Angriff auf 81-JährigenGericht spricht Niederkasselerin von Totschlagvorwurf frei

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Das Landgericht in Bonn 

Bonn/Niederkassel – Der Fall bleibt weiterhin mysteriös. Ein alter Herr, 81 Jahre alt, Vater von vier Kindern, wird im Februar 2021 in seinem Haus mit einem langstieligen Beil äußerst brutal attackiert: In kurzer Folge wird wiederholt auf den Kopf des im Bett liegenden Rentners eingeschlagen, bis sein Schädel gespalten ist. Der Schwerverletzte muss anschließend noch ins Badezimmer gerobbt sein. Denn gefunden wurde der Bewusstlose zwei Tage später in der Badewanne. An den Folgen des Angriffs verstarb der Mann anderthalb Jahre später; aus dem Wachkoma ist er nie mehr aufgewacht.

Das Geheimnisvolle in diesem Kriminalfall: Sämtliche Türen zu seiner Wohnung waren von innen abgeschlossen gewesen, sodass die Retter sogar ein Fenster einschlagen mussten. Nachdem es keinerlei Spuren von gewaltsamem Eindringen in das Haus gab, kam für die Ermittler nur eine Person in Frage: Die 52-jährige Tochter, die zur Tatzeit mit ihrem Vater unter einem Dach lebte, und einen Schlüssel für eine stählerne Verbindungstür von ihrer Einliegerwohnung hatte. Aber dieser Verdacht ist Spekulation geblieben.

Bonner Richter schließen Suizid des 81-Jährigen in Niederkassel aus

Denn das Bonner Schwurgericht hat die 52-jährige Angeklagte - von Geburt an taubstumm - gestern vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen. „Wir können der Angeklagten nicht nachweisen, dass sie ihren Vater getötet hat. Auch nicht, dass es ihr möglich war, in die verschlossene Wohnung einzudringen.“ Denn dafür hätte der Schlüssel der Verbindungstür von innen senkrecht stehen müssen, millimetergenau: „Nicht drei Minuten vor oder nach zwölf,“ so der Kammervorsitzende Klaus Reinhoff; aber dieser Beweis sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu führen.

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Auch das angespannte Verhältnis von Vater und Tochter reiche nicht als Motiv für so ein gewalttätiges Verbrechen aus. Der 81-Jährige hatte sich aus Furcht vor einer Corona-Ansteckung in seiner Wohnung eingeschlossen, er wollte auch nicht, dass die Tochter ihn besucht. Zudem bestand der durchaus dominante Herr darauf, dass sie wieder auszieht - aber da habe die 52-Jährige wohl auf stur geschaltet.

Die Bonner Richter haben die Möglichkeit ausgeschlossen, dass der 81-Jährige einen Suizid begangen haben könnte. „Er war ein lebensfroher Herr, der sein Leben liebte und sich mit absoluter Sicherheit nicht selber das Leben genommen hat.“ Das belegten auch Verletzungen, die untypisch für einen Suizid seien.

Mutmaßlicher Angriff auf Vater: Niederkasselerin hatte die Vorwürfe immer bestritten

Die Kammer jedoch ist sich in einem sehr sicher: Der Mörder des 81-Jährigen muss sich am Tatort sehr gut ausgekannt haben, so Reinhoff, und war womöglich im Besitz eines Schlüssels gewesen. Damit bliebe der Kreis der Verdächtigen sehr überschaubar - und auch ein wenig unheimlich.

Nach dem Freispruch hat die Angeklagte keine besondere Regung gezeigt. Die 52-Jährige hatte die Vorwürfe immer bestritten und sich im Prozess nicht geäußert. Reglos auch die Reaktion ihrer Zwillingsschwester, die ihr als Nebenklägerin gegenüber saß. Die beiden Frauen haben sich keines Blickes gewürdigt - und haben sich auch auf dem Weg ins Freie gemieden.

Nach dem Freispruch muss in dem ungelösten Fall jetzt neu ermittelt werden.  

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