Die Herausforderungen im Kreis Euskirchen sind vielschichtig. Acht Parteien und Wählervereinigungen wollen in den neuen Kreistag einziehen.
Baustellen nach der WahlDas haben sich acht Parteien für den Kreis Euskirchen vorgenommen

Das Kreishaus und die Stadt Euskirchen aus der Luft: Die Parteien haben vor der Wahl zahlreiche Baustellen in der Region benannt.
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Stark sanierungsbedürftige Förderschulen, die auch noch zu klein sind. Berufsschulen, die zwar Aushängeschild sein sollen, aber immer noch mit den Flutschäden zu kämpfen haben. Digitalisierung, Bevölkerungsschutz, Wirtschaft – die Aufgaben werden die Politiker, die im nächsten Kreistag sitzen, durch Qualität wie Quantität fordern. Dazu wird sich die Frage des Geldes gesellen: Es ist kaum anzunehmen, dass die alljährliche Debatte um die Kreisumlage in der nächsten Legislaturperiode mal ausfällt.
CDU: Bevölkerungsschutz soll vorangetrieben werden
Für Ute Stolz, Spitzenkandidatin der CDU und bisherige Fraktionschefin, gibt es einen bunten Strauß an Aufgaben, an denen der neue Kreistag arbeiten muss: Bildung, Wirtschaft, Digitalisierung, Soziales, Klimaschutz, Mobilität und Finanzen nennt sie.
Bei letztgenanntem Thema komme es auf die Priorisierung von Aufgaben an und den gerechten Ausgleich zwischen den Anforderungen des Kreises und der Kommunen. Dies geschehe im Idealfall in einem partnerschaftlichen Aushandeln. Dem Fachkräftemangel in der Verwaltung soll laut Stolz auch mit besserer Digitalisierung begegnet werden.
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Ute Stolz ist Fraktionsvorsitzende der CDU im Kreistag und Spitzenkandidatin der Christdemokraten.
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„Wir müssen den Bevölkerungsschutz weiter vorantreiben. Wir benötigen Konzepte für verschiedene Bedrohungslagen und die müssen auch kommuniziert werden“, so Stolz. Zudem muss der Kreis aus ihrer Sicht dafür sorgen, dass die Planungshoheit für regenerative Energien kommunal bleibt. Photovoltaikanlagen auf den kreiseigenen Dächern sollen weiter ausgebaut werden.
SPD: Zusammenarbeit zwischen Schulen, Kommunen und Betrieben fördern
Für Thilo Waasem, Spitzenkandidat der SPD und bisheriger Fraktionschef, steht fest: Die haus- und fachärztliche Versorgung müssen besser, die Präventionsangebote mehr werden. Das gelte auch für ein ausreichendes Angebot an Hebammen. „Der Kreis muss gewährleisten, dass eine moderne und fachlich gut aufgestellte Krankenhauslandschaft erhalten bleibt“, so Waasem: „Die bestehende Versorgungslücke in der psychotherapeutischen Behandlung und sozialen Betreuung muss geschlossen werden, damit alle Menschen die Hilfe bekommen, die sie brauchen“.

Thilo Waasem geht als Spitzenkandidat der SPD in die Kommunalwahl. Der Bad Münstereifeler steht auf Listenplatz 1 der Sozialdemokraten für den Kreistag.
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Zudem werde sich seine Partei im Kreistag für den Aus- und Umbau von Kitas und Schulen zu modernen Lehr- und Lernräumen einsetzen, um gute Bildung für alle zu gewährleisten. Ganztagsangebote und Angebote in Randzeiten müssen entsprechend der Bedarfe der Eltern ausgebaut und vorgehalten werden. „Bildung muss für alle kostenfrei sein, von der Kita bis zum Abschluss“, so Waasem. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Schulen, Betrieben und Kommunen sei wichtig, um Ausbildungsplätze zu sichern und junge Fachkräfte in der Region zu halten.
Grüne: Klimaschutz ist gleichzeitig auch Bevölkerungsschutz
Die Reserveliste der Grünen führt Ellen Mende an. „Die Herausforderungen der Klimakrise sind deutlich. Da kann ich es nicht verstehen, wie CDU, UWV und FDP da entsprechende Stellen streichen“, sagt Mende. So entstehe leicht der Eindruck, dass die Kreistags-Liste aus der Flut nicht gelernt habe. „Die Kommunen müssen das Thema gemeinsam angehen. Wir haben gelernt, dass Katastrophen nicht an Kommunengrenzen Halt machen. Der Klimaschutz ist für uns auch Bevölkerungsschutz“, so Mende.

Ellen Mende ist die Spitzenkandidatin der Grünen für den Kreistag.
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Aber auch der Ausbau von ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangeboten steht auf der Themenliste der Grünen laut Mende ganz oben. „Wir haben die Kita-Plätze quantitativ sehr gut ausbauen können. Deshalb ist es jetzt wichtig, an der Qualitätsschraube zu drehen und dafür zu sorgen, verlässliche Angebote zu schaffen. Und das nicht nur für den Kita-, sondern auch für den OGS-Bereich in der Grundschule“, sagt die Grünen-Politikerin.
FDP: Finanzielle Spielräume müssen geschaffen werden
Die FDP im Kreis Euskirchen will nach Angaben von Spitzenkandidat Frederik Schorn in der kommenden Wahlperiode finanzielle Freiräume für Kommunen schaffen. Dazu soll nach Meinung des Fraktionsvorsitzenden die Kreisumlage sinken und auf „freiwillige Leistungen“ verzichtet werden. Neue Förderprogramme von Land und Bund sollen, außer bei Investitionszuschüssen, zwei Jahre nicht angenommen werden.

Frederik Schorn führt die Liste der FDP für den Kreistag an.
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Effizienzgewinne sieht die FDP in mehr Digitalisierung: Bis 2029 soll – geht es nach den Liberalen – die Kreisverwaltung die modernste in NRW werden, auch durch KI-Nutzung. Für Kitas fordert die Partei flexiblere Öffnungszeiten, Digitalisierung und weniger Bürokratie, lehnt aber eine beitragsfreie Betreuung auf kommunale Kosten ab.
Beim Wolfsmanagement setzt sie auf DNA-Dokumentation, Herdenschutz und Information, da die Landesbehörde zu langsam reagiere. Zudem fordert Schorn „ein einheitliches Katastrophenschutzkonzept für den ganzen Kreis und ein Sportstättenregister, in dem Investitionsbedarfe erfasst werden – ebenfalls unterstützt durch KI.“
AfD: Zentrale Baustelle ist das Gesundheitswesen im Kreis
Die AfD erwartet eine Verschärfung der wirtschaftlichen Lage und sieht darin die größte Herausforderung. Um Kosten zu senken, will sie nach Angaben von Uwe Schiller, der dem neuen Kreistag angehören will (Auf Platz eins der Liste ist Bernd Lübke), „ideologische Projekte“ wie Demokratieförderprogramme streichen, Bürokratie abbauen und konsequente Abschiebungen durchsetzen„. Die Kreisumlage müsse neu gedacht werden – Kulturangebote sollten die Gemeinden selbst gestalten können.

Uwe Schiller will für die AfD in den Kreistag.
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Als zentrale Baustellen nennt die Partei die Sicherung der Gesundheitsversorgung, etwa angesichts gefährdeter Krankenhäuser in Schleiden und Mechernich. „Der Eifeler Wald darf nicht durch Wind- und Solarkraftwerke zerstört werden“, so Schiller. Den Widerstand der Bürger wolle die Partei in den Kreistag tragen. „Für eine bessere Zukunft des Kreises kündigen wir eine sachliche, konstruktive Arbeit im Kreistag an, gestützt auf eine voraussichtlich größere Fraktion.“
UWV: Doppelstrukturen sollen weichen, Kommunen und Kreis effizienter arbeiten
Uwe Wegner führt die Reserveliste der UWV für den Kreistag an. „Wir haben bei der Haushaltsführung des Kreises eine etwas andere Vorstellung als bisher“, so Wegner: „Wir sollten uns als Kreis als Partner der Kommunen positionieren und nicht als ein großer, seelenloser Apparat agieren.“ Es gehe darum, Doppelstrukturen zu vermeiden. Die gewonnenen Ressourcen – egal, ob bei Kommunen oder Kreis – könnten besser eingesetzt werden.

Uwe Wegner führt die Reserveliste der UWV für den Kreistag an.
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Die Digitalisierung sei weit mehr als nur ein großes Schlagwort und das Herunterladen eines PDF-Dokuments. „Ich könnte mir vorstellen, dass bestimmte Mängel per App gemeldet werden. Da könnte der Kreis auch Dienstleister sein und die Mängel an die Kommunen weitergeben“, sagt Wegner. Zudem müsse der „Förderwahnsinn“ angegangen werden. „Wir müssen uns den Folgekosten widmen. Und uns die Frage stellen, ob das Förderprogramm auch allen Kommunen zugute kommt“, sagt der UWV-Spitzenkandidat.
BSW: Soziale Gerechtigkeit mit fairen Löhnen
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) im Kreis Euskirchen will die Interessen der Bürgerinnen und Bürger klar vor Profite stellen, heißt es in einer Pressemitteilung der Partei. Spitzenkandidat Thomas Bell: „Steigende Lebenshaltungskosten, fehlende Infrastruktur und unsichere Perspektiven, das wollen wir ändern. Politik muss die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellen, nicht die Profite weniger.“

Thomas Bell kandidiert für das BSW für den Kreistag. Der Bad Münstereifeler ist der Spitzenkandidat für das Bündnis Sahra Wagenknecht.
Copyright: Thomas Bell
Im Mittelpunkt des Programms stehen laut dem BSW drei Schwerpunkte: Soziale Gerechtigkeit mit fairen Löhnen, nachhaltige Regionalentwicklung durch die Stärkung des ländlichen Raums sowie transparente Kommunalpolitik, die auf mehr Bürgerbeteiligung setzt und teure Prestigeprojekte ablehnt.
Linke: Politik muss im Alltag des Kreises Euskirchen ankommen
Die Linke im Kreis Euskirchen, vertreten durch die Ingenieurin und Mutter Dshamila Swirschuk, stellt Familien und soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt. Ihre Leitidee: Politik muss im Alltag ankommen – von inklusiven Spielplätzen über offene Schwimmbäder bis zu bezahlbaren Kitas. Konkret fordert sie gebührenfreie Kitas, ein kostenloses Mittagessen an allen Schulen sowie mehr finanzielle Entlastung für Familien.

Dshamila Swirschuk von der Linken will in den Kreistag. Die Mutter aus Euskirchen steht auf Platz eins der Reserveliste.
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Für Frauen und queere Menschen setzt sie auf Sicherheit und Gleichstellung: Hilfsangebote für gewaltbetroffene Frauen, eine kommunale Antidiskriminierungsstelle und mehr bezahlbaren Wohnraum. Angesichts der Klimakrise will Swirschuk effektiven Hochwasserschutz sowie Hitzeaktionspläne umsetzen. Darüber hinaus tritt sie für lebenswerte Orte ein, zu denen für sie auch kostenlose Menstruationsartikel in öffentlichen Gebäuden zählen.
Der Kreistag in Zahlen: 1263 Sitzungen, 1559 Dokumente
In der Legislaturperiode 2020 bis 2025 im Kreis Euskirchen fanden laut Kreisverwaltung 1263 Sitzungen statt, davon 21 Kreistagssitzungen, 21 Kreisausschusssitzungen, 113 Fachausschusssitzungen (inklusive Wahlausschuss), 121 Arbeitsgruppen-, Arbeitskreis- und Beiratssitzungen sowie 953 Fraktionssitzungen.
Hinzu kommen 17 Fraktionsvorsitzenden- und 17 Bürgermeisterkonferenzen. Insgesamt wurden laut Kreis 1559 Dokumente erarbeitet, darunter 224 Anfragen, Anträge und Resolutionen der Fraktionen, 1151 Verwaltungsvorlagen, Informationen und Dringlichkeitsentscheidungen sowie 184 Verwaltungsergänzungen.
So lief die Wahl für den Kreistag 2020
Die CDU ging aus der Kreistagswahl vor fünf Jahren als stärkste Fraktion hervor. Die Christdemokraten erhielten 38,5 Prozent der Stimmen (2014: 42,2). Es folgten die SPD mit 23,9 Prozent (25,4), Grüne 15,1 (9,6), FDP 7,9 (8,3), UWV 4,9 (5,7), AfD 6,6 (5,0), Linke 2,4 (3,9).
Die Wahlbeteiligung betrug vor fünf Jahren 56,0 Prozent. 2014 hatte sie 51,4 Prozent betragen. Zum Landrat wurde 2020 Markus Ramers (SPD) gewählt.
Der Kreistag setzte sich nach der konstituierenden Sitzung wie folgt zusammen: 21 Sitze für die CDU, 13 für die SPD, acht für die Grünen, vier für die FDP, vier für die AfD, drei für die UWV und einen für die Linke.
Weil im Kreis Euskirchen nun 200.000 Menschen leben, wird der Kreistag teurer
Auf 727.200 Euro beziffert die Kreisverwaltung die voraussichtlichen Kosten für Aufwandsentschädigungen (437.400 Euro) und Fraktionszuwendungen (382.400), die 2026 im Kreistag anfallen. Bei gut 200.000 Einwohnern ergibt das etwas weniger als vier Euro pro Bürger. Die Zahlen könnten im Rahmen der Haushaltsaufstellung aber noch einmal angepasst werden, heißt es aus dem Kreishaus.
Wie viel Geld erhalten Kreistagsabgeordnete?
Künftig gibt es eine Aufwandsentschädigung von monatlich 431,80 Euro, dazu Sitzungsgeld in Höhe von 26 Euro pro Sitzung. Sachkundige Bürger erhalten 52 Euro Sitzungsgeld, allerdings keine monatliche Pauschale. Da der Kreis bei der Kommunalwahl 2020 weniger als 200.000 Einwohner hatte, war die Aufwandsentschädigung in dieser Legislaturperiode mit monatlich 295,30 Euro und 20,30 Euro pro Sitzung geringer.
Was erhalten die Fraktionschefs?
Die Vorsitzenden der Fraktionen mit mehr als acht Mitgliedern (im jetzigen Kreistag CDU, SPD und Grüne) werden in der nächsten Legislaturperiode eine zusätzliche Aufwandsentschädigung erhalten und kommen monatlich auf 1513,80 Euro. Die Chefs der Fraktionen mit bis zu acht Mitgliedern (im jetzigen Kreistag FDP, UWV, Grüne, AfD, Linke) erhalten 1009,20 Euro. Die stellvertretenden Fraktionschefs bekommen monatlich insgesamt 756,90 Euro – ab acht Fraktionsmitgliedern. Der erste stellvertretende Landrat wird 1513,80 Aufwandsentschädigung erhalten, der zweite stellvertretende Landrat 756,90.
Gibt es Geld für einen Ausschussvorsitz?
Nein. Diese Position entfällt, weil der Kreis Euskirchen dazu in der Hauptsatzung geregelt hat, dass die Ausschussvorsitze von der Zahlung einer zusätzlichen Aufwandsentschädigung ausgenommen sind.
Haben Kreistagsmitglieder sonstige Ansprüche?
Ja, wenn ihnen durch ihre Mandatsausübung ein Verdienstausfall entsteht. Der Regelstundensatz beträgt nach der Hauptsatzung des Kreises Euskirchen 15,50 Euro, der Höchstbetrag 80 Euro.
Gibt es auch Fahrkosten?
Kreistagsmitgliedern werden Fahrkosten erstattet, die durch Fahrten von der Wohnung zum Sitzungsort und zurück entstehen.
Erhalten auch die Fraktionen Geld?
Ja. Für sachliche und personelle Geschäftsführungs-Aufwendungen hat der Kreis, gemessen an der aktuellen Fraktionsstärke, für die nächsten Legislaturperiode folgende Beträge ermittelt: CDU 115.712 Euro, SPD 76.390 Euro, Grüne 52.438 Euro, FDP 42.961 Euro, UWV 46.465 Euro sowie AfD 34.104 Euro. Allen Kreistagsfraktionen werden ein Geschäftsraum nach Größe der jeweiligen Fraktion, die Büroausstattung, Papier und sonstiges Verbrauchsmaterial zur Verfügung gestellt.