Meckenheimer Zoom-KonferenzRezepte gegen den Verkehrskollaps in Bonn gesucht

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Autobahn bei Bonn

Das Nadelöhr A 565 in Bonn bremst die Ent­wick­lung der Region. 

Meckenheim – Mit der S 23 in nur wenigen Minuten nach Bonn. Das versprach lange Zeit ein – inzwischen entfernter – Hinweis auf einem Verkehrsschild an der Abzweigung zum Bahnhaltepunkt Meckenheim Industriepark. Die optimistische Ankündigung sorgte bei erfahrenen Bahnfahrern nicht selten für Verwunderung, denn die tatsächliche Fahrtzeit war länger als dort angekündigt wurde.

Prekäre Verkehrssituation in Bonn und der Region

Nicht nur Berufspendler, auch Handwerker, Kraftfahrer sowie Generationen leidgeplagter Schüler, für die das Warten auf Bus oder Bahn zum Alltag gehört, kennen sich mit der prekären Verkehrssituation in Bonn und der Region aus. „Bonn ist Stauhauptstadt“, bekräftigte denn auch Professor Dr. Stephan Wimmers, Geschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg und Mitglied im Beirat des „bio innovation park Rheinland“ (bioIP) bei einem digitalen Treffen des Vereins. Der Fachmann referierte beim „MittagsZoom“ zur Frage „Ist der Verkehrskollaps in Bonn/Rhein-Sieg noch vermeidbar? - Eine Stauschau vom Meckenheimer Kreuz über den Tausendfüßler zur Flughafenautobahn“.

Reihe zu Innovationen in der Region 

Im Rahmen des neuen Formats sollten in lockerer Reihenfolge Menschen zu Wort kommen, die zur Innovation in der Region etwas zu sagen haben, erklärte Moderator Bert Spilles vor rund 25 Teilnehmern. Der ehemalige Meckenheimer Bürgermeister ist seit September 2020 Vorsitzender des Vereins „bioIP Rheinland“, der sich im Schulterschluss mit Wissenschaft und Wirtschaft der Forschung für den Klimaschutz verschrieben hat. Beim Mittagszoom beschäftigte sich ein illustrer Kreis aus acht Beiratsmitgliedern und Gästen mit Fragen zur Verkehrsplanung. Experte Wimmers lieferte Zahlen und Fakten, unter anderem zu dem 60 Jahre alten Autobahnteilstück der A565 zwischen Bonn-Endenich und dem Kreuz Bonn-Nord.

Ursprünglich ausgerichtet für 70.000 Autos, rollen inzwischen täglich zirka 93.000 Personenkraftwagen über das in die Jahre gekommene Brückenteil. Angesichts der in allen Bereichen steigenden Zahlen der Verkehrsteilnehmer stellte sich die Frage, ob die von Bürgern als Chaos empfundene Situation selbst mit dem geplanten sechsspurigen Ausbau des sogenannten Bonner Tausendfüßlers oder der geplanten nördlichen Rheinquerung bei Niederkassel entschärft werden kann.

Neue Wege gemeinsam denken

Um die Situation nicht zuletzt auch auf der Bonner Reuterstraße zu entspannen, über die aktuell täglich 50.000 Autos rollen, müssten neue Wege gedacht und müsste vor allem interkommunal zusammengearbeitet werden, war man sich einig: „Bonn kann man nicht alleine denken oder planen, man muss die Region dazunehmen“, erklärte der CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Christos Katzidis aus Bonn. Größere Verkehrsprojekte und lokale Lösungen wie der Ausbau von Park& Ride-Stationen, Fahrradwegen und ÖPNV-Angeboten müssten zusammengedacht werden.

Auch gelte es, mit dem Ausbau des neuen 5G-Mobilfunks Voraussetzungen für autonomes Fahren zu schaffen, ergänzte Rheinbachs ehemaliger Bürgermeister Stefan Raetz, der ebenso eine Lanze für den Rhein-Sieg-Kreis als Wasserstoffregion brach. Christos Katzidis sah in Home-Office-Lösungen ebenfalls Potenzial zur Verkehrsentlastung. Beim Bau von neuen Firmenzentren müsse Wohnraum mitgeplant werden, um Verkehr zu vermeiden.

Sascha Essig, Grünen-Kommunalpolitiker aus Niederkassel, betonte die Notwendigkeit, den motorisierten Individualverkehr zu verringern: „Im Stau steht ein Pkw hinter dem anderen – und in jedem Auto sitzt nur eine Person.“ Das grundsätzliche Problem ließe sich nicht allein durch den Ausbau von Straßen lösen, denn die Zahl der Verkehrsteilnehmer könne nicht „endlos“ gesteigert werden. Meckenheims Bürgermeister Holger Jung wies auf die erst kürzlich neu eröffnete E-Bike-Station am Meckenheimer Industriepark hin und betonte: „Auf kommunaler Ebene wird etwas getan.“ Problematisch seien die langen Planungsprozesse.

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Als ein Beispiel für innovative Ideen führte Stephan Wimmers die Entkopplung von Fahrradwegen und Autostraßen an. Bei der Einführung der Umweltspur habe man außerdem mit Anreizen gearbeitet, indem man den Sonderstreifen für Busse und Räder auch für Pkws mit mindestens drei Insassen freigab.

Der Alfterer Kreistagsabgeordnete Wilhelm Windhuis (Grüne) monierte am Vortrag von Professor Wimmers „eine gewisse Pkw-Lastigkeit“. Ziel einer dringend erforderlichen Verkehrswende sei vielmehr ein Ausbau von ÖPNV und Fahrradstrecken, denn „mehr Straßen bedeuten auch mehr Verkehr.“ Moderator Bert Spilles warb für parteiübergreifende Lösungen – und E-Bikes: „Der Radius erweitert sich enorm.“

„MittagsZoom“ mit bioIP-Beiratsmitglied Heiner Goldbach, Professor Emeritus für Agrarökologie, am Donnerstag, 24. Juni; Thema: „Ist die Pflanze noch gesund?“ 

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