Recycling-Anlage in OllheimAus Joghurt-Bechern wird Fußbodenbelag

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In einer neuen Halle in Ollheim steht eine vom Unternehmen selbst konstruierte Anlage zur Aufarbeitung von Kunststoffverpackungen.

In einer Halle in Ollheim ist eine neuartige Recyclinganlage in Betrieb genommen worden.

Aus Kunststoffverpackungen wird in Swisttal künftig Granulat für einen Fußbodenbelaghersteller in Rheinland-Pfalz. Nur noch ein Drittel des hier angelieferten Plastiks soll künftig noch von der Industrie verheizt werden.

Kunststoffabfälle aus ganz Deutschland und sogar aus Dänemark werden neuerdings in Ollheim angeliefert und zermahlen. Die Firma „Hündgen Entsorgungs GmbH & Co. KG“ hat in ihrer neuen, 13 000 Quadratmeter großen Halle am Schießbach eine Anlage in Betrieb genommen, in der in mehreren Arbeitsschritten aus den angelieferten Abfällen der Rohstoff für Kunststoffpanele gewonnen wird. Der neue Werkstoff besteht nach Angaben des Unternehmens dann nicht nur zu 100 Prozent aus Recyclingmaterial, sondern lasse sich auch selbst vollständig recyceln.

Plastikabfall grob vorsortiert und geschreddert

Abfallprodukte wie Joghurtbecher oder Lebensmittelverpackungen aus Polypropylen werden von Hündgen grob vorsortiert und geschreddert. Jedes Teil wird auf den insgesamt 200 Meter langen Förderbändern transportiert und in einem „trockenmechanischen Verfahren“ in winzige Partikel zerkleinert. Dies ermögliche die Aufteilung in verschiedene Stoffgruppen.

Der Ollheimer Betrieb hat die Sortiertechnologie selbst entwickelt und gemeinsam mit der Classen-Gruppe den dafür benötigten Maschinenpark erdacht. Die „W. Classen GmbH & Co. KG“ aus dem rheinland-pfälzischen Kaisersesch nutzt nach eigener Darstellung „die durch das Recycling entstehende Sekundärrohstoffe“ für ihren Werkstoff „Ceramin“, um daraus „robuste und PVC-freie Wand- und Bodenbeläge zu fertigen“. Das heißt: Aus dem zermahlenen Kunststoff wird zunächst ein Granulat, aus dem dann Panele gefertigt werden können.

Zwei Drittel des Abfalls wird zu Rohstoff für Panelherstellung

Für die Herstellung des Granulats steht in einem separaten Teil der Ollheimer Halle eine „Regranulationsanlage“. Sie gehört der „HC Plastics GmbH“, an der Hündgen und Classen zu jeweils 50 Prozent beteiligt sind. Im April 2021 ist das Joint Venture der beiden mittelständischen Familienunternehmen gegründet worden. Christian Hündgen ist überzeugt, „eines der modernsten Werke für Kunststoffrecycling in ganz Deutschland“ zu leiten. Die in Ollheim verarbeiteten Leichtverpackungen hätten den Ruf, nicht zu verarbeiten zu sein und landeten deshalb üblicherweise in Verbrennungsanlagen.

Mit jeder Tonne Kunststoff, die hier recycelt wird, verbessern Sie die Welt
Ton Emans, Präsident des Verbandes der europäischen Plastikrecycler

Ton Emans, der niederländische Präsident des Verbandes der europäischen Plastikrecycler (PRE), zeigte sich bei der Einweihungsfeier in Ollheim stolz, dass ein Mitgliedsbetrieb des Verbandes „eine Vorreiterrolle übernommen“ habe „für eines der vielleicht wichtigsten Themen der Zukunft“. Und dies sei: „Aus Recyclingmaterial neue Produkte zu entwickeln, die ihrerseits wieder recyclingfähig sind.“

Emans findet, dies sei ein Beitrag, die Menge an Kunststoff zu reduzieren, die in die Umwelt gelange und dort Schäden anrichte. Laut Emans werden weltweit pro Tag eine Million Tonnen Kunststoffe produziert, von denen aber nur 14 Prozent recycelt würden.

Nur ein Drittel des Abfalls endet in Öfen der Industrie

Die Classen-Gruppe beschäftigt über 2000 Mitarbeiter und verzeichnete 2020 einen Jahresumsatz von 545 Millionen Euro. Pro Jahr sollen in Ollheim aus 15 000 Tonnen Recyclingmaterial etwa 10 000 Tonnen Werkstoff werden. Die restlichen 5000 Tonnen werden zu einem glaswolle-ähnlichen Material verarbeitet, das in der Betonindustrie Braunkohlestaub, Gas und Öl als Brennmaterial ersetzen soll.

In Ollheim werden die Abfälle von 3,1 Millionen Einwohnern, auch aus dem Rhein-Sieg-Kreis, sortiert und weiterverarbeitet, sagt die Swisttaler Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner und lobte: „Den allermeisten Menschen in der Region ist gar nicht bewusst, wie innovativ der Betrieb ist.“

Zwölf Millionen Euro investiert

Ministerialdirigent Dr. Christoph Epping vom Bundesumweltministerium, der die Unterabteilung für Kreislaufwirtschaft leitet, fand es schön, zu sehen, dass solche Anlagen wirklich gebaut würden. Bei künftigen Reden über die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft werde er den Hinweis geben: „Fahrt mal nach Swisttal. Da kann man vorbildliche Kreislaufwirtschaft in Aktion sehen.“ Geld vom Ministerium gab es indes nicht. Die zwölf Millionen Euro für die Anlage investierte das Unternehmen selbst.

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