser waren einfach zerlegt“, berichtete Olaf Lippold.

Es herrscht ein Geist den Zusammenhaltes

In einem Keller, den er mit 20 Mitstreitern am Mittwoch von Schlamm befreite, waren die Öltanks ausgelaufen: „Es war furchtbar, wir waren richtig geschockt.“ Einerseits sei die Hoffnungslosigkeit der Flutopfer offensichtlich, andererseits sei ein Geist des Zusammenhalts zu spüren. „Wir haben gemerkt, dass die Gemeinschaft und Menschlichkeit das Wichtige im Leben sind“, so Joyce Lippold. Pastor Scharnagl bekräftigt: „Wir wollen den Menschen Hoffnung bringen.“ Dass das angesichts von Schuttbergen halb so breit wie Meckenheims Jungholzhalle, zerstörter Häuser und Straßen, verschlammter Keller und Wohnungen, aus denen teilweise noch Tote geborgen werden, nicht einfach ist, wissen die Freiwilligen. „Ich kann es noch gar nicht fassen!“, sei ein Satz, den man von den Anwohnern oft zu hören bekomme. Bis das ganze Ausmaß der Katastrophe bei den Menschen ankomme, die direkt betroffen seien, werde es noch etwas dauern.

Die verschiedenfarbigen Kreuze an den leerstehenden Häusern, die nicht mehr bewohnbar sind und an denen jegliche Türen fehlen, muten selbst für die Helfer unwirklich an. Ein rotes X bedeute, dass das Haus freigeben sei. Ein grünes X signalisiere, dass die Helfer nicht wissen, was dort zu erwarten ist und ein rotes Fähnchen bedeute Betretungsverbot: „Dort können noch Leichen sein.“ Traurige Berichte über tödliche Unfälle begleiten den Einsatz. Wie die Geschichte über ein weggespültes Haus, aus dem sich nur noch der Mann habe retten können, seine Frau aber nicht mehr. Oder die von einer gelähmten Frau im ersten Stock, der niemand helfen konnte. Außerdem seien Leichen aus Bäumen geborgen worden.

Rundschau abonnieren