Venedig – die verbotene Radfahrstadt100 Euro Strafe für zwei Bonner Radtouristen

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Julian_Venedig_Polizei

Julian und Tim besuchten Venedig per Rad – und fanden sich unversehens auf einer venezianischen Polizeiwache wieder. 

Venedig/Bonn – Venedig ist schön. So schön, dass die Stadt ein Muss ist, wenn man schon mal in der Nähe ist. Dachten sich zwei Bonner Abiturienten, die in diesen Wochen ganz Südeuropa von Portugal bis Griechenland per Rad durchqueren. Das Ganze dokumentieren die beiden unter dem Titel „einfachmallos“ mit lustigen Videos, Kommentaren und Fotos auf Instagram.

Gesagt, getan. Nach mehreren Wochen Tour durch Portugal, Spanien, Frankreich im Nordosten Italiens angekommen, war für Julian und Tim klar: Venedig, das gucken wir uns wenigstens mal kurz an, bevor es weitergeht.

Das Problem ist nur, dass die Lagunenstadt für die Abertausende Touristen, die täglich über die Rialtobrücke zur Piazza San Marco laufen, eine ganze Reihe von Regeln aufgestellt hat, die man aus anderen Städten nicht gewohnt ist. 

So ist es etwa verboten, auf dem Markusplatz zu picknicken. Die herunterfallenden Krümel locken unweigerlich Tauben an. Und die sind in Venedig eine Plage geworden. Tauben zu füttern ist natürlich auch streng verboten.

Desweiteren verboten: Im Canal Grande baden, ein Liebesschloss wie auf der Kölner Hohenzollernbrücke an eines der vielen vergitterten Fenster der venezianischen Palazzi ketten, eine Brötchenpause auf einer – egal welcher – der vielen Brücken Venedigs einlegen und – mit dem Fahrrad nach Venedig kommen.

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Ja, richtig gelesen. Seit Dezember 2016 ist es Besuchern Venedigs verboten mit dem Fahrrad anzureisen. In den Jahren zuvor hatte es immer wieder kleinere und größere Unfälle, Staus und Streitereien auf den engen Gassen und Straßen der Stadt gegeben, die auch darauf zurückzuführen waren, dass Fahrradtouristen mit ausladend bepackten Fahrradtaschen unbedingt bis zur Piazza San Marco wollten. 

Auch Julians und Tims Fahrradtaschen sind zwar ziemlich voll. Die beiden hatten aber auch überhaupt nicht vor, Venezianern oder anderen Touristen mit ihren Rädern in den Gassen der Stadt auf die Nerven zu gehen. Sie wollten nur mal einen Blick auf die Stadt werfen.

An der Stazione Santa Lucia, Venedigs Hauptbahnhof, angekommen, suchten sie sich eine geeignete Stelle, um die Räder abzustellen und Julian brach zu einem kurzen Spaziergang durch die Stadt auf. Bis ihn ein aufgeregter Anruf seines Kumpels Tim erreichte, dass er bitte schnell zurückkommen solle. 

Tim_venezianische_Polizisten

Zwei venezianische Polizisten machen Tim klar, dass es verboten ist, als Tourist nach Venedig zu kommen und dass das jetzt Geld kostet. 

Offenbar hatte ein Venezianer, der Tim mit den beiden Fahrrädern beobachtet hatte, die Polizei alarmiert. Als Julian zurückkam, versuchten die beiden jedenfalls schon Tim zu erklären, dass es verboten ist, als Tourist mit dem Rad nach Venedig zu kommen und dass das jetzt Geld kostet. Das läge auch daran, dass sie informiert worden seien. Hätten sie Tim und Julian einfach so auf Streife gesehen, dann hätten sie sie einfach weggeschickt. Aber das gehe jetzt nicht mehr.

Schlimmer noch: Eventuell müssten sie ihre Fahrräder sogar beschlagnahmen. Tim und Julian schwante Übles. Die Fahrradtour, die doch noch mehrere Wochen und Tausende Kilometer weitergehen sollte, bis nach Griechenland eben, vielleicht jetzt schon zu Ende. Und das nur, weil sie venezianischen Boden betreten, äh... befahren hatten? 

Zwei Bonner mussten mit auf die Wache

Die Polizisten nahmen sie jedenfalls erstmal mit zur Wache, weil sie die städtischen Anordnungen für solche Fälle studieren mussten. Denn, aus venezianischer Sicht kam erschwerend hinzu, dass Julian und Tim ihre Fahrräder nicht geschoben, also bewegt hatten, sondern abgestellt.

Wer schon mal in Venedig war, dem mögen jetzt ganz viele Fortbewegungsmittel in den Sinn kommen, die in der Stadt viel Schaden anrichten und deren Besuch in Venedig Stadtkonservatoren und Umweltschützern seit vielen Jahren ein Graus ist. Die Kreuzfahrtschiffe fahren aber freilich immer noch am Dogenpalast entlang.

Kreuzfahrtschiff_in_Venedig

Ein Kreuzfahrtschiff navigiert auf dieser Aufnahme von 2014 am Dogenpalast entlang. Zwar gibt es inzwischen eine Begrenzung für die Größe der Schiffe, die in die Lagune dürfen. Gelöst ist das Problem damit aber nicht. 

Die bis zu 96.000 Bruttoregistertonnen schweren Ozeandampfer verursachen mit ihrer Wasserverdrängung und ihren Schiffsmotoren enorme Schäden an den Fundamenten der Jahrhunderte alten Palazzi der Stadt und schädigen darüber hinaus Tier- und Pflanzenwelt in der Lagune. Seit 2013 wird hier über ein Verbot debattiert und nach einer Lösung gesucht, aber einstweilen dürfen viele der Schiffe weiter in die Lagune einfahren. Denn die Hunderttausenden Passagiere in den Kabinen bringen viel Geld in die Stadt.

Anders als Fahrradtouristen, mag man sich jetzt hinzudenken. Nach einigem Hin und Her durften Tim und Julian ihre Fahrräder aber dann doch behalten. Die venezianische Polizei beließ es bei einem handgeschriebenen Strafzettel und der Aufforderung, 100 Euro Bußgeld zu bezahlen. Ein Schlag ins Kontor für die beiden, denn eines der Ziele der Reise war auch, mit möglichst wenig Geld auszukommen...

Das Ganze war Mitte November. Mittlerweile sind Tim und Julian über Slowenien, Kroatien, Montenegro und Albanien nach Griechenland gefahren. Und inzwischen fast in Athen angekommen.

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