Iris Lochner gründete in Bad Münstereifel den Verein Schafsfreu(n)de und den Lebenshof Liva, als sie in einer schweren Krise steckte.
Schafsfreu(n)de geehrtIn Bad Münstereifel wurde erstmals der Ehrenamtspreis verliehen

Für ihr Engagement wurde Iris Lochner, hier flankiert von Thomas Roth (l.) und Bürgermeister Sebastian Glatzel, der Ehrenamtspreis der Stiftung zur Förderung gesellschaftlichen Engagements verliehen.
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Die Freude über die Wertschätzung, die ihre Arbeit erfuhr, war Iris Lochner (43) deutlich anzumerken. Immer wieder kämpfte sie mit den Tränen, als sie sich für den Preis bedankte, der zum ersten Mal in Bad Münstereifel verliehen wurde.
Mit dem Ehrenamtspreis der Stiftung zur Förderung gesellschaftlichen Engagements solle besonderer Einsatz im Bereich sozialer Aktivitäten gewürdigt werden, und dafür sei ein von Iris Lochner ins Leben gerufenes Projekt vorbildhaft, betonte Thomas Roth vom Vergabeausschuss. „Seit Jahren erleben wir eine sehr unerfreuliche Entwicklung in unserer Gesellschaft. Wir erleben nicht nur mehr Individualismus, sondern auch immer mehr Egoismus. Wir betonen immer mehr Forderungen an andere und immer weniger ein Sich-selbst-Einbringen.“
Die Schafsfreunde ermöglichen belasteten Menschen heilsame Erlebnisse
Mit dem von ihr gegründeten Verein Schafsfreu(n)de und dem Lebenshof Liva habe Iris Lochner hingegen einen Raum für Menschen geschaffen, die im Alltag oft wenig gesehen werden. „Menschen mit Behinderungen, Hospizbewohner, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie Menschen mit psychosomatischen Erkrankungen“, zählte Thomas Roth auf. „Die Schafsfreunde wollen Menschen mit Einschränkungen und Belastungen heilsame Erlebnisse ermöglichen, und dies hat uns dazu bewogen, dem Verein den Ehrenamtspreis 2025 zu verleihen.“
Die Idee hinter dem Verein, zu dem auch ein kleiner Gnadenhof mit erkrankten Tieren oder Tieren mit Behinderungen gehört, reicht zurück bis ins Jahr 2012, als für die Gründerin der herausforderndste Lebensabschnitt begann. Es war ein kurzer Augenblick, der ihr Leben grundlegend verändern sollte. Ein entgegenkommendes Auto war auf die Fahrbahn geraten, auf der die damals 30-Jährige mit ihrem Mann und ihrem elf Monate alten Sohn unterwegs war, und frontal mit ihrem Fahrzeug kollidiert.
Plötzlich musste ich neu lernen zu sprechen.
Während Ehemann und Nachwuchs keine schweren Verletzungen erlitten, lautete die Diagnose von Iris Lochner Polytrauma mit Frakturen, inneren Verletzungen und einem Schlaganfall. „Plötzlich musste ich neu lernen zu sprechen. Mein Verständnis für Worte und Zahlen war nicht mehr vorhanden.“
Nach vielen Jahren der Therapie kehrte dieses Verständnis zwar teilweise zurück, doch die psychische Belastung wuchs immer weiter. „Zehn Jahre lang habe ich versucht, meinen Körper und meinen Geist wieder zu heilen, doch kein Arzt, keine Tabletten, keine Therapie war dazu in der Lage. Ich wollte einen Ort finden, der mein Herz endlich wieder hüpfen lässt“, so die Preisträgerin.
Ein Zufall führte zur Gründung des Münstereifeler Gnadenhofs
Eine Zeit schwerer Depressionen, Panikattacken und Ängsten sollte Iris Lochner auf dieser Suche begleiten, bis endlich ein glücklicher Zufall einen kleinen Hoffnungsschimmer spendete. „Unser Nachbar hatte zwei kranke Schafe, die eigentlich schon zum Schlachten abgeholt werden sollten.“ Diese beiden Tiere weckten jedoch ein Gefühl, das die 43-Jährige so lange schmerzlich vermisst hatte. „Mir war sofort klar, dass wir die Schafe haben mussten, und so ist die Idee des Gnadenhofes entstanden.“
Iris Lochner rettete die Schafe, und zeitgleich trugen die Tiere auch zu ihrer eigenen Genesung bei. „Für den Hof haben wir sogar unser Haus verkauft, weil diese Idee größer war als die Angst zu scheitern. Und der Weg war nicht leicht. Er war voller Hürden, voller Zweifel, voller Momente, in denen wir fast aufgegeben hätten. Aber dann standen Menschen vor uns mit Tränen, mit Diagnosen und mit Geschichten, die man nur aushält, wenn man sie gemeinsam trägt.“ Tränen, Geschichten und Diagnosen, die Iris Lochner selbst nur zu gut kannte.
Der Ehrenamtspreis ist mit 2500 Euro dotiert
Seit zwei Jahren biete der Verein Schafsfreu(n)de, der sich auch im Internet präsentiert, auf dem Lebenshof Liva einen Ort, an dem niemand erklären müsse, warum er anders fühle, anders reagiere oder anders sei als andere, erklärte die erste Bad Münstereifeler Ehrenamtspreis-Trägerin. „Einen Ort, an dem man nicht bewertet wird und an dem man durch die Wirkung der Tiere und der Natur neue Kraft schöpfen kann.“
Dass dieses Engagement nun mit einem Preis und den damit verbundenen 2500 Euro belohnt werde, sei ein bewegendes Zeichen dafür, dass Menschlichkeit einen Platz in der Gesellschaft habe. „Ohne die Menschen, die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich einsetzen, wäre das Leben in unserer Stadt deutlich ärmer. Sowohl in gesellschaftlicher, kultureller, sportlicher als auch in sozialer Hinsicht“, sagte Bürgermeister Sebastian Glatzel bei der Preisverleihung, die im historischen Ratssaal stattfand.
Von den insgesamt rund 100 Vereinen im Stadtgebiet seien die Schafsfreu(n)de zwar ein ihm bis zu diesem Tag unbekannter gewesen, aber ein Verein, der eine wichtige Aufgabe übernehme und dabei aus persönlicher Erfahrung schöpfe. „Liebe Frau Lochner, Sie haben aus einem schweren Schicksal etwas Positives entwickelt, an dem Sie auch andere teilhaben lassen. Das ist bei Weitem nicht selbstverständlich und verdient höchste Anerkennung“, lobte Glatzel die 43-Jährige. Zwar sei die ehrenamtliche Tätigkeit nicht mit einem Geldbetrag aufzuwiegen, doch könne die Unterstützung helfen, diese so wichtige Vision fortzusetzen.
„Ich hoffe, dass die Auszeichnung nicht nur die Schafsfreunde in ihrer Arbeit bestärkt, sondern auch andere Vereine, Gruppen und Einzelpersonen ermutigt, an ihrem Engagement festzuhalten. Denn nur durch freiwilliges Miteinander können wir die Lebensqualität in Bad Münstereifel erhalten und weiterentwickeln“, so der Bürgermeister abschließend.

