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Gestochen scharfe MotiveZweite Tattoo-Convention in Meckenheim zeigt Kunst am Körper

5 min
Tätowierer Zlatan Jungbluth aus Euskirchen arbeitet an einem zeitintensiven Wikinger-Motiv.

Tätowierer Zlatan Jungbluth aus Euskirchen arbeitet an einem zeitintensiven Wikinger-Motiv.

Die zweite Tattoo-Convention in der Meckenheimer Jungholzhalle präsentierte vielfältige Körperkunstwerke von etwa vierzig Tätowierern.

Ob ein realistisch anmutender Kopf des Lieblingshundes, eine Comicfigur, die dem eigenen Ich frappierend ähnlich sieht, oder ein Paar-Tattoo als Erinnerung an den ersten Funken der Liebe – jede Tätowierung ist individuell und hat für ihren Besitzer eine ganz bestimmte Bedeutung. „Manchmal sieht es auch einfach nur gut aus“, sagte Natascha Vonderstück (45 Jahre) am Sonntag schmunzelnd über ihre frisch tätowierte Liebesgöttin auf dem Unterschenkel.

Das ungewöhnliche Kunstwerk, bestehend aus dem Wort „Amor“ über einem lächelnden Frauengesicht, das an Superheldin Harley Quinn aus dem DC-Universum erinnert, stammt von Zlatan Jungbluth aus Euskirchen. Wie die meisten der etwa 40 Tätowierer, die in der Meckenheimer Jungholzhalle am Wochenende ihre Kreationen zeigten, ist der 52-Jährige ein wahrer Künstler seines Berufsstandes.

Die Zubehörliste für ein Tattoo und die Pflege ist umfangreich.

Die Zubehörliste für ein Tattoo und die Pflege ist umfangreich.

Mit dabei waren auch zwei Piercing-Studios. „Die Motive sind sauber gestochen und die Beratung, bei der auch gesundheitliche Fragen abgeklärt werden, ist hervorragend“, begeisterte sich Ingo Vonderstück. Am Sonntag hatte der Marathonläufer im Rahmen der zweiten von Jürgen Kastenholz organisierten Tattoo-Convention in Meckenheim bei Jungbluth eine Tagessitzung gebucht.

Tattoo-Convention offenbarte einen gewissen Suchtfaktor

Geduldig lag der 51-Jährige auf der Liege, während Jungbluth nach eigener Vorlage einen Wikingerkopf in verschiedenen Schwarz-Abstufungen sorgfältig auf seinen Unterschenkel tätowierte. „Und tut es weh?“ „Nö“, meinte Vonderstück lässig. Ehefrau Natascha, die sich mit 18 Jahren ein erstes kleines Tattoo in Form eines Delfins mit blauer Tinte in die Haut injizieren ließ, bestätigte den Suchtfaktor: „Wenn man einmal mit Tattoos anfängt, kann man nicht mehr aufhören.“

Schmerzen seien schnell vergessen. „Die Freude am Motiv ist groß, und es wird gerne gezeigt.“ Darum sei nach dem Tattoo auch immer vor dem Tattoo. Der nächste Termin und das Motiv für eine weitere Sitzung nach der Convention stünden schon fest, so Ingo Vonderstück. Besonders stolz sind die Vonderstücks auf ihr Partner-Tattoo über den Herzen. Das Herz, die Pulslinie und das Wort „run“ stünden für ihre Liebe und die Art des Kennenlernens. Nach einer 30 Jahre währenden Freundschaft sei der Funke vor zwei Jahren beim gemeinsamen Laufen übergesprungen, erzählten sie.

Ein Herz, die Frequenz des Herzschlags und das Wort ‚Run‘.

Ein Herz, die Frequenz des Herzschlags und das Wort 'Run'.

Professionell wie in jedem der 18 Tattoo-Studios geht es auch nebenan bei Jennifer Fabry („Tattoos & Lashes“) zu. Die Tätowiererin aus Baesweiler (Städteregion Aachen) hat Besuch von der ganzen Familie, ihr 35-jähriger Schwager Jan Monat aus Jülich lässt sich von seiner Tochter Emilia ein kleines Herz in die Hand stechen. Fachlich angeleitet wird die Achtjährige von ihrer Tante Jennifer, denn das Halten der akkubetriebenen Maschine ist für kleine Kinderhändchen nicht einfach. „Das Gerät ist schwer“, bezeugt die Achtjährige.

Plötzlich steht Organisator Jürgen Kastenholz auf der Bühne und kündigt Live-Musik an. Die in der Tattoo-Szene bekannten Künstler Marlon und DJ Hasse präsentierten passend zur Gelegenheit ihren selbstgeschriebenen Song „Meine Haut“, wie sie sagen „für die Tattoo-Szene und die Tattoo-Convention“.

In der Tattoo-Szene bekannte Künstler liefern Live-Musik

Ihre Fans filmen und applaudieren begeistert, während Musik und Worte den Saal füllen: „Eingraviert in meine Haut, jeder Stich ein kleines Gebet, will nie vergessen, was da geschrieben steht, jedes Tattoo sagt mir ,ich bin ich bin‘, erzählt meine Geschichte, gibt mir einen Sinn.“ Im Anschluss rockt Marlon mit seinem Vater „Biker“ (Frank Schwung) und dem emotional vorgetragenen Song „Diese Welt gehört euch nicht“ den Saal.

Nicole Wassong ist examinierte Krankenschwester und Inhaberin des Piercing-Studios Moskito in der Euskirchener City. Kundin Christine Bau ist zufrieden mit ihrem neuen Helix-Piercing.

Nicole Wassong ist examinierte Krankenschwester und Inhaberin des Piercing-Studios Moskito in der Euskirchener City. Kundin Christine Bau ist zufrieden mit ihrem neuen Helix-Piercing.

Das Stück stammt aus ihrem gemeinsamen Album „Seelenfaenger Vater Und Sohn“. Während im Bühnenbereich das Leben tobt, versucht Nicole Wassong aus Euskirchen sich im hinteren Teil der Halle zu konzentrieren. Die examinierte Krankenschwester ist Inhaberin des Piercing-Studios Moskito in der Euskirchener City. Ihrer Kundin Christine Bau hat sie erfolgreich ein Helix-Piercing an der Ohrkante angebracht.

Eine Sitzung für ein Piercing ist meistens kürzer als für ein Tattoo – und auch günstiger. „Wir waren in fünf Minuten durch“, sagen die Damen zufrieden. Für Bau ist es das achte Piercing, ihre ersten Ohrlöcher hat sie mit acht Jahren bekommen. „Es hat nicht wehgetan.“ Ein Ächzen kommt hingegen von der Liege am Nachbarstand. Seit elf Uhr liege sie bereits, erzählt Alina Notz-Wolff aus Erftstadt. „Die letzte Stunde war dann doch schlimm!“

Tätowieren tut weh, weiß Alina Notz-Wolff aus Erftstadt.

Tätowieren tut weh, weiß Alina Notz-Wolff aus Erftstadt.

Die 36-Jährige ließ sich von Tätowierer David die Disney-Prinzessin Belle samt Biest in bunten Farben auf den Oberschenkel einbringen, nach fünf Stunden war sie jedoch an ihrer Schmerzgrenze angelangt: „Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, Tätowieren tut nicht weh.“ Normalerweise könne sie die kleinen Nadelstiche aushalten, so Notz-Wolff. Da ihre Haut jedoch peu à peu empfindlicher werde, fühle es sich inzwischen so an, als ob ihr mit einem Messer ins Bein gestochen werde. Die ausgedehnte Sitzung findet daraufhin bald ihr Ende.

Tattoos fühlen sich an wie ein Sonnenbrand

Am Anfang fühlen sich Tattoos an wie ein Sonnenbrand und benötigen eine spezielle Pflege. Darum werden den Kunden unterschiedliche Arten von Körperbutter sowie Wundverbände mitgegeben. Die Preise für ein Tattoo fangen bei etwa 20 Euro an, eine Tagessitzung dauert in der Regel acht Stunden und kostet zwischen 700 und 900 Euro.

Der erste Schritt bei einem Tattoo ist das Beratungsgespräch, in dem Ideen besprochen und Motiv, Körperstelle, Größe und Stil sowie gesundheitliche Aspekte geklärt werden. Dann fertigt der Tätowierer einen passenden Entwurf an. Diese Vorlage wird auf die Haut gedruckt und kunstvoll ausgemalt. Besonders in der ersten Woche muss das Tattoo sorgfältig gepflegt werden. Nach sechs Wochen steht ein Kontrolltermin im Studio an, um sicherzustellen, dass die Heilung gut verläuft.


Drei Fragen an ...

... Jürgen Kastenholz (51) aus Zülpich, der seit 2017 Tattoo-Conventions in der Region organisiert.

Veranstalter Jürgen Kastenholz.

Veranstalter Jürgen Kastenholz.

Herr Kastenholz, warum sollte ich mich tätowieren lassen?

Gar nicht! Sie müssen davon überzeugt sein. In dem Moment, in dem Sie sich fragen, warum, sollten Sie es lieber nicht tun.

Sie überreden also niemandem zu seinem Glück?

Ein Tattoo ist ein Körperschmuck fürs Leben. Darum sollte sich jeder gut überlegen, was er sich tätowieren lässt. Einen Haarschnitt kann ich ändern, ein Tattoo nicht.

Können Tätowierungen rückgängig gemacht werden?

Tätowierungen können weggelasert werden, eine vollständige Entfernung ist schwierig. Was bleibt ist ein heller Fleck, 100-prozentig wird ein Tattoo nie verschwinden.