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Kommunalwahl 2025In Bad Münstereifel gibt es wenig finanziellen Spielraum

9 min
Eine Luftbildaufnahme aus dem Jahr 2022 zeigt die Kernstadt von Bad Münstereifel von oben.

Idylle pur: Das ist Bad Münstereifel. Doch finanziell ist es nicht gut um die von der Flut stark betroffene Kurstadt bestellt.

Bad Münstereifel befindet sich zum zweiten Mal im Haushaltssicherungskonzept. Das wird die Arbeit von Bürgermeister und Rat beeinflussen.

Ein Satz, der in den vergangenen Monaten in Bad Münstereifel, vor allen Dingen im Rahmen der Haushaltsberatungen, immer wieder fiel, lautete: „Das ist nicht vergnügungssteuerpflichtig.“ Darauf müssen sich der neue Bürgermeister und der neue Stadtrat einstellen. Denn für die Kurstadt hieß es: Raus aus dem Haushaltssicherungskonzept, rein ins Haushaltssicherungskonzept (HSK).

Die Stadt befand sich auf einem guten Weg, es sah zwischenzeitlich so aus, dass man die Ziele des 2013 begonnenen ersten HSK erfüllen und 2022 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen könne. Doch dann kamen die Corona-Pandemie, die Flutkatastrophe, weswegen hohe Liquiditätskredite aufgenommen werden mussten, und der Krieg in der Ukraine, der steigende Geflüchtetenzahlen mit sich brachte. Kurzum: Die Stadt Bad Münstereifel hatte mit deutlich höheren Ausgaben zu kämpfen, die ein erneutes HSK unumgänglich machten, weil sonst noch in diesem Jahrzehnt die Rücklagen aufgezehrt gewesen wären.

Synergien sollen Stadtbücherei und Eifelbad finanziell entlasten

Die Sparzwänge führen dazu, dass in Bad Münstereifel alles auf dem Prüfstand steht. Die freiwilligen Ausgaben, über die die aktuellen und zukünftigen Politiker verfügen können, sind rar, denn die Pflichtausgaben dominieren den Haushalt. Steuererhöhungen werden bis 2033 zwingend nötig. Und so wurde bei der Verabschiedung des aktuellen Haushalts erneut darüber diskutiert, ob sich die Stadt eine defizitäre Bücherei und ein defizitäres Eifelbad überhaupt noch leisten kann. Durch Synergien – die Verlegung der Tourist-Info in das Büchereigebäude und die Einrichtung einer Kurmittelabgabestelle im Eifelbad – soll die Schließung verhindert werden.

Einnahmensteigerungen sind nur bedingt möglich. Dringend benötigte Gewerbegebiete können nicht ausgewiesen werden. Neubaugebiete wie das zuletzt beschlossene oberhalb von Kirspenich und Windkraftanlagen wie die genehmigten bei Nöthen stoßen in der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe. Da benötigt ein neuer Stadtrat zumindest einiges an Fantasie.

Die Erfttalbahn fährt auch vier Jahre nach der Flut noch nicht wieder

Auf Gegenwind muss sich ein neuer Rat nicht nur beim Thema „Windräder“ einstellen, sondern auch bei der Einrichtung der Fußgängerzone. Denn auch hier hat sich eine Interessengruppe gegründet, die versucht hat, die neue Fußgängerzone in Orchheimer Straße und Marktstraße zu verhindern. Unter anderem deshalb, weil die Möglichkeiten, zu den eigenen Häusern zu gelangen, beschränkt sind und Parkplätze wegfallen.

Ein Thema beim Verkehr, bei dem die Stadt nur hilflos zuschauen kann, ist die Arbeit an der Bahnstrecke. Seit der Flutkatastrophe hat kein Zug mehr in Arloff, Iversheim und Bad Münstereifel gehalten. Die Wiedereröffnung der Erfttalbahnstrecke hat sich bereits mehrfach verzögert. Nicht nur die Geschäftsleute, allen voran das City Outlet Bad Münstereifel, warten auf den Neustart, sondern auch die touristisch geprägten Betriebe wie Restaurants, Cafés und Hotels, die seit dem Hochwasser viel Geld und Arbeit in ihre Betriebe gesteckt haben.

Beim Thema Hochwasserschutz verlieren die Bürger die Geduld

Doch nicht nur die finanzielle Situation wird die Arbeit des kommenden Stadtrates und der neuen Verwaltungsspitze in der nächsten Legislaturperiode prägen, sondern auch der Wiederaufbau. Die Flut ist gut vier Jahre her, in Bad Münstereifel wurde viel geschafft, besonders in der Kernstadt. Aber es sind noch zahlreiche Projekte offen oder in Arbeit. Besonders das Thema „Hochwasserschutz“ ist langwierig, und die Bürger werden langsam ungeduldig. Denn die Historie hat gezeigt: Das nächste Hochwasser kommt bestimmt.

Herausfordernd werden auch Entscheidungen rund um Schulen und Kindertagesstätten. In der aktuellen Legislaturperiode hat es große Diskussionen um die Grundschule in Bad Münstereifel gegeben. Es gibt einen Sanierungsstau, und im denkmalgeschützten Gebäude direkt neben dem Rathaus geht es mehr als beengt zu. Ein möglicher neuer Standort ist im Goldenen Tal gefunden, allerdings mit hohen Kosten verbunden. Bei den Kindertagesstätten hatte es in Houverath große Probleme gegeben, weil die Anmeldungszahl die Kapazität überschritten hatte. Hier sahen die Politiker vor allen Dingen den Kreis in der Pflicht, der die Kindergartenzahlen ermittelt. Spannend wird es, wenn Mitte 2026 die Kindertagesstätte in Effelsberg ihre Pforten schließt.

Hoher Eigenanteil: Ausgaben für Stadtentwicklung in der Kritik

Bereits im Gange und zum Teil auch schon abgeschlossen sind zahlreiche Sanierungsmaßnahmen aus dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept. Zwar erhält die Stadt dafür hohe Fördersummen, dennoch geht der Eigenanteil in die Millionen. Während Kritiker wie beispielsweise SPD-Politiker argumentieren, dass sich die Stadt diese Verschönerungsmaßnahmen nicht leisten könne, geht die Stadt davon aus, dass die aufzuwertenden Bereiche in Zukunft ohnehin hätten saniert werden müssen – und dann vermutlich ohne Fördermittel.

Wovon die Bürger eher weniger mitbekommen: Im Rathaus wird es eine komplett neue Führung geben. Denn ab November wird nicht nur ein neuer Bürgermeister mit der Arbeit anfangen. Der neue Stadtrat hat dann auch die Aufgabe, die Anforderungen für eine Beigeordnetenstelle zu definieren. Der bisherige Allgemeine Vertreter der Bürgermeisterin, Kämmerer Kurt Reidenbach, wechselte vor wenigen Wochen zum Kreis Euskirchen. Künftig wird der oder die Beigeordnete als Vertretung des neuen Bürgermeisters fungieren.


Drei Männer wollen Bürgermeister von Bad Münstereifel werden

Fest steht: Nach zehn Jahren wird wieder ein Mann an der Spitze im roten Rathaus stehen. Die amtierende Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian (CDU) will Landrätin werden und hat ihre Partei mit der Entscheidung kalt erwischt. Drei Kandidaten gibt es.

Bürgermeisterwahl: Guido Waters (CDU) wohnt in Blankenheim

Guido Waters wohnt mit Frau und drei Kindern in Blankenheim. Der 45-jährige Verwaltungsfachwirt ist im dortigen Rathaus Fachbereichsleiter. Laut Eigenaussage steht er für Verlässlichkeit, klare Entscheidungen und den Mut, neue Wege zu gehen. Nachhaltiger Wiederaufbau, wirksamer Hochwasserschutz und solide Finanzen auch in Zeiten knapper Spielräume stehen auf seiner Agenda.

Guido Waters steht in der Bad Münstereifeler Kernstadt und trägt ein weißes Hemd.

Der Blankenheimer Guido Waters ist Bürgermeisterkandidat der CDU Bad Münstereifel.

Wichtig seien ihm auch die Außenorte. Er will den Austausch mit den Bürgern suchen, alle Generationen einbinden, Vereine und das Ehrenamt unterstützen, die Innenstadt beleben sowie Tourismus und Gewerbe stärken. Eine moderne Verwaltung, der kluge Einsatz von Fördermitteln und klare Prioritäten sollen Bad Münstereifel zukunftsorientiert machen.

Bürgermeisterwahl: Sebastian Glatzel (SPD) ist Fraktionschef

Ende 2023 wurde Sebastian Glatzel zum Fraktionsvorsitzenden der SPD gewählt. Für den 44-jährigen Iversheimer, Vater einer Tochter und nach eigenen Angaben Jurist, ist Bad Münstereifel eine Herzensangelegenheit. Als wichtigste Themen sieht er den Neubau einer Grundschule in Bad Münstereifel und generell Investitionen in Kitas und Schulen und damit die Zukunft der Stadt.

Sebastian Glatzel trägt Sakko und Hemd.

Sebastian Glatzel ist Bürgermeisterkandidat der SPD Bad Münstereifel.

Ehrenamt und Vereine will er stärken und als Bürgermeister für alle Bad Münstereifeler arbeiten. „Ich werde ein Bürgermeister sein, der zuhört, in Lösungen denkt und auch dann handelt, wenn es darum geht, schwierige Entscheidungen zu treffen.“ Das will er mit einer transparenten Verwaltung und einer fairen Verteilung von Ressourcen erreichen. Angesicht der schwierigen Finanzlage der Stadt brauche es einen klaren Plan und richtige Prioritätensetzung.

Bürgermeister-Wahl: Gerd Lingscheid-Henseler (AfD) ist der Unbekannte

Ein unbeschriebenes Blatt in der Münstereifeler Politik ist der 66-jährige Gerd Lingscheid-Henseler. Der Diplom-Immobilienfachwirt, Sachverständige und Pilot setzt auf eine Haushaltskonsolidierung in enger Abstimmung mit der Verwaltung, will Künstliche Intelligenz einsetzen, um Planungen zu beschleunigen und Transparenz zu erhöhen.

Gerd Lingscheid-Henseler lehnt an ein Gebäude und schaut nicht in die Kamera.

Gerd Lingscheid-Henseler kandidiert für die AfD als Bürgermeister von Bad Münstereifel.

In Bereichen ohne direkten Kundenkontakt will er Homeoffice einrichten und die Bürger aufklären, wie eine Kommune funktioniert und was sie leisten muss. „Warum wird eine Asylunterkunft renoviert, aber unser Sportplatz nicht?“ nennt er als Beispiel. Im Mittelpunkt stünden Transparenz, Mitbestimmung und verlässliche Entscheidungen.


Sieben Parteien und Gruppierungen wollen in den Stadtrat

Gleich sieben Parteien und Gruppierungen stehen zur Wahl, wobei Die Linke nicht in jedem Stimmbezirk mit Kandidaten vertreten ist.

Für die CDU hat der Wiederaufbau oberste Priorität

Spitzenkandidat der CDU ist Parteichef Martin Finder. Der 34-jährige, zweifache Familienvater „sorgt als Controlling-Manager für den analytischen Durchblick“, wie er sich selbst beschreibt. Mit der CDU stehe er für Politik an den Menschen: ansprechbar im Alltag, in Vereinen präsent und verlässlich vor Ort. Für ihn hat der Wiederaufbau mit wirksamem Hochwasserschutz oberste Priorität. Bis 2030 sollen Dörfer und Innenstadt gestärkt, Neubaugebiete entwickelt, solide Finanzen durch intelligente Investitionen gesichert und offen kommuniziert werden. „Wir machen, was vor Ort wirklich zählt – sachlich, konstruktiv, ohne Hass und Hetze.“

Martin Finder steht in blauem Sakko und weißem Hemd vor einem türkisen Hintergrund. Er trägt keine Krawatte.

CDU-Parteichef Martin Finder ist Spitzenkandidat der Christdemokraten in Bad Münstereifel.

Wichtigste Ziele für die SPD sind Schule und Bildung

Für die SPD sind Schule und Bildung die wichtigsten Ziele, wie Spitzenkandidat Sebastian Glatzel mitteilt. Kinder und Jugendliche müssten gute Lern- und Entwicklungsbedingungen vorfinden, die Gebäude sollten in einem einwandfreien Zustand sein. Die Genossen wollen außerdem bezahlbaren Wohnraum für alle. Dazu sei es nötig, dass Flächen ausgewiesen und kommunaler Wohnungsbau in Zusammenarbeit mit dem Kreis Euskirchen ermöglicht werden. Durch eine Ausweisung von dezentralen Baugebieten sollen junge Familien ausreichend Bauland vorfinden. Der Fokus der SPD liege außerdem auf einem umfassenden Hochwasser- und Starkregenschutz.

Bündnis 90/Die Grünen verzichten aus Protest auf eine Vorstellung

Die Grünen-Spitzenkandidatin Dr. Kerstin Oerter hat auf Anfrage dieser Zeitung nur ein Statement abgegeben. „Wir als Bündnis 90/Die Grünen lehnen ab, uns gemeinsam mit einer als extrem rechts eingestuften Partei zu präsentieren. Wir stehen für Demokratie und eine offene vielfältige Stadtgemeinschaft. Wir setzen uns für Klima- und Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit ein.“

UWV positioniert sich gegen Windenergie im Wald

Für die UWV steht das Thema „Gegen Windenergie im Wald“ ganz oben auf der Agenda. „Wir sind gegen die sinnlose Zerstörung unserer Wälder zugunsten von Windkrafträdern“, teilen die Unabhängigen mit. Spitzenkandidat ist der 62-jährige Beamte und Familienvater Edmund Daniel aus Langscheid. Weitere wichtige Themen der Wählervereinigung sind eine aktive Wirtschaftsförderung durch die Ansiedlung von Gewerbebetrieben, die ärztliche Versorgung sowie Schulen und Kindertagesstätten. „Die beste Bildung beginnt vor Ort. Deshalb wollen wir die Schulen und Kitas stärken“, so die UWV.

Edmund Daniel trägt Sakko und grün-kariertes Hemd.

Edmund Daniel ist Spitzenkandidat der UWV Bad Münstereifel.

Die FDP will die Wirtschaft von Bad Münstereifel fördern

Die FDP sieht die Konsolidierung der Finanzen durch Wirtschaftsförderung als wichtigstes Thema für die nächsten fünf Jahre an, wie Spitzenkandidat Christof Milischewski mitteilt. Der 44-jährige Head of CRM/Sales und Familienvater will mit seiner Partei durch Digitalisierung die Verwaltung effizienter gestalten, ist aus Klima- und Landschaftsschutzgründen gegen Windräder im Wald, will die Schulen fördern und das Ehrenamt und die Vereine stärken.

Christof Milischewski lächelt in die Kamera.

Christof Milischewski ist Spitzenkandidat der FDP in Bad Münstereifel.

Die Linke sieht sich als Stimme der jungen Menschen in Bad Münstereifel

Für Die Linke steht die 26-jährige Erzieherin Marie Baum, die für „mehr BÄM in Bad Münstereifel“ sorgen will, ganz oben auf der Reserveliste. Sie sieht sich als Stimme, die die Interessen der jungen Menschen ernst nimmt und denen sie mit ihrer Partei zuhören und ihnen Raum für Perspektiven geben möchte – durch „Freizeitangebote, Treffpunkte und echte Mitsprache“.

Die Linke will einen funktionierenden Kinder- und Jugendrat einführen. Es geht der Partei auch um den Erhalt und die Förderung kultureller Angebote sowie Räume der Begegnung für alle Generationen. Ein weiterer Schwerpunkt ist eine moderne und gerechte Bildung, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. „Bad Münstereifel soll ein Ort bleiben, an dem jeder Mensch seinen Platz findet.“

Marie Baum trägt Brille und eine weiße Bluse mit roten Streifen.

Marie Baum ist Spitzenkandidatin in Bad Münstereifel für die Partei Die Linke.

Die AfD will den Hochwasserschutz beschleunigen

Die AfD mit ihrem Spitzenkandidat Gerd Lingscheid-Henseler will den Hochwasserschutz auf allen Genehmigungsebenen beschleunigen. „Hochwasserschutz ist Schutz von Menschenleben“, so Lingscheid-Henseler. Seine Partei setze auf Aufklärung der Bürger, fordert sie aber auch auf, sich aktiv zu beteiligen. Hinzu kommen der Ausbau und die Pflege der Spazierwege sowie die Wiederbelebung des Waldlehrpfades.


Rückblick: Willi Hoever gewann als Einzelbewerber und trat in die CDU ein

Stärkste Kraft wurde vor fünf Jahren die CDU, die 38,7 Prozent der Stimmen (2014: 37,3) und damit zwölf Sitze im Stadtrat erhielt. Weil sich Ende 2020 der bei der Kommunalwahl parteilose Willi Hoever, der das Direktmandat in Eicherscheid geholt hatte, den Christdemokraten anschloss, erhöhte sich die Sitzanzahl praktisch für die komplette Legislaturperiode auf 13.

Die SPD erhielt 20,3 Prozent (2014: 26,7) der Stimmen, was sieben Sitze für die Genossen im Stadtrat bedeutete. Es folgten Bündnis 90/Grüne mit 13,7 Prozent (2014: 8,6) und UWV mit 12,6 Prozent (2014: 14,0), die beide jeweils vier Ratsmandate erhielten. Mit drei Stadtverordneten sitzt seit der Wahl die FDP im Rat, die 10,3 Prozent (2014: 11,1) der Stimmen bekam. Für die Linke reichte es zu einem Sitz. Wie schon 2014 erhielt die Partei 2,4 Prozent. Thomas Bell war fortan fraktionsloses Ratsmitglied. Anfang 2024 trat er bei den Linken aus und war bis zu seinem Eintritt beim BSW vor wenigen Monaten parteilos.

Die Wahlbeteiligung lag 2020 bei 59,2 Prozent. Sie stieg damit um 3,4 Prozentpunkte gegenüber 2014.