2G-plus für den SchweinehundSo ist die Lage in den Fitnessstudios im Kreis Euskirchen

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Nicht alle Trainerinnen und Sportler lassen sich von der 2G-plus-Regel abschrecken.

Kreis Euskirchen – Fitter werden, ein paar Kilos verlieren, sich auf den nächsten Marathon vorbereiten. Der Januar ist normalerweise die Zeit der guten Vorsätze – und der umsatzstärkste Monat des Jahres für Fitnessstudios. Die vergangenen zwei Jahre haben ihnen allerdings schwer zugesetzt. Und mit der aktuell geltenden 2G-plus-Regel sieht es nicht danach aus, als könnten die Studios demnächst aufatmen. Einige Betreiber haben bereits mit eigenen Testzentren und zusätzlichen Angeboten vorgesorgt.

Tribea Blankenheim

Das Gesundheitszentrum Tribea in Blankenheim setzt auf das „Gefühl der größtmöglichen Sicherheit“, so Gerald Schäfer. „An unser Studio haben wir ein Testzentrum angeschlossen“, sagt der Tribea-Geschäftsführer: „Für unsere Kunden ist das eine Super-Situation. Sie können sich direkt vor dem Training testen.“ Dennoch trübt Schäfers Zuversichtlichkeit eine Prise Pessimismus „Wir können nicht so tun, als hätten wir so die Normalität zurück. Die Leute werden nach Neujahr nicht in Scharen hier rein stürmen.“

Auch im Gesundheitszentrum Tribea in Blankenheim wird trainiert, wenn auch nicht alle Laufbänder besetzt sind.

Auch im Gesundheitszentrum Tribea in Blankenheim wird trainiert, wenn auch nicht alle Laufbänder besetzt sind.

Spurlos gehen die neuen Corona-Regeln also auch am Gesundheitszentrum nicht vorbei. „Mit jeder Regel verlieren wir Kunden“, erläutert Schäfer. Doch Tribea konnte in den vergangenen Monaten auch neue Kunden dazugewinnen. Das liegt vor allem daran, dass sich das Gesundheitszentrum während mehrerer Lockdowns umorientiert hat. Mittlerweile bietet das Tribea-Team auch medizinische Sportkurse und Physiotherapie an. „So haben wir die Möglichkeit, auch im Lockdown unsere Türen offen zu halten“, sagt Schäfer. Und für die Kunden, die mit ärztlichem Attest kämen, sei die Hemmschwelle ohnehin geringer, sich testen zu lassen.

Aktivpark Kall

Noch härter trifft es den Aktivpark Kall. Das Sportzentrum leidet nicht nur unter Corona, sondern auch unter den Folgen der Flut. „Wir haben eine 5000 Quadratmeter große Anlage. Ein großer Teil ist vom Hochwasser beschädigt worden“, sagt Geschäftsführer Jochen Förster. Die vergangenen Monate bedeutete das: abreißen, sanieren – und vor allem improvisieren. Den Fitnessbereich etwa finden Sportbegeisterte aktuell in der Tennishalle. Auch bei Umkleiden, Kursräumen und Toiletten gibt es Übergangslösungen. „Wir hoffen, dass wir schnell in die alten Kursräume zurückkönnen“, sagt Förster.

Im Aktivpark in Kall kämpft man nicht nur mit der Corona-Verordnung, sondern auch mit den Nachwirkungen der Flut.

Im Aktivpark in Kall kämpft man nicht nur mit der Corona-Verordnung, sondern auch mit den Nachwirkungen der Flut.

Auch in Kall können sich die Kunden direkt im Aktivpark testen lassen. Mit einem Neujahrsansturm von Trainingswilligen rechnet Förster trotzdem nicht. „Keine Frage, die neuen Corona-Regeln sind für uns eine zusätzliche Belastung“, erläutert er: „Wir hatten Umsatzausfälle, haben Mitglieder verloren. Und die Lage bleibt angespannt.“ Doch Förster ist zuversichtlich, dass der Wiederaufbau und die Bewältigung der Pandemie gelingt. „Wenn ich mir etwas fürs neue Jahr wünsche, dann, dass wir den Aktivpark wieder so aufbauen, wie er war. Außerdem wünsche ich mir ein bisschen weniger Virus und Lockdown.“

„Das Gym“ in Euskirchen

„Die Stimmung unter den Mitgliedern ist schon gedrückt“, sagt Daniel Aigner, Geschäftsführer des Fitnessstudios „Das Gym“ in Euskirchen. Natürlich sei die 2G-plus-Regelung besser, als komplett schließen zu müssen. Dennoch seien viele vom Testen genervt. „Viele Mitglieder würden beim Trainieren lieber eine Maske tragen, als sich jeden Tag testen zu lassen“, so Aigner.

„Der Jahresauftakt ist die wichtigste Zeit für Fitnessstudios“

„2G-plus-Vorschriften haben signifikante Auswirkungen auf die Neuanmeldungen“, sagt Ralph Scholz, Vorsitzender des Deutschen Industrieverbands für Fitness und Gesundheit (DIFG).

Vielen Menschen sei es zu aufwendig, zusätzlich zu einem Impf- oder Genesenennachweis einen aktuellen Test vorzulegen. „Dort, wo die Regel eingeführt wurde, ist das Neugeschäft fast komplett weggebrochen“, so Scholz. Der Jahresauftakt ist die wichtigste Zeit für Fitnessstudios – dann haben viele Menschen nach der Völlerei an Weihnachten gute Vorsätze.

Im ersten Quartal erzielen Fitnessstudios laut dem Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV) üblicherweise ein Drittel der Neuanmeldungen eines Jahres. „Mit der Omikron-Variante dürfte das erste Quartal mindestens so schlimm werden wie vergangenes Jahr“, fürchtet Scholz. Waren damals die Fitnessstudios im Lockdown geschlossen, laufen jetzt im Betrieb die Kosten voll weiter. Angesichts von Kündigungen brauche die Branche 15 bis 20 Prozent Neuanmeldungen, um das Niveau an Mitgliedern zu halten, sagt Scholz.

Zwar sei im Sommer nach langem Lockdown das Geschäft überraschend gut angelaufen, doch die Krise habe Spuren hinterlassen.

Der DIGF rechnet zum Jahreswechsel mit 9,5 Millionen Mitgliedern, gut zwei Millionen weniger als im Vorkrisenjahr 2019. In Fitnessstudios seien noch rund 190.000 Menschen beschäftigt, 40.000 weniger als vor einem Jahr. Eine Pleitewelle sei dank der Finanzhilfen aus der Politik ausgeblieben. (tom)

In Euskirchen stehen die Fitnessjunkies – und die, die es werden wollen – Schlange im Drive-in-Testzentrum am Narzissenweg, wo ja „Das Gym“ angesiedelt ist. In Absprache mit den Betreibern des Schnelltestzentrums gibt es für die Sportler eine eigene Testspur, damit diese auf dem Weg ins Studio möglichst schnell bedient werden. Eine Terminbuchung ist für die Mitglieder nicht nötig.

Die Trainerin

„Die 2G-plus-Regel fordert alle Indoor-Sportler und die, die es im neuen Jahr werden wollen, natürlich heraus“, sagt Nicole Cuvelier. Die Weilerswisterin ist leidenschaftliche Sportlerin und gibt Fitnesskurse. Der innere Schweinehund ernähre sich aus jeder Hürde, die sich zwischen ihm und dem neuen Vorsatz auftue. Das dunkle Wetter, die Kälte, die glatten Straßen oder eben aktuell die zusätzlich nötige Zeit an der Teststation.

„Allen, die sich vorgenommen haben, im neuen Jahr mehr Sport zu treiben, rate ich, sich von den Corona-Einschränkungen nicht abhalten zu lassen. Es gibt zahlreiche Teststationen, oft auch nicht weit vom Sportstudio entfernt“, empfiehlt Cuvelier.

Wer aktuell ins Fitnessstudio möchte, muss sich täglich testen lassen. Viele Fitnessjunkies hält das nicht ab.

Wer aktuell ins Fitnessstudio möchte, muss sich täglich testen lassen. Viele Fitnessjunkies hält das nicht ab.

Und sollte die Zeit dazu doch fehlen, dann gebe es auch zu Hause die Möglichkeit, Sport zu treiben. „Viele Studios bieten seit dem Lockdown virtuelle Kurse an. Und auch im Netz finden sich viele Trainingseinheiten“, sagt die leidenschaftliche Sportlerin.

Der Sportler

Einer, der ins Studio geht, ist Thomas Alfter. Trotz aller Widrigkeiten steht der Besuch im Fitnessstudio regelmäßig auf dem Programm. „Ich kann ich auch zu Hause trainieren, aber das ist nicht das gleiche. Allein schon wegen der Ablenkungen durch die Familie“, sagt er. Im Studio lasse sich besser abschalten.

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In den eigenen vier Wänden ein Studio einzurichten, sei keine echte Option. „Für eine Basisausstattung an Gewichten müsste ich 3000 Euro investieren. Dafür kann ich sehr lange in einem Studio trainieren“, so Alfter: „Klar, ist es nervig, dass ich mich trotz Boostern testen lassen muss. Aber wenn es dazu führt, dass die Studios aufbleiben, nehme ich das gerne in Kauf.“

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