Nach FlutkatastropheOdendorf wartet auf die Rückkehr seiner Gastronomie

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„Beim Büb“: Der Estrich liegt schon und die Einrichtung ist bestellt, die Fertigstellung dauert aber voraussichtlich bis März. Tina Kurth zeigt auch, wo die neue Theke stehen wird.

„Beim Büb“: Der Estrich liegt schon und die Einrichtung ist bestellt, die Fertigstellung dauert aber voraussichtlich bis März. Tina Kurth zeigt auch, wo die neue Theke stehen wird.

Odendorf – Die Nacht vom 14. auf den 15. Juli hat Odendorf bis ins Mark getroffen. Neben vielen Privathäusern haben die Wassermassen der Starkregenkatastrophe auch das Café von Sturm und die Gaststätte „Beim Büb“ nicht verschont. Seitdem ruht in beiden Lokalen der gastronomische Betrieb. Die gute Nachricht lautet jedoch: Das Café hat seinen Verkauf wiederaufgenommen, in der Gaststätte „Beim Büb“ wird emsig an der Rückkehr gearbeitet.

Traditionshaus vom Großvater übernommen

Tina Kurth führt ihr Lokal auf der Odinstraße in dritter Generation. Vor fast 20 Jahren hat sie das Traditionshaus „Beim Büb“ von ihrem Großvater übernommen. Wie sehr die Gaststätte, die sich zu einem Restaurant mit Thekenbetrieb entwickelt hat, vermisst wird, beweist ein Besuch der Homepage. Dort hat Tina Kurth die Chronik des Hauses in Kurzgeschichten und Anekdoten zusammengefasst. Mit viel Empathie werden zahlreiche Stammgäste mit ihren besonderen Charakterzügen und Marotten vorgestellt. Die Texte beweisen, hier wird der Gast beachtet und geschätzt.

„Beim Büb“ ist Treffpunkt für Austausch beim Feiern und Trauern. Gerade in einer Zeit, in der viele Menschen Schicksalsschläge verarbeiten müssen, fehlt das Lokal. Häufig schauen Nachbarn vorbei, um sich über den Fortschritt der Renovierung zu informieren oder zu helfen. Die Verbundenheit im Ort ist spürbar. Zunächst hatte Tina Kurth geplant, das Lokal bereits zum Jahresbeginn mit einer großen Feier zum 20. Jubiläum ihrer Übernahme wiederzueröffnen. Dieser Zeitplan war allerdings zu optimistisch. Die Restaurierung des Lokals wird länger dauern. „Ich hoffe, im Februar oder März wieder starten zu können“, sagt Kurth.

Wie das Lokal dann aussehen wird, lässt sich augenblicklich nur erahnen. Die Wasserleitungen sind installiert, jetzt kümmert sich ein Bautrupp um die Elektroleitungen. Eine wichtige Stütze ist dabei Tinas Vater Hansi, der sich als Elektriker federführend um die nächsten Schritte kümmert. Die Aufteilung der Räume soll beibehalten werden. Die Theke wird an gewohnter Stelle wiedererrichtet. Eine Kegelbahn wird es künftig allerdings nicht mehr geben, und auch die Zeit der Holzvertäfelung ist vorbei. „Leider ist auch manches Erinnerungsstück den Wassermassen zum Opfer gefallen. Es kommt aber darauf an, wer hier drin ist und nicht was drin ist“, sagt die Wirtin. Sie hat sich mit den Verlusten arrangiert. „Die Einrichtung wird eine Spur moderner sein als zuvor, aber unsere urig-gemütliche Atmosphäre wollen wir erhalten.“ Diese Kontinuität soll sich auch personell widerspiegeln. „Meine Aushilfen haben ausnahmslos signalisiert, dass sie wiederkommen möchten. Das spricht für die gute Stimmung und den Zusammenhalt in unserem Team.“

Café von Sturm

Astrid und Jörg Freyer leiten das Café von Sturm nur wenige Hundert Meter entfernt. Wenngleich das Café sehr vom Zuspruch auswärtiger Gäste profitiert, sind die Verwurzelung im Ort und die Tradition vergleichbar. Das Ehepaar leitet das Café in vierter Generation. Familie Freyer wurde von der Flut ähnlich hart getroffen wie Tina Kurth. Obwohl das Ladenlokal und die Backstube verschont blieben, traf es die Lebensader des Cafés im Keller umso heftiger. Im Untergeschoß befinden sich unter anderem die Sanitär- und Heizungsanlage sowie die Kühlgeräte. Deshalb werden die Sanierungsarbeiten auch noch eine Weile dauern. Dafür ist der Verkauf nun wieder geöffnet.

Astrid und Jörg Freyer freuen sich, dass in ihrem Café von Sturm wenigstens der Verkauf an der Theke wieder möglich ist.

Astrid und Jörg Freyer freuen sich, dass in ihrem Café von Sturm wenigstens der Verkauf an der Theke wieder möglich ist.

Das ist für viele Stammgäste des Hauses eine erfreuliche Nachricht. Sie kommen nun wieder, um Kuchen und Torten wie die Beethoven- und Champagnertorte oder die nach einem besonderen Hausrezept gebackene Zarentorte mitzunehmen und in den eigenen vier Wänden zu genießen. Mit zwölf bis 15 verschiedenen Torten täglich sorgt die Crew der Backstube wieder für die gewohnte Auswahl. Jetzt beginnt zudem die Saison für Christstollen, Zimtsterne, Baumkuchen, Pralinen und Spritzgebäck. Auch auf die beliebten Lebkuchen-Varianten zum Beispiel mit Nougat, Rumtraube oder Haselnuss muss in diesem Herbst und Winter niemand verzichten.

Familie Freyer muss neben den Schäden am Café zusätzlich den Verlust des Wohnhauses im Nachbarort Essig verkraften. „Zum Glück konnten wir eine unserer Ferienwohnungen über dem Café beziehen“, sagt Jörg Freyer. Andere habe es wesentlich härter getroffen. Zudem hat sich Freyer vor drei Jahren beruflich noch einmal neu orientiert. Seitdem ist der Konditor halbtags als Rettungssanitäter unterwegs. Dieser Schritt hat dazu beigetragen, dass die Familie finanziell unabhängiger vom Betrieb im Café ist, was sich schon während der Corona-Krise positiv auswirkte.

In den Sommermonaten weniger zu tun

„Vor allem in den Sommermonaten war in der Backstube weniger zu tun“, erklärte der 52-jährige seine Entscheidung. Wann das Café wieder den gewohnten Betrieb aufnehmen wird, ist momentan völlig offen. Es sind noch einige Renovierungsarbeiten zu verrichten. So muss unter anderem der Estrich entfernt werden.

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Der Zeitpunkt des Neustarts hängt außerdem von der Versicherung ab. „Wir sind zwar zum Glück elementarversichert, stehen aber noch im Rechtsstreit mit unserer Versicherung. Außerdem befinden wir uns immer noch in einem Prozess der Selbstfindung und möchten deshalb noch gar nicht genau festlegen, wann und in welcher Form es mit dem Café weitergeht“, so Jörg Freyer. Auf jeden Fall wird der Neustart nicht mehr in diesem Jahr erfolgen. Ähnlich wie Tina Kurth sind auch Astrid und Jörg Freyer insgesamt sehr glücklich über den Zusammenhalt, der sich in der Krise so offen gezeigt hat, wozu auch die Hilfe der vielen Freiwilligen beigetragen hat.

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