„Spiel ohne Grenzen“Vor 50 Jahren wurde ein „Baggerführer“ zur Legende

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Dank der Unterstützung Tausender Bürger waren die Rheinbacher nicht zu schlagen.

Dank der Unterstützung Tausender Bürger waren die Rheinbacher nicht zu schlagen.

Rheinbach – Es war ein unvergessliches Ereignis, das die Menschen in der Stadt Rheinbach wochenlang in Atem hielt und am Ende für einen alle erfassenden Freudentaumel sorgte: Heute vor 50 Jahren, am 8. Mai 1971, gewann Rheinbach beim legendären Fernsehduell „Spiel ohne Grenzen“ gegen die Stadt Warburg in Westfalen deutlich mit 20:4-Punkten.

Schätzungsweise 5000 Zuschauer verfolgten das Spektakel auf dem Prümer und dem Himmeroder Wall, wo extra Tribünen errichtet worden waren, und trieben die Heimmannschaft zum ungefährdeten Sieg.

Der damalige Trainer der Glasstadt-Mannschaft, Bernd Beißel, erinnert sich im Gespräch mit der „Bonner Rundschau“ zurück: „Schon Wochen vor der Ausstrahlung gab es in der Stadt praktisch kein anderes Thema mehr, zumal der ausrichtende Westdeutsche Rundfunk (WDR) schon 14 Tage zuvor damit begonnen hatte, auf dem Prümer Wall die Kulissen für die Sendung aufzubauen. Dem Motto der Sendung entsprechend verliehen Sandhaufen, ein Betonmischer, ungedeckte Dächer, Telefonmasten, ein Kran und ein Baggern den Wällen den Charakter einer Großbaustelle.“

Das Team: Ernst Schön (Teamleiter), Bernd Beißel (Trainer und Spieler), Dieter Heuel, Toni Schneider, Josef Scheben, Bernd Büser, Josef Trimborn, Paul Nelles, Günther Rohde, Paul Groher, Horst Bach, Robert Donie, Manfred Kemp, Leo Wolff, Hugo Spreen, Hans Müller, Wilfried Hein, Hans Günther Paulik, Peter Vornhagen, Leo Nederstegt. 

Das Team: Ernst Schön (Teamleiter), Bernd Beißel (Trainer und Spieler), Dieter Heuel, Toni Schneider, Josef Scheben, Bernd Büser, Josef Trimborn, Paul Nelles, Günther Rohde, Paul Groher, Horst Bach, Robert Donie, Manfred Kemp, Leo Wolff, Hugo Spreen, Hans Müller, Wilfried Hein, Hans Günther Paulik, Peter Vornhagen, Leo Nederstegt. 

In monatelangem Training bereitete der spätere Hauptschulrektor und verdiente Kommunalpolitiker, damals noch 26-jähriger Junglehrer für Mathematik und Sport an der Hauptschule, die Mannschaft vor. „Wir trafen uns in der Turnhalle am Dederichsgraben zu einem speziellen Zirkeltraining oder zum Waldlauf bis zum Beuelskopf und zurück“, erinnert sich Beißel. So waren die Rheinbacher bestens vorbereitet für die zehn Spiele des Wettbewerbs, die Körper und Geist forderten. Das Lampenfieber war unfassbar hoch, am Tag vor der Sendung gab es immerhin eine Generalprobe, zu der die Rheinbacher Schulkinder als Publikum eingeladen waren.

Beißel erinnert sich heute mit einer Gänsehaut zurück an den Wettkampftag: „Der Vormittag war von drückender Schwüle gekennzeichnet, die sich gegen Mittag in einem Gewitter entlud. Doch rechtzeitig, gut eine Stunde vor Spielbeginn, strahlte die Sonne von einem wolkenlosen Himmel, beste Voraussetzungen für das darauffolgende Spektakel!“

Schätzungsweise 5000 Zuschauer erwarteten, mit Fahnen und Tröten ausgerüstet, gespannt die Wettkämpfe auf der „Großbaustelle“ und feuerten das einheimische Team immer wieder an: „Rheinbach vor!“

Die Sendung

In den Jahren 1965 bis 1982 war die Fernsehshow „Spiel ohne Grenzen“ in der ARD ein regelrechter Straßenfeger, den am Samstagnachmittag um 15 Uhr ein Großteil der Fernsehzuschauer mitverfolgte. Zwei Städte traten darin in einem spektakulären Wettbewerb auf nationaler und die jeweiligen Sieger anschließend auf internationaler Ebene gegeneinander an.

Pünktlich um 15 Uhr begrüßte der berühmte Fernsehmoderator Camillo Felgen die Gäste aus Warburg und die begeistert Fahnen schwenkenden Rheinbacher. Beim ersten Spiel mussten die „Sandwerfer“ Dieter Heuel, Toni Schneider und Josef Scheben innerhalb von zwei Minuten Sand über eine Mauer schippen, den Bernd Beißel auf der anderen Seite mit einer Betonmischmaschine auffing. „Dabei habe ich kiloweise Sand gefressen“, schmunzelt Beißel. Der Sand wurde dann jeweils in Bottiche entleert und am Ende gewogen. Das Spiel endete mit 544 zu 287 Kilogramm für Rheinbach. Das war der Auftakt zu einer Siegesserie in den folgenden acht Spielen. Erst beim Stand von 18:0 gelang den Warburgern schließlich der erste Punktgewinn.

Der Baggerführer wurde zum Triumpf

„Das spektakulärste Spiel war der ,Baggerführer’. Hans Müller, später Hausmeister der Grundschule in Merzbach, erwies sich da als Meister seines Faches. Ihm gelang es dank eines unglaublichen Feingefühls für seine Maschine innerhalb von drei Minuten nacheinander drei Bierflaschen mit den stählernen Wangen des Baggerlöffels von einem Podest aufzunehmen und stehend in einen Bierkasten auf einem zweiten Podest abzusetzen. Dem Warburger Spieler gelang dies kein einziges Mal. Als der aus Frust die beiden Podeste mit der Baggerschaufel zertrümmerte, prasselten ein gellendes Pfeifkonzert und hämischer Beifall auf ihn nieder.“ Am Ende gewann Rheinbach mit 20:4 Punkten und hatte sich damit für den internationalen Wettbewerb in Rotterdam qualifiziert. In der Stadthalle gab es eine große Siegesfeier, doch die Mannschaft um Teamleiter Ernst Schön und Trainer Bernd Beißel zog es vor, im „Haus Streng“ unter sich zu bleiben und bis in den frühen Morgen hinein in feuchtfröhlicher Runde die Ereignisse des Tages Revue passieren zu lassen.

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Die Teilnahme am internationalen Wettbewerb am 7. Juli 1971 in Rotterdam verlief für die Rheinbacher dann entgegen aller Erwartungen weniger glücklich, zumal nach Ansicht vieler Beobachter nicht alles mit rechten Dingen zuging. Sämtliche drei Kameraproben hatten die Glasstädter haushoch gewonnen, doch beim Wettbewerb selbst warfen technische Pannen die Favoriten immer wieder zurück, und am Ende gewannen die Gastgeber aus Holland.

Sobald die Corona-Lage es zulässt, plant Beißel ein Treffen mit den neun noch lebenden Mitstreitern von damals. „Beim Anschauen der Videoaufnahme des Wettstreits werden alte Erinnerungen und so manche Anekdote wieder lebendig“, ist er sich sicher und fügt hinzu: „Dass uns diese Aufnahmen als zeitgeschichtliches Dokument zur Verfügung stehen, ist dem Engagement von Fritz Berg zu verdanken.“ Als langjähriger Vorsitzender des Brauchtumsvereins hatte der frühzeitig vom WDR die Aufzeichnung der Fernsehsendung auf einer Videokassette der ersten Generation im VCR-Format erworben und ließ sie später auf eine DVD brennen.

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