Auf 7,9 Hektar FlächeEhemalige Raketenstation der Nato in Blankenheim wird zum Solarpark

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Der Tower der ehemaligen Nike-Raketenstation bei Blankenheim-Reetz.

Auch der Tower der ehemaligen Nike-Raketenstation wird im Zuge der Neunutzung des Geländes abgerissen.

30 Jahre nach Abzug des Militärs gibt es nun eine neue Nutzung für das seitdem brachliegende Gelände der ehemaligen Rakentenstation bei Blankenheim-Reetz.

Die seit 30 Jahren nicht mehr genutzte ehemalige „Nike-Raketenstellung“ der NATO oberhalb von Reetz wird zum Photovoltaik-Park. Ein Investor aus Kaiserslautern hat das Areal von der Bundeswehr vor Jahren gekauft und jetzt die bereits 2018 von der Gemeinde Blankenheim genehmigten Bebauungspläne reaktiviert. Erste Solarmodule sind schon auf den einstigen Hallen der NATO-Raketenstation zu sehen.

Doch um diese ersten Nachnutzungen herum herrscht auf dem rund neun Hektar großen Areal nach wie vor eine „Lost Places“-Atmosphäre: Bunkeranlagen, Ruinen von Betriebsgebäuden, meterhohes Gras und mittendrin der weithin sichtbare ehemalige Tower der Raketenstation. Alles ist umzäunt von einem Maschendrahtzaun.

In gut einem Jahr sollen hier auf 7,9 Hektar Fläche dichte Reihen aufgeständerter Solarmodule in der Sonne glänzen. Das würde zu den unweit sich drehenden Windkraftrotoren oberhalb von Reetz passen: Hier entsteht so etwas wie der Erneuerbare-Energien-Park der Gemeinde Blankenheim.

Graffiti auf der ehemaligen Nike-Raketenstation in Blankenheim-Reetz.

„Lost Places“-Jäger und Graffiti-Künstler haben sich in den leerstehenden Gebäuden und Ruinen der einstigen Raketenstation verewigt.

Das ist zumindest der Plan, den Thomas Nagel, Geschäftsführender Gesellschafter der Organic Energy GmbH & Co. KG aus Kaiserslautern, nach dem Kauf des einstigen Militärgeländes von der Bundeswehr seit 2018 hegt. Seit Ende des vergangenen Jahres ist er wieder akut. Nagel hat ihn wieder aus der Schublade geholt. Wegen Abweichungen gegenüber dem 2019 vom Blankenheimer Gemeinderat genehmigten Bebauungsplan und der ebenfalls damals schon durchgeführten Offenlage und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange musste das Prozedere wiederholt werden.

Gebäude-Dächer tragen schon PV-Module

Erneut stimmte jetzt zunächst der Ausschuss für Gemeindeentwicklung zu. Es geht um eine Fläche von 7,9 Hektar, die nun als „Sondergebiet Photovoltaik“ ausgewiesen wird. Zudem um 0,7 Hektar Grünflächen, etwa für Ausgleichsmaßnahmen, und den üblichen zehn Meter breiten Grünstreifen zwischen dem umlaufenden Maschendrahtzaun und den PV-Modulen. Die werden etwa 70 bis 90 Zentimeter über dem Boden aufgebaut und eine Höhe von 3,50 Metern haben.

Die Flächen darunter werden durch Beweiden oder Mulchen und Mähen kurzgehalten. Außerhalb der Modul-Tischreihen, die rund 80 Prozent der Fläche bedecken werden, wird es noch eine Übergabestation und ein Trafogebäude geben – und eben die alten Hallen, deren Dächer derzeit schon mit PV-Modulen belegt sind.

Ruinen der ehemaligen Raketenstation in Blankenheim-Reetz.

Ruinen und ein leerer Öltank auf dem vormaligen Militärgelände sollen beseitigt werden.

„Alle anderen Gebäude, auch der einstige Tower, werden zurückgebaut“, so Thomas Nagel auf Anfrage. Ein auf dem Areal liegender ehemaliger Öltank sei leer. Die Ergebnisse eines Fachgutachtens, das Nagel hat erstellen lassen, weise auch für den Boden des einstigen Militärgeländes keine grundsätzlichen Bedenken aus. Investor Thomas Nagel geht derzeit von einem Baubeginn im kommenden Jahr und einer rund dreimonatigen Bauzeit aus.

Fünf Millionen Kilowatt Öko-Strom will er mit dem neuen PV-Park, der einer der größten im Kreisgebiet werden soll, pro Jahr erzeugen. Die Laufzeit der Anlage wird demnach zwischen 40 und 50 Jahren betragen. Nach 20 bis 30 Jahren werde sie vermutlich repowert, entsprechend dem dann aktuellen Stand der Technik.„Vergleichbar mit den Windkraftanlagen“, so Nagel.

Lebensraum für Fledermäuse

Für ihn wie auch für die Gemeinde Blankenheim soll sich das Investment lohnen: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz in der Fassung von 2023 erlaubt es den Betreibern von Windenergieanlagen und Solarparks, den anliegenden Kommunen bis zu 0,2 Cent je Kilowattstunde Strom als einseitige Zuwendung ohne Gegenleistung zu zahlen. So will es auch Nagel halten. Zudem wird Gewerbesteuer fließen. Derzeit ist das Gelände eingezäunt, und das wird es auch mit der Neunutzung bleiben. Es handele sich schließlich um Strom führende Anlagen. Eine Verletzungsgefahr müsse ausgeschlossen werden, so Thomas Nagel. Der aktuell teils schadhafte Zaun wird entweder ausgebessert oder komplett erneuert.

Freiflächensolaranlagen, wie auf der ehemaligen Nike-Raketenstation geplant, sind grundsätzlich auch von der Landesregierung gewollt. Doch zugleich sollen auch Belange des Naturschutzes berücksichtigt werden. Beeinträchtigungen für Flora und Fauna auf dem ohnehin schon stark versiegelten ehemaligen Militärgelände werden vom beauftragten Planungsbüro als gering bewertet, heißt es in dem Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplans für das Nike-Areal, der der Redaktion vorliegt. Allerdings müsse noch eine artenschutzrechtliche Prüfung nach den Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes erfolgen.

Als Schutzmaßnahmen sind bisher unter anderem geplant, die schon mit PV-Modulen bedeckten Hallen als künftiges Habitat für Fledermäuse nutzbar zu halten. Unter den Hunderten Modultischen könnten Nistkästen für Höhlenbrüter angebracht werden. Der Wiesenbrache-Gürtel zwischen PV-Anlagen und umlaufenden Zaun soll ein Rückzugsrefugium für bodengebundene Arten werden. Stimmt nun auch der Gemeinderat dem Vorhaben am 16. März erneut zu, wird Blankenheims neuer Solarpark ein Problem garantiert nicht haben: Aufgrund der exponieren Lage auf einer Kuppe, umgeben von wenig Wald und vielen Feldern, dürfte hier die Sonne immer Strom produzieren, wenn sie scheint.


Die Station

Ab Anfang der 1960er Jahre betrieben die belgischen Streitkräfte die Nike-Raketenstellung, die während der Zeit des Kalten Kriegs Teil der Nato-Luftabwehr war. Bis zum Abzug des belgischen Militärs 1990 sollen hier Langstrecken-Flugabwehrraketen des Typs „Nike-Hercules“ stationiert gewesen sein. Mehrere hundert Soldaten taten hier ihren Dienst. Seit dem Abzug des Militärs steht das umzäunte Gelände leer. (sli)

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