Harter EinschnittEvangelische Kirche in Swisttal trennt sich von Zentren

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Gemeindeversammlung_Franziska_Hageloch

Pfarrerin Franziska Kaiser rief dazu auf, die  tiefgreifenden Veränderungen mitzugestalten. 

Swisttal – Im kommenden Jahr wird die evangelische Versöhnungskirche in Buschhoven ihren 300. Geburtstag feiern, doch über dem Jubiläum für das 1723 als katholische Pfarrkirche Sankt Katharina geweihte Gotteshaus, das 1984 für eine symbolische D-Mark in den Besitz der evangelischen Kirchengemeinde übergegangen war, schweben dunkle Wolken.

Gebäude sind energetisch nicht effizient

Das Presbyterium der evangelischen Kirchengemeinde Swisttal überlegt, sich von den meisten seiner Gebäude zu trennen. Auf der Liste steht neben der Buschhovener Kirche auch das benachbarte Melanchthonhaus sowie das Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Odendorf. Das erfuhren die Gläubigen bei einer gut besuchten Gemeindeversammlung von Pfarrerin Anke Kreutz.

Buschhoven_Gemeindeversammlung

In der Versöhnungskirche wurden das Ergebnis einer Gebäudeanalyse vorgestellt. Für das historische Gebäude soll ein Trägerverein gesucht werden.

Sie trug die Ergebnisse einer Analyse vor, die von einem Fachbüro erstellt worden war. Anlass  war ein Beschluss der Landessynode, die Gemeinden müssten entscheiden, welche Gebäude sie tatsächlich weiter benötigten. Von denjenigen, die zu viel CO2 emittieren, müssen sich die Gemeinden trennen, und die verbleibenden Gebäude  energetisch sanieren. Das 15 000 Euro teure Gutachten habe ergeben, dass die Bausubstanz bei fast allen Gebäuden der Kirchengemeinde noch in Ordnung sei – bis auf die Versöhnungskirche. Sie ist innen wie außen mit einer umfangreichen Stützkonstruktion abgesichert, weil der Dachstuhl aufwendig saniert werden muss. Die Kosten  werden auf mindestens 1,5 Millionen Euro geschätzt, angesichts der galoppierenden Baupreise wahrscheinlich sogar noch mehr.

Gemeinde macht seit fünf Jahren Verluste

Dabei  stecken die Swisttaler Protestanten ohnehin in finanziellen Schwierigkeiten, wie Finanzkirchmeister Arno Dornauf erläuterte. So betrug das Haushaltsdefizit in den Jahren von 2017 bis 2020 jeweils zwischen 70 000 und 80 000 Euro.  2015 hatte es noch 146 000 Euro Überschuss gegeben, doch aufgrund ständig sinkender Kirchensteuereinnahmen hatten sich die Vorzeichen schnell geändert. Mittlerweile sei auch die freiwillige Rücklage auf nur noch 400 000 Euro abgeschmolzen, „und es ist schon absehbar, wann die aufgebraucht sein wird“, so Dornauf. Deshalb habe das Presbyterium in diesem Jahr gegengesteuert und schweren Herzens die Zahl der Pfarrerstellen von 1,75 auf nur noch eine reduziert, was rund 90 000 Euro einsparen soll.

Da die drei  Gemeindezentren in Odendorf, Buschhoven und Heimerzheim jeweils etwa 70 000 Euro pro Jahr an Unterhalt verschlingen, denkt das Presbyterium  darüber nach, sich vom Melanchthonhaus in Buschhoven und vom Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Odendorf zu trennen und nur noch die Maria-Magdalena-Kirche in Heimerzheim als Gemeindezentrum zu behalten. Das entspreche auch der Empfehlung der Gutachter.

Trägerverein für Buschhoven?

Wie das genau aussehen werde, sei noch völlig unklar, so Anke Kreutz. So könne etwa das Melanchthonhaus in Erbpacht als Wohngebäude veräußert werden, um mit den Einkünften die sinkenden Kirchensteuereinnahmen zu kompensieren. Auch für das Dietrich-Bonhoeffer-Haus müsse eine sinnvolle Nachnutzung geprüft werden.  Wegen der der baulichen Verbindung mit dem Kindergarten-Gebäude der „Pusteblume“ seien hier aber nur kirchliche Zwecke denkbar.

 Für die Versöhnungskirche soll versucht werden, über einen von der Bürgerschaft getragenen Verein einen Träger zu finden, der sich künftig um das unter Denkmalschutz stehende Gebäude kümmert und vor allem die Kosten übernimmt. Zumal der Denkmalschutz bauliche Eingriffe zur Energieeinsparung nur eingeschränkt möglich mache. Auch mit der Zivilgemeinde wolle man Gespräche führen.

Noch ist nichts beschlossen

Die Presbyteriumsvorsitzende Annette Effelsberg machte deutlich, dass ihr Gremium bislang nur beraten und noch nichts beschlossen habe. Doch es gebe eine Tendenz, sich  aus der finanziellen Verantwortung für die Liegenschaften in Buschhoven und Odendorf zurückzuziehen. Dies heiße aber nicht, dass man auch die Präsenz in den betroffenen Ortschaften aufgeben wolle.

„In Buschhoven und Odendorf kann es durchaus weiterhin Gottesdienste und Gruppenangebote geben, wenn auch in anderen Räumen als bisher“, so Effelsberg. Es seien zwar noch keine Gespräche geführt worden, doch sie könne sich vorstellen, beispielsweise im Dietrichkirchenhof, wenn der fertiggestellt sei, oder in den Räumlichkeiten der katholischen Kirchengemeinde als Mieter unterzukommen. „Wir werden uns jedenfalls nicht vollständig aus Buschhoven und Odendorf zurückziehen“, versprach sie.

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Superintendentin Claudia Müller-Bück warb um Verständnis für die anstehende Entscheidungen. „Auch wir fühlen einen großen Schmerz, dass es nicht mehr so werden wird, wie es war, doch es kann nicht so weitergehen wie bisher, das ist auf Dauer nicht finanzierbar.“ Sie plädierte dafür, die Entwicklung als Chance zu begreifen. Das stieß  bei einigen Gemeindemitgliedern jedoch auf Skepsis. Sie  befürchten, dass dann das Gemeindeleben vollends zusammenbricht.

Diese Besorgnis versuchte Pfarrerin Franziska Kaiser zu zerstreuen mit dem Hinweis, dass in den umliegenden evangelischen Kirchengemeinden Rheinbach, Euskirchen, Bad Münstereifel, Weilerswist und Zülpich ebenfalls nur noch jeweils eine einzige Kirche für die evangelischen Christen zur Verfügung stehe. Nur in der Gemeinde Swisttal seien es noch drei.

 Ohnehin sei das Thema nicht von heute auf morgen erledigt, so Kaiser. Es sei die Gründung einer Gebäudemanagementgesellschaft auf Ebene des Kirchenkreises Bonn oder sogar der Landeskirche im Gespräch, denn praktisch alle anderen evangelischen Kirchengemeinden hätten mit den gleichen Problemen zu kämpfen.

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