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Im Gespräch die Feinheiten sortiertMeckenheimer Bürgermeisterkandidaten im Zelt

Lesezeit 7 Minuten
Händedruck der Bürgermeisterkandidaten Sven Schnieber (CDU) und Stefan Pohl (SPD) am Ende der zweistündigen Podiumsdiskussion.

Händedruck der Bürgermeisterkandidaten Sven Schnieber (CDU) und Stefan Pohl (SPD) am Ende der zweistündigen Podiumsdiskussion.

Die Bürgermeisterkandidaten von CDU und SPD in Meckenheim diskutierten in einem Zelt am Merler Dom.

Beide sind 45 Jahre alt, wohnen mit ihren Familien in Meckenheim und wollen vor allem eins: Bürgermeister werden und ihre Heimatstadt voranbringen. Bei der ersten öffentlichen Podiumsdiskussion vor der Kommunalwahl im Herbst demonstrierten die Bürgermeisterkandidaten Sven Schnieber (CDU) und der SPD-Fraktionsvorsitzende Stefan Pohl im mit 80 Besuchern besetzten Festzelt am Merler Dom Einigkeit in vielen lokalpolitischen Fragen.

Gastgeberin war die Merler Dorfgemeinschaft, es moderierte Alexander C. Barth. Sven Schnieber ist aktuell Bereichsleiter Berufsbildung bei der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg. Stefan Pohl ist Geschäftsführer. Er bewirbt sich nach 2020 zum wiederholten Male um den Bürgermeisterposten.

Miteinander anstatt übereinander reden ist besser.
Sven Schnieber, Bürgermeisterkandidat der CDU

Sowohl Schnieber als auch Pohl sprachen sich für eine Konsolidierung der städtischen Finanzen aus, beide sind gegen eine weitere Erhöhung der Grundsteuer B, beide wollen sich für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum stark machen, das Ehrenamt sowie die Vereinsstruktur in der Stadt stärken sowie Angebote für Kinder und Jugendliche durch etwa die Bereitstellung zusätzlicher Mittel ausbauen. Eine Mietpreisbremse für Meckenheim können sie sich nicht vorstellen, auch eine systematische Entsiegelung städtischer Flächen für eine bessere Versickerung von Regenwasser wird eher kritisch betrachtet. Pohl dazu: „Der Kirchplatz ist eine öffentliche Fläche, und ich finde, der ist echt schön geworden, also eher nein.“

Ich möchte mit allen Fraktionen im Gespräch bleiben. Wenn wir uns bis auf die Knochen bekämpfen, wird die Zusammenarbeit schwierig.
Stefan Pohl, SPD-Bürgermeisterkandidat

Beide sind sich darüber im Klaren, dass sie nach der Kommunalwahl am 14. September weiterhin zusammenarbeiten müssen. Darum mache es keinen Sinn, sich im Wahlkampf zu bekämpfen, waren sie sich einig. Sven Schnieber plädiert dafür, „miteinander anstatt übereinander zu reden“, der Ton sollte dabei immer fair bleiben. Pohl: „Ich möchte mit allen Fraktionen im Gespräch bleiben. Wenn wir uns bis auf die Knochen bekämpfen, wird die Zusammenarbeit schwierig.“ Da beide in Meckenheim wohnten, sehe man sich auch privat.

Und warum wollen beide Bürgermeister von Meckenheim werden? Sven Schnieber hat sich „aus Liebe zu Meckenheim“ entschlossen, für das Amt zu kandidieren, wie er sagte, „und weil ich es kann!“: „Meckenheim ist mir wichtig und es gibt keine bessere Möglichkeit, die Stadt zu gestalten, als Bürgermeister zu werden.“ Stefan Pohl möchte es noch einmal probieren: „Für mich war klar: Das ist nicht das Ende, und so fing ich an, kommunalpolitisch zu arbeiten.“ Er sei 2020 unter Coronabedingungen angetreten, das sei nicht einfach gewesen.

Unterschiede zwischen den Kandidaten nach Themen:

Städtische Finanzen Sven Schnieber sieht hier Besprechungsbedarf: „Wir müssen beraten, wie wir mit unseren Mitteln umgehen.“ Die Finanzen müssten nachhaltig konsolidiert werden, eine Steuererhöhung sei das allerletzte Mittel und Ziel sollte es sein, dass die Grundsteuer nicht weiter steige. Er setze auf eine „kluge Ausgabenstrategie, ein Plus bei den Gewerbesteuereinnahmen und die Nutzung von Fördermitteln“, so Schnieber. Seine Kontakte in die Wirtschaft wolle er nutzen, um die Stadt als attraktiven Standort für Unternehmen weiterzuentwickeln. Angesichts der angespannten Haushaltslage kämen riesige Herausforderungen auf den nächsten Stadtrat und die künftige Verwaltung zu, so Stefan Pohl. Unter der Verantwortung von CDU-Bürgermeister Holger Jung und der CDU-Fraktion seien mehr als elf Millionen Euro an Deckungslücken in die Jahre 2028 bis 2030 verschoben worden, das seien zehn Prozent des gesamten Haushalts. „Das ist Abgabe von Verantwortung und dem widersetze ich mich.“ Diese „finanzielle Hypothek“ werde die kommenden Jahre erheblich belasten: „Wir müssen diese Summen irgendwann ausgleichen und das wird uns als Stadt enorm fordern“, so Pohl. Es müsse konsequent gespart werden. Sollte keine Lösung gefunden werden, müsse Meckenheim in die Haushaltssicherung gehen.

Unternehmerpark Kottenforst Zur besseren Vermarktung der Flächen würde Sven Schnieber eine externe projektbezogene Expertise hinzuziehen: „Wir brauchen ein Marketingkonzept, in dem wir die Standortvorteile von Meckenheim darstellen und wir sollten mit Grundstücksmaklern zusammenarbeiten.“ Nötig sei eine Vereinfachung der Ausschreibungsunterlagen: „Wir müssen Unternehmen finden, die passen und Arbeitsplätze nach Meckenheim bringen.“ Stefan Pohl ist gegen externe Berater: „Das sollte im Rathaus gelöst werden.“ In erneuten Gesprächen mit in den vergangenen Jahren interessierten, aber abgesprungenen Unternehmern, sollten die Gründe für deren Ablehnung ermittelt werden.

Wohnraum „Wir müssen alles dafür tun, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Menschen dazu zu veranlassen, ihre Grundstücke zu entwickeln“, sagte Stefan Pohl. Eine Erhöhung der Grundsteuer C sei „kein Allheilmittel“. Sven Schnieber möchte Grundstücksspekulationen Einhalt gebieten. Nötig sei „eine zeitliche Begrenzung für Baupläne“. Jetzt für die Nachkommen kaufen, die dann in 35 Jahren bauen, sei „nicht richtig“.

Meckenheimer Verbund Für Pohl gehören Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung ins Rathaus und zum Bürgermeister. Es sei falsch, dass das Stadtmarketing in die Hand des Verbundes gelegt worden sei: „Das kostet die Bürger rund 20.000 Euro im Jahr.“ Schnieber wies darauf hin, dass es ohne die Kooperation mit dem Verbund Veranstaltungen wie den Zintemaat nicht mehr gebe. Das Kooperationsmodell habe sich bewährt, sei erfolgreich und koste die Stadt kein zusätzliches Geld. Der Betrag sei vielmehr schon vorher in Veranstaltungen geflossen, „nur jetzt wird es gezielter eingesetzt“.

Bürgerbeteiligung Für Sven Schnieber ist der Dialog wichtig: „Bürgerinfos zu verschiedenen Themen sind elementar.“ Geschaffen werden sollte ein „Transparenzportal“ für einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu Informationen der Stadtverwaltung. Dadurch verbessere sich auch die Möglichkeiten zum Mitreden und Mitgestalten. Stefan Pohl kann sich „eine Art Mängelmelder“ zur Vereinfachung von Verwaltungsabläufen vorstellen, Dialogveranstaltungen sollten ausgebaut werden. „Wir müssen die Bürger erreichen, wenn es uns ernst ist mit der Transparenz.“ Der Testlauf einer Übertragung von Ratsveranstaltungen sei wegen der geringen Zuschauerteilnahme „ernüchternd“ gewesen. Wichtiges Instrument sei ein interaktiver Haushalt.

Kinder und Jugend Das Freizeitangebot sei in Meckenheim „überschaubar“, so Schnieber. Darum gelte es, die Sportstätten auszubauen und ein größeres Angebot zu schaffen, zum Beispiel mit einem Bowling-Center. Pohl: „Wir müssen versuchen, bei den Vereinen die Kapazitäten zu erhöhen, weil wir auf diese Weise die Kinder von der Straße auf den Fußballplatz holen.“

Mehrzweckhalle für Merl Der rund 5200 Einwohner zählende Ortsteil Merl verfüge zum Leidwesen der Dorfgemeinschaft im Gegensatz zu den übrigen Stadtteilen über keine eigene Mehrzweckhalle, so dass für Veranstaltungen jeweils ein Zelt für 6500 Euro errichtet wird. Sven Schnieber würde sich in seiner Amtszeit für eine dauerhafte bauliche Lösung einsetzen, die das Zelt ersetzen könnte. Die Bedarfe müssten wegen der erheblichen Kosten aber vorher geprüft werden. Zu beachten sei, dass es in einer Entfernung von nur 500 Metern Luftlinie mit der Jungholzhalle eine moderne, geräumige Veranstaltungshalle gebe, die auch für 200 Besucher nutzbar sei. Stefan Pohl dazu: „Wenn die Nachfrage da ist, können die Kosten geprüft werden.“ Oft schaffe ein Angebot Nachfrage. Die von Holger Jung anberaumte sechsstellige Summe für einen Umbau der Turnhalle der KGS in eine Mehrzweckhalle halte er „für übertrieben“.


Ärger am Rande

Martina Welter von der 1. Karnevalsgemeinschaft Merl 2000 kommentierte im Nachgang zur Veranstaltung auf Facebook: „Leider hat die Dorfgemeinschaft viele interessierte Merler BürgerInnen gar nicht erst zur Diskussion zugelassen. Ich wurde vorab abgelehnt, hatte am Abend ein Ticket über ein verhindertes Mitglied von der CDU. Der Wahlkampfleiter der SPD, Marco Deckers, hat das mit den Worten: „ Du hast Hausverbot, geh nach Hause“, verhindert. Im Zelt war im übrigen noch Platz. Geht so Fairness im Wahlkampf?“ Mitbürger bestätigten am Abend gegenüber der Rundschau die Vorgänge an der Eingangstür.

Bereits zu Karneval gab es Zwist zwischen der 1. KG und der Dorfgemeinschaft, die sich gerichtlich die Teilnahme am Zug der KG erstritt. Bürger bestätigten die Vorgänge am Einlass. Mitgliedern der Dorfgemeinschaft sei trotz Anmeldung und Zusage von Marco Deckers in schroffem Ton der Zugang mit den Worten verwehrt worden: „Ich habe Hausrecht.“

Die Dorfgemeinschaft schreibt auf Facebook dazu: „Leider mussten wir einige interessierte Bürgerinnen und Bürger abweisen, da im Vorfeld von der CDU Meckenheim deutlich mehr Plätze reserviert wurden, als tatsächlich in Anspruch genommen wurden – darunter auch der nicht erschienene Merler Ortsvorsteher. Wir waren zudem sehr erstaunt über das Verhalten einiger Mitglieder der 1. KG Merl 2000, die im Nachgang zur Veranstaltung offenbar gezielt Unwahrheiten verbreiten. Eine sachliche Auseinandersetzung lebt von Transparenz und Fairness – persönliche Interessen und Falschbehauptungen helfen weder der Dorfgemeinschaft noch dem politischen Diskurs in Merl weiter.“

Reaktion Martina Welter: „Ups, jetzt ist nicht mehr nur die 1. Karnevalsgemeinschaft Merl , sondern auch die CDU Meckenheim schuld daran, dass der Wahlkampfleiter der SPD gestern Menschen den Zutritt zur Diskussionsveranstaltung in Merl verwehrt hat.“