Bonner HofgartenBalkenhols Skulptur enthült – Kunstwerk spaltet Gemüter

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Hommage an August Macke: Vor der Skulptur (Mitte, v.l.) OB Ashok Sridharan, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Altkanzler Gerhard Schröder mit seiner Frau Soyeon Kim, Bildhauer Stephan Balkenhol und Stiftungsvorsitzender Walter Smerling.

Hommage an August Macke: Vor der Skulptur (Mitte, v.l.) OB Ashok Sridharan, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Altkanzler Gerhard Schröder mit seiner Frau Soyeon Kim, Bildhauer Stephan Balkenhol und Stiftungsvorsitzender Walter Smerling.

BONN – Ist er nun eine dümmliche und gelangweilt drein blickende Figur unter einem verkitscht anmutenden Baldachin, wie ein Leserbriefschreiber meinte, oder ist es der große Wurf eines renommierten deutschen Bildhauers? Die Skulptur von Stephan Balkenhol, die gestern Vormittag im Hofgarten unweit des Akademischen Kunstmuseums im Beisein von mehreren 100 Neugierigen enthüllt wurde, dürfte zu kontroversen Diskussionen führen. Macht nichts, Auseinandersetzungen bereichern vielmehr das urbane Lebensgefühl, waren sich die Festredner von OB Ashok Sridharan über Altkanzler Gerhard Schröder bis zu NRW-Ministerpräsident Armin Laschet einig.

4,5 Meter hoher Pavillon mit farbenfrohem Dach

„Das ist Kunst, die gefällt, ohne gefällig zu sein“, brachte es Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom, in einer pointierten Rede auf den Punkt. Um sofort hinzuzufügen: „Ich finde diese Skulptur großartig und stelle sie sofort in meinen Garten, wenn die Bonner sie nicht wollen.“ Mal abwarten, wie sie angenommen wird.

August Macke richtet den Blick in den farbigen Himmel.

August Macke richtet den Blick in den farbigen Himmel.

Balkenhols „Hommage an August Macke“ ist die vierte Station des „Kunstprojekts Bonn“ der Stiftung für Kunst und Kultur, die bis 2030 einen 17 Werke umfassenden „Walk of modern Art“ (Stiftungsvorsitzender Walter Smerling) in der Bundesstadt schaffen will. Das aktuelle Kunstwerk besteht aus einem etwa 4,5 Meter hohen, offen zugänglichen Pavillon mit farbenfrohem gläsernen Dach, dessen Inneres eine überlebensgroße Bronzeskulptur birgt – eben den expressionistischen Maler August Macke, dessen bedeutendste Werke zwischen 1911 und 1914 in Bonn entstanden, wie Klara Drenker-Nagels, Direktorin des Museums August-Macke-Haus, erklärte.

Altkanzler Schröder kennt Balkenhol aus seiner Regierungszeit in Berlin; der Bildhauer schuf fünf Holzskulpturen für den Bankettsaal der Regierung. Außerdem hatte Schröder ein Macke-Bild aus der von Helmut Schmidt angelegten Expressionismussammlung über seinem Schreibtisch hängen. Das, was Macke ausmache, habe Balkenhol in die Skulptur gegossen. „Manche mögen sich verunsichert oder provoziert fühlen, aber dann“, sagt Schröder, „ist das wichtigste Ziel erreicht: Geist und Sinne herauszufordern.“

Telekomchef Höttges nutzte seine Rede auch, um den vielfach veränderungsunwilligen Bonnern (gegen neues Schwimmbad, gegen Seilbahn, zu viel Lärm in der Rheinaue) ins Gewissen zu reden und verband dies mit dem dringenden Appell, sich einzubringen und mit anzupacken – wie Smerling und die Stiftung es täten: „Sie leisten Großes, weil Wut derzeit leider mehr Konjunktur hat als der Mut, Dinge anzupacken.“ Freie Gesellschaften bräuchten die Auseinandersetzung mit der Kunst ohne Zugangsbeschränkung. Sie gehöre in den öffentlichen Raum, so Höttges: „Wir dürfen ihn nicht denen überlassen, die einfache Antworten auf komplexe Zusammenhänge geben wollen.“

Kunst, meint auch Laschet, könne einen Beitrag leisten zum friedlichen Miteinander, das bitter nötig sei: „Wenn man nach Chemnitz schaut, sieht man, dass die Demokratie aggressiv angegriffen wird.“ Außerdem versprach Laschet, den Kunstetat des Landes um 50 Prozent zu erhöhen.

Sridharan bedankte sich beim Künstler und vor allem bei der Stiftung für deren Einsatz. Vorsitzender Smerling selbstbewusst: „Ideen haben ist gut, umsetzen besser.“ Künstler könnten einen großen Beitrag leisten für ein neues Stadt-Image: „Das Bild unserer Städte ist das öffentlichste Bild unseres künstlerischen Niveaus.“

August-Macke-Ring?

Unter den Festgästen befand sich auch Til Macke, der Enkel des Malers. Er ist begeistert, dass sein Großvater von einem „so anerkannten Künstler wie Balkenhol so fabelhaft geehrt wird“. Er habe in der Skulptur seine ganze Verehrung für den Maler zum Ausdruck gebracht. Allerdings erwartet auch Til Macke kontroverse Meinungen über das Kunstwerk – was ihn nicht stört.

Bei aller Freude ist der Macke-Enkel aber doch traurig, dass in Bonn keine repräsentative Straße nach seinem Großvater benannt ist. Es gibt eine Mackestraße (ohne Vorname) in der Nordstadt und einen August-Macke-Platz nahe dem Frankenbad, den kaum jemand kennt. Til Macke fände es gut, die Straße am Museum August-Macke-Haus (heute Hochstadenring) in August-Macke-Ring umzubenennen. Ein solcher Anstoß aber müsse von der Stadt kommen. (kri)

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