Professor Bernd StieglerFeen verdrängen Sherlock Holmes

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Das ehrwürdige Museum of London widmete im Herbst 2014 dem Bestsellerautor und Vater von Sherlock Holmes, Sir Arthur Conan Doyle, eine Sonderausstellung (hier ein Porträt). (Foto: dpa)

Das ehrwürdige Museum of London widmete im Herbst 2014 dem Bestsellerautor und Vater von Sherlock Holmes, Sir Arthur Conan Doyle, eine Sonderausstellung (hier ein Porträt). (Foto: dpa)

Bonn – Wer hätte gedacht, dass der Erfinder des vernunftgesteuerten Sherlock Holmes ein heißblütiger Verfechter des Spiritismus gewesen ist? Auf der Hand liegt dies freilich nicht, löst doch der Detektiv Fall um Fall mit Hilfe der Denkleistung seiner „grauen Zellen“ sowie den fortschrittlichen Prinzipien der Logik.

1887 publizierte der junge Arthur Conan Doyle (1859-1930) seine erste Geschichte über den analytisch arbeitenden Privatermittler Holmes, der gemeinsam mit seinem Freund Dr. Watson den Bösewichten in London und Umgebung das Handwerk legte. Dass Conan Doyle, der neben seinen Sherlock Holmes Stories wesentlich mehr veröffentlichte wie zum Beispiel historische Romane, politische Pamphlete und mystische Erzählungen, selbst aber ein „zutiefst antimoderner Autor“ war und seinen „consulting detective“ Holmes „eigentlich rasch wieder los werden wollte“, erläuterte der Professor für Neuere Deutsche Literatur, Bernd Stiegler, in seinem Werk „Spuren, Elfen und andere Erscheinungen – Arthur Conan Doyle und die Photografie“, welches der Gelehrte von der Universität Konstanz nun in der Buchhandlung Böttger vorstellte.

Nur die lukrativen Angebote der Verleger, die aufgrund der großen Popularität seiner Figur bei dem Schriftsteller eingegangen seien, so Stiegler, hätten Conan Doyle dazu bewegt, seinen Protagonisten wieder auferstehen zu lassen und ihm somit ermöglichte, sein Interesse am Spiritismus zu finanzieren. Einen kleinen Verlag, der spiritistische Werke publizierte, einen Buchladen samt Bücherei mit diesem Themenschwerpunkt und zahlreiche Vortragsreisen unternahm der geistige Vater von Sherlock Holmes und verfolgte den Spiritismus mit missionarischem Eifer.

„Selbst als Fotograf lausig“, so Stiegler, beschäftigte sich der bestbezahlte Autor seiner Zeit sein ganzes Leben hinweg mit dem Einsatz von Lichtbildaufnahmen für seine Zwecke. Während der Arzt dieses Medium in seiner Kampfschrift „The Crime of Congo“ dazu benutzte, um die Gräueltaten der belgischen Kolonialherren an der Bevölkerung zu verdeutlichen, also die Fotografie dem Zwecke der Aufklärung diente, spiele sie bei seinem Abenteuerroman „The lost world“ eine komplett andere Rolle. Mittels Fotos von einem vermeintlichen Hochplateau, Dinosaurierspuren und gar dem Autor selbst als Expeditionsteilnehmer kreierte Conan Doyle eine Realität, die nicht der Wahrheit entsprach.

Zudem glaubte der Bestseller-Autor so genannten spiritistischen Fotografen, auf deren Bildern Verstorbene zu sehen sein sollten, und hielt die Aufnahmen der Feen von Cottingley für unzweifelbar echt. Was sein Held Sherlock Holmes zu diesen Schlussfolgerungen wohl gesagt hätte, bleibt das Geheimnis von Sir Arthur Conan Doyle. Doch Bernd Stieglers Werk ist in jedem Falle lesenswert und beleuchtet auf unterhaltsame wie lehrreiche Weise eine vollkommen unbekannte Seite des vielschichtigen Schriftstellers.

Bernd Stiegler: „Spuren, Elfen und andere Erscheinungen. Conan Doyle und die Photografie“ ist bei S. Fischer erschienen und kostet 22,99 Euro.

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