Wie sehen Ortsvorsteher ihre Orte, die laufende Entwicklung und welche Ziele haben sie sich gesetzt? Die Rundschau hat sich in verschiedenen Orten des Rhein-Sieg-Kreises umgeschaut, auch im Rheinbacher Höhenort Queckenberg.
OrtsportraitTrotz Glasfaser ist Quenckenberg ein „Rheinbacher Stiefkind“

In dem Rheinbacher Höhenort wohnen zurzeit 786 Einwohner, das sind rund 40 weniger als noch vor zehn Jahren.
Copyright: Gabriele von Törne
Mit einer zukunftsorientierten Planung und Gestaltung soll das Leben, Wohnen und Arbeiten für die Bürger von ganz Rheinbach nicht zuletzt vor dem bundesweiten Ziel der Klimaneutralität bis 2045 stetig weiterentwickelt werden. Doch wird bei den mannigfaltigen Projekten zur Stadtentwicklung, zur Bewältigung des Klimawandels und zur Steuerung der Energiewende an ganz Rheinbach gedacht? Queckenbergs Ortsvorsteherin Ilka Rick findet: „Nein! Die kleinen Orte werden stiefkindlich behandelt.“ Und mit dieser Auffassung steht sie nicht alleine.
In den Höhenorten scheint die Entwicklung trotz der vor einigen Jahren verlegten Glasfaserkabel, die immerhin schnelles Internet garantieren, stehengeblieben zu sein. Eine Parallele zum kleinen gallischen Dorf tut sich auf, nur dass ein Zaubertrank fehlt, mit dem die Queckenberger wie im „Asterix und Obelix“-Comic ihre Anliegen durchboxen könnten. Und so fühlen sich die Bewohner in den Höhen der Voreifel, die oft liebevoll als „Rheinbacher Schweiz“ bezeichnet werden, nicht selten ausgegrenzt und ungehört, zum Beispiel bei Baulandausweisung und Verkehrsberuhigung.

Ortsvorsteherin Ilka Rick über ihrem Heimatort Queckenberg, idyllisch eingebettet in Wald, Wiesen, Feldern.
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„Wenn irgendjemand ,ganz Rheinbach'sagt, dann bin ich mir sicher, dass diese Person dabei nicht an Queckenberg denkt, geschweige denn an zugehörige kleinere Ortsteile“, sagt Rick. Jungen Leuten bleibe oft nichts anderes übrig, als wegzuziehen, da kein Bauland ausgewiesen werde und Wohnraum knapp sei. Die 59-Jährige ist mit ihrem Mann Guido, der gebürtig aus Loch stammt, vor 31 Jahren in den idyllisch gelegenen Stadtteil gezogen. Seit 2003 vertritt sie als Ortsvorsteherin die Interessen ihres Ortes gegenüber der Gemeinde und dem Gemeinderat. Sie ist Ansprechpartnerin für alle 786 zurzeit in Queckenberg und in seinen Ortsteilen lebenden Menschen, das sind rund 40 weniger als noch vor zehn Jahren.
Dazu gehören die Anwohner des Siedlungsplatzes „Haus Winterburg“ sowie die Bürger der Ortsteile Eichen, Hardt, Sürst und Loch, das in einer Senke liegt und von der Flutkatastrophe vor vier Jahren schwer betroffen war. Die CDU-Ratsfrau nimmt Anliegen, Wünsche und Beschwerden entgegen und leitet sie weiter. Trotz ihrer langjährigen politischen Tätigkeit – seit 2016 ist sie stellvertretende Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes Rheinbach – sei das nicht immer einfach. Und das liege nicht zuletzt daran, dass die von der Rheinbacher Innenstadt nur 15 Autominuten entfernt liegenden Dörfer nicht wirklich im Bewusstsein der rund 120 Höhenmeter tiefer wohnenden „Städter“ präsent seien.
Mangel an Bauland
Die Mutter von zwei Kindern spricht aus Erfahrung. Im Dorf gebe es zurzeit nur eine Baulücke, doch niemand wisse, wem das Land gehöre. Auch ihre Tochter hätte gerne im Ort gewohnt, habe sich jedoch mangels Bauland umorientieren müssen. Junge Menschen zwischen 30 und 40 Jahren fehlten demnach im Dorf und in den Vereinen: „Man sieht sie nicht.“ Dabei gebe es noch einige Flächen am Hang, die zu Bauland umgewidmet werden könnten, die Nachfrage sei vorhanden, weiß Rick, und zeigt in Richtung eines Maisfeldes, das oberhalb eines solitär stehenden Baumes liegt. Überzeugt zählt die Ortsvorsteherin die Vorzüge des ländlichen Wohnens auf, angefangen von den im Vergleich zur Stadt günstigeren Immobilienpreisen über die schöne Lage inmitten von Wiesen, Wald und Feldern bis hin zur nahe gelegenen Madbachtalsperre, die als Naherholungsgebiet dient.
Die Nähe zur Natur sei optimal für junge Familien, die Kinder könnten draußen frei spielen, die Dorfgemeinschaft sei intakt: „Die Menschen achten aufeinander, hier kommt niemand weg.“ Auffällig im Ortsbild sind die zahlreichen Reiter, die bei vier Pferdepensionen auch in der Ortsmitte von Queckenberg keine Seltenheit, sondern eher die Regel sind. Etwa 90 Prozent der Anwohner pendeln zur Arbeit, schätzt Rick. Sie arbeitet bei einer großen Krankenkasse in Euskirchen, auch von zu Hause aus. Homeoffice sei auch für örtliche Mediendesigner und Ingenieure kein Problem, Familien mit Kindern hätten zu Coronazeiten ausreichend Bandbreite gehabt. Ein auf Initiative von Rick durchgeführter Glasfaserausbau vor sieben Jahren habe es möglich gemacht.

Stolz sind die Queckenberger auf ihre Madbachhalle, die als Mehrzweckhalle Treffpunkt der Vereine ist.
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Stolz sind die Queckenberger auf ihre Madbachhalle, die im nächsten Jahr einen neuen Anstrich erhalten soll, neue Möbel sind bereits bestellt. Die Mehrzweck- und Sporthalle dient den Vereinen als Treff- und Übungsort. Seit der Flut ist die Halle zudem als Selbsthilfe-Standort ausgerüstet, im Ernstfall sollen Menschen dort Hilfe finden. „Über die Halle bin ich froh und dankbar, ich weiß, dass uns viele darum beneiden.“
In der Nähe der Madbachhalle, schräg gegenüber dem ehemaligen Trafo-Turm, der jetzt dem Nabu gehört und in dem Falken nisten, liegt die einzige Bushaltestelle von Queckenberg. Sie wird montags bis freitags von der Linie 802 angefahren, die am Rheinbacher Bahnhof endet. Zusätzlich hält dort die Buslinie 741. Auf Anmeldung hin fährt ein TaxiBus die Route der Linie ab und bringt die Queckenberger dann auch bis zum Ärztehaus. Der auf Ricks Anregung hin eingesetzte TaxiBus habe sich gut etabliert: „Darüber bin ich echt froh.“ Die Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr werde von den Bürgern als ausreichend empfunden. Probleme mit dem Transport der Schüler zur Merzbacher Grundschule und zu den weiterführenden Schulen gebe es keine: „Die Queckenberger Kinder kommen in die Schule.“
Nahversorger fehlt
Wermutstropfen sei allerdings der fehlende Nahversorger, auch einen Arzt gebe es nicht. In den Räumen eines ehemaligen Lebensmittelgeschäftes im benachbarten Loch hat ein Fensterbauer seinen Betrieb eröffnet. Zwar hält ein landwirtschaftlicher Betrieb einiges an Obst und Gemüse, Milchprodukten und im Sommer Speiseeis vor, doch würden sich die Queckenberger ein kleines Café oder einen Tante-Emma-Laden mit einem Angebot an frischem Brot und Brötchen sowie Grundnahrungsmitteln wüschen.
Ein sensitives Thema ist ebenfalls der motorisierte Individualverkehr, der in den Monaten von Mai bis Oktober die Ortsdurchfahrt als Rennstrecke nutze und die nächtliche Ruhe störe. Um den durchheizenden Motorrädern, Traktoren und schnellen Autos Einhalt zu gebieten, haben Anlieger auf eigene Faust Tempo 30 Schilder aufgestellt. Durch die Schilder haben sich die als „Touri-Heizer“ bezeichneten Nervensägen auf ihrem Weg an die Ahr oder Richtung Nürburgring bisher allerdings nicht stoppen lassen. Aus diesem Grunde seien mehr Kontrollen und eine Geschwindigkeitsreduzierung wünschenswert, findet Rick.

Schönes Plätzchen mit Aussicht: Am Queckenberger Obst- und Gemüsehof der Familie Früh thront die Sitzbank in Form einer Kuh.
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Auch gegen die geplanten Windkraftanlagen im Flamersheimer Wald zeigen die Queckenberger Flagge. Eine im Ort mit an Gartentoren befestigten Handzetteln präsente Bürgerinitiative spricht sich gegen Windräder in unmittelbarer Nähe von Siedlungen aus. Sinnvoller sei es, die Anlagen auf bereits erschlossene Flächen im Gewerbegebiet Euskirchen zu errichten, dort müsse kein kostbarer Waldboden versiegelt werden, kein Wohnhaus sei vom Lärm und Schattenwurf betroffen. Für Ortsvorsteherin Rick sind zehn Windräder im Wald undenkbar, rund 200 Queckenberger hätten sich in einer WhatsApp-Gruppe gegen die hohen Anlagen in der Nähe eines Naturschutzgebietes ausgesprochen: „Die Mehrheit der Queckenberger ist dagegen.“ Ebenso Bürger aus Bad Münstereifel und Schweinheim missbilligten die Pläne. Noch in den letzten Monaten ihrer Amtszeit habe sie als Ortsvorsteherin darum gekämpft, dass keine Windräder kommen, sagt Ilka Rick. Nach jahrzehntelangem Einsatz wird sie bei der anstehenden Kommunalwahl in ihrem bisherigen Wahlkreis 160 nicht mehr antreten.