Pallottiner in RheinbachOrden hat eine Kirche zu verschenken

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Die Pallotti-Kirche wird im Februar 2021 entweiht. Ihr Schicksal ist ungewiss.

Die Pallotti-Kirche wird im Februar 2021 entweiht. Ihr Schicksal ist ungewiss.

Rheinbach – Nach 85 Jahren neigt sich die Zeit der Pallottiner in Rheinbach dem Ende entgegen. Das machten Missionssekretär Pater Markus Hau, Provinzökonom Pater Rainer Schneiders und Provinzrat Pater Alexander Holzbach SAC in der Aula des ehemaligen Vinzenz-Pallotti-Kollegs (VPK) deutlich.

Ein noch nicht näher bestimmtes Kunstwerk soll zwar in absehbarer Zeit auf dem Gelände des ehemaligen VPK an die Historie erinnern, „aber uns wäre noch wichtiger, dass etwas von unserem Geist bleibt“, machte Hau klar. „Wir hoffen, dass die Pallottiner in fast einem Jahrhundert etwas gesät haben, das weiter gedeiht.“ Gebäude allein machten den Geist jedenfalls nicht aus.

Statt Schule und Internat das Wohngebiet „Pallotti-Areal“

Aus Altersgründen sowie aus Personalmangel sei es der Gemeinschaft nicht mehr möglich, den Standort aufrechtzuerhalten, begründete Hau den Abschied. Das komplette Gelände der ehemaligen Internate und der Schule sei bereits an die Immobilienentwickler BPD (Köln) verkauft worden. Auf ihm soll das neue Wohngebiet „Pallotti-Areal“ entstehen.

Pallotti-Kirche wird profaniert

Die Pallotti-Kirche wird am 6. Februar profaniert. Dies ist ein kirchlicher Akt, ein Ritus, der aus einer geweihten Kirche ein weltliches Gebäude macht.

Dabei wird ein Dekret des Bischofs verlesen. Reliquien des Altars, das Allerheiligste und die Heiligenbilder werden aus der Kirche getragen.

Orgel, Geräte und liturgische Gegenstände sollen an das Bistum Pristina im Kosovo abgegeben werden. Bänke, Altar, Ambo und Tabernakel erhalten einen Platz in einer neuen Kirche im Kosovo.

Die Madonna soll nach Kamerun verschenkt werden, wo der Pallottinerbischof Bruno Ateba arbeitet. Das Metallkreuz und der gleichgestaltete Tabernakel sollen in das neue Jugendzentrum der Pallottiner nach Mbaukwu im Süden Nigerias gehen. (jst)  

Indes seien die Verhandlungen über den Verkauf des unter Denkmalschutz stehende Kommunitätsgebäudes an der Koblenzer Straße und des daran rechtwinklig anschließenden funktionalen Aula-Traktes in der Pallottistraße ebenfalls auf der Zielgeraden, berichtete Schneiders. Der Anbau aus der Nachkriegszeit werde vom künftigen Besitzer wohl abgerissen, während im historischen Bauwerk voraussichtlich eine Art Betreutes Wohnen entstehen werde.

Bestehen bleiben soll zumindest die Kapelle auf dem Trümmerhügel, sie werde in das neue Konzept des „Pallotti-Areals“ eingebunden. Die Tage der Pallotti-Kirche hingegen scheinen gezählt, denn wenn nicht bis zum Jahresende ein tragfähiges Konzept für die Weiternutzung auf dem Tisch liegt, wird das Gotteshaus wohl im kommenden Frühjahr dem Erdboden gleich gemacht.

Kirche wird im Februar entweiht

Mit der Profanierung am 6. Februar 2021 ist ihr Ende als sakrales Gebäude ohnehin besiegelt. „Eine Kirche braucht eine Gemeinde und Priester, die dort die Eucharistie feiern. Da die Pallottiner Rheinbach verlassen, ist das nicht mehr gewährleistet“, so Schneiders.

Dabei seien die Pallottiner sogar bereit, das Gebäude zu verschenken, erklärte Schneiders. Doch dafür brauche es einen Interessenten, der bereit sei und auch die finanziellen Mittel habe, die notwendigen Investitionen zu schultern. „Ein ernsthafter Interessent müsste über Millionen verfügen“, machte Schneiders klar.

Das Dach stehe ebenso an wie eine neue Heizungsanlage, zudem müssen genügend Parkplätze geschaffen werden, und dies seien nur die dringendsten Maßnahmen. Das Kapital, um etwa einen Kulturort zu schaffen, käme da noch hinzu.

Wenn sich allerdings bis zum Jahresende niemand finde, müsse man über Verkauf oder eine ganz andere Verwendung, im Zweifelsfall auch über den Abriss durch den künftigen Besitzer nachdenken. Für das Grundstück ohne die Kirche gebe es nämlich durchaus eine Nachfrage, schließlich handle es sich um ein interessantes innerstädtisches, bebaubares Gelände.

Wobei Hau auch betonte: „Keine Lösung ist einfach, und uns liegt nicht daran, einen hohen Gewinn mit der Kirche zu erzielen. Es kann aber auch nicht von den Pallottinern erwartet werden, eine hohe Investition in ein Gebäude zu stecken, in dem sie nicht mehr sein werden.“

Ihre Zukunft sehen die Pallottiner in Afrika. So werde in Nigeria ein neues Jugendzentrum aufgebaut. Wie in Rheinbach nach dem Krieg soll auch dort der Jugend eine Perspektive gegeben werden. Das Projekt sei jedoch für die deutsche Provinz eine sehr große Herausforderung, auch finanziell.

Geschichte der Pallottiner in Rheinbach

1892 kamen die Pallottiner als „Missionsorden“ von Rom nach Deutschland und waren immer auf der Suche nach Schülern, „von denen sie hofften, dass viele selbst Pallottinerpatres und Missionare werden würden“, erläutert Provinzrat Pater Alexander Holzbach. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts boomte der Nachwuchs. Vor diesem Hintergrund sei auch die Übernahme des „Collegium Hermannianum“ 1935 in Rheinbach zu sehen.

Bis 1967 betrieben die Pallottiner hier parallel zwei Ausbildungsstätten: Das übernommene Konvikt, das ab 1945 „St. Albert“ hieß und in der ehemaligen Tomburgstraße, der heutigen Straße „Stadtpark“, angesiedelt war. Und das Hermann-Josef-Kolleg, das ab 1945 dezidiert Nachwuchsschule der Pallottiner war. Diese hatte vor dem Krieg in Vallendar bestanden.

1963 erhielt die Schule die staatliche Anerkennung und hieß nun Vinzenz-Pallotti-Kolleg (VPK). Schule und Internat wurden ausgebaut und hatten zu Glanzzeiten mehr als 800 Schüler.

Kosten und Personal ließen bei den Pallottinern jedoch immer mehr die Frage nach dem Fortbestand des Standortes aufkommen. So kam es dann ab 2012 zu dem Prozess des Abbaus des VPK, der nun endgültig abgeschlossen werden soll. (jst)  

Deshalb werde ein großer Teil des Geldes aus dem Verkauf des Grundstücks hinter der Kirche zum Aufbau dieses Jugendzentrums verwandt. „Die Gemeinschaft wagt da viel, und es kostet Millionen – die aber gut investiert sind, nämlich in die Entwicklung Afrikas und für die Menschen“, so Hau.

Er hoffe, dass die Rheinbacher die Pallottiner in Afrika unterstützen werden. „Ich würde gerne versuchen, da eine Brücke zu bauen, immer wieder Informationen hierher zu bringen, was aus dem Rheinbacher Erbe im fernen Afrika geworden ist.“

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