Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

SchutzpatronNach einigen Jahren Pause findet die Blankenheimer Georgsprozession wieder statt

Lesezeit 5 Minuten
Georgsbüste von Blankenheim

Die Georgsbüste von Blankenheim, die am kommenden Sonntag bei einer Prozession durch den historischen Ortskern getragen wird.

Das neun Kilogramm schwere Stück Silber wird wieder durch den historischen Ortskern getragen. Welche Geschichte und Geheimnisse dahinter stecken.

Am 23. April, dem Namenstag des heiligen Georg, Schutzpatron von Blankenheim, wird nach mehrjähriger Pause wieder die silberne Georgs-Reliquien-Büste aus dem 15. Jahrhundert in einer Prozession durch den historischen Ortskern getragen. Doch zuvor muss das neun Kilo schwere Stück auf Hochglanz poliert werden.

Auf einer hölzernen Trage wird die Büste auf den Prozessionsweg geschickt

Nelleke Schlemmer, seit 21 Jahren Küsterin in der zwischen 1495 und 1505 erbauten Pfarrkirche Mariä Auferstehung, staunt: „Als der aus Wien zurückkam, hat er geglänzt wie noch nie. Ich weiß nicht, was die da gemacht haben.“ Versonnen blickt sie auf das kleine, mit goldenen Dekorelementen versehene Meisterwerk der Silberschmiedekunst.

Das Silber leuchtet immer noch, die Ausleihe zur Schau „Iron Man“ im Kunsthistorischen Museum Wien war vor einem Jahr. Nach längerer Pause war der Blankenheimer Georg mal wieder unterwegs – wie zuvor 1902 zur Düsseldorfer Kunstausstellung und 1925 zur „Jahrtausendausstellung“ in Köln.

Auch am Sonntag wird die Büste gezeigt. Vier Aktive der Feuerwehr werden die Büste, fest verschraubt auf einer hölzernen Trage, schultern und sich auf den Prozessionsweg machen. Ansonsten ist die Büste im Chorraum der Pfarrkirche zu sehen – nur eben hinter einem massiven und mit zwei Schlössern verschlossenen Stahlgitter.

Wertschätzung für den heiligen Georg gibt es nicht nur in Blankenheim

Nachdem Schlemmer die Schlösser mit zwei schweren Bartschlüsseln geöffnet hat, greift sich Markus Schmitz vom Pfarreirat der GdG vorsichtig die Büste. Genauer das idealisierte Brustporträt des Tapferen, der der Legende nach den Drachen – sprich den Teufel – mit der Lanze tötete. Er hebt sie vom Sockel und stellt sie auf dem Altar ab, je nach Lichteinfall scheint der edle Ritter unter dem Klappvisier leicht zu schmunzeln.

Die Büste stand zunächst in der gräflichen Schlosskapelle auf dem Burgberg. Als sich dort immer mehr Pilger zur Andacht vor der Reliquie versammelten, wurde es möglicherweise dem Grafenhaus zu viel: Es ließ die Pfarrkirche am Fels des Burgbergs bauen. Eine kleine Brücke verbindet den Schlosszugang mit dem Eingang zur Grafenempore in der Kirche.

Auch die Georgsbüste wurde in die neue Kirche geschafft, wo sie möglicherweise seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts einmal pro Jahr in einer Prozession durch Blankenheim getragen wurde. Die Wertschätzung der sterblichen Überreste des Heiligen ist dabei kein Blankenheimer Spezifikum. Eine jahrhundertealte Georgsverehrung findet sich etwa in Kallmuth mit dem Georgsritt und in ganz Europa. Ein Land trägt seinen Namen: Georgien.

Neun Kilo Silber und viele Geheimnisse

Georg, einer der 14 Nothelfer, der der Überlieferung zufolge zu Beginn der Christenverfolgung unter Diokletian (römischer Kaiser von 284 bis 305) ein Martyrium erlitt, ist nicht nur Hausheiliger der Grafen von Manderscheid-Blankenheim gewesen, sondern auch des englischen Königshauses. Das Georgskreuz ist die Landesflagge von England.

„Ich habe ein Schreiben des Sekretariates des damaligen Prinzen Charles, dass er sich gerne die Georgsbüste zeigen lassen wolle, wenn es ihm seine Reisepläne erlauben“, so Markus Schmitz. Daraus wurde nichts – und nun wartet man in Blankenheim eben auf König Charles.

Das Artefakt ist für manche Überraschung gut. Am Helm lässt sich eine kleine Klappe öffnen. Darunter ist die Hauptreliquie, ein Stück der vermeintlich Georg’schen Schädelplatte. Die Klappe, so Schmitz, habe wohl den Sinn gehabt, dass Pilger so den Heiligen berühren konnten. Jedenfalls wirkt das Schädelstück wie glattgerieben.

Auch an anderen Stellen sind Reliquien: An der Vorderseite befindet sich ein Brustmedaillon mit kleinsten Reliquien, die etwa von Johannes dem Täufer, Stephanus, den Heiligen Drei Königen und anderen Heiligen stammen sollen. Ob auch ein Fitzelchen des Schweißtuchs Marias darunter ist, ist letztlich eine Frage des Glaubens. Die Zettelchen auf den eingestickten Reliquien behaupten es jedenfalls. Solche „Sammelreliquiare“ nach dem Motto „Viel hilft viel“ waren keine Seltenheit.

Früher Volksfest, heute Sektempfang

An den vier Medaillons der Ecken der Silberbüste, die als Aufleger für die Balken der Trage dienen, sind die Repräsentanzen der Evangelisten in Silber gearbeitet: der Adler oder Greif für Johannes, der Stier für Lukas, der Engel für Matthäus und der Löwe für Markus. Über der Brust trägt die Georgsbüste zwei weitere Reliquien – es sind die größten: ein mutmaßlicher Armknochen Georgs und einen anderen, angeblich von Christophorus.

Man solle den Gläubigen alle diese und weitere, im Innern der Büste mutmaßlich einst deponierte Reliquien zeigen, heißt es in einem Heiltumsbuch aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Die vermutlich über Jahrhunderte übliche Georgsprozession wurde früher zum Anlass für ein Volksfest genommen – heute gibt es einen Sektempfang.

Zur Prozession wird die Büste funkeln und strahlen, dafür sorgt Nelleke Schlemmer. Mit einem feinen Tuch wird sorgfältig geputzt: „Nur ja kein scharfes Reinigungsmittel, das greift das Silber an.“ Lange vor dem Beginn ihres Dienstes war es mal anders, erinnert sie sich mit Grausen. „Damals war die Büste bei der Prozession stark verdreckt und das Klappvisier halb geschlossen. Wissen Sie, was die Blankenheimer am Prozessionsweg sagten? Der Georg schämt sich, weil er nicht sauber ist.“


Auf der Flucht

Dass die Georgsbüste in der Pfarrkirche steht, ist einem Glücksfall zu verdanken. 1794 floh die letzte Blankenheimer Gräfin Auguste vor napoleonischen Truppen nach Böhmen und nahm Reliquien wie die Büste und Monstranzen aus der Kirche mit, um sie vor der Zerstörung zu retten.

1821 kam die Büste auf Bitten der Kirchengemeinde zurück an ihren ursprünglichen Aufbewahrungsort, wo sie bis heute zu sehen ist. 


Feierlichkeiten am Sonntag

Die Prozession der Georgsbüste durch den historischen Ortskern von Blankenheim beginnt am 23. April um 17.30 Uhr vor der Pfarrkirche am Zuckerberg. Geplant ist die Route zum Hirtentor, durch die Ahrstraße zum Rathausplatz und über die Klosterstraße zurück zur Pfarrkirche. Im Anschluss findet eine Messe mit Pfarrer Andreas Züll statt. Gegen 19.15 Uhr ist vor der Pfarrkirche ein Sektempfang für alle Gäste vorgesehen.

Eine Kirchenführung findet ebenfalls nach der Messe statt. Dabei können auch Details der Reliquie in Augenschein genommen werden. In diesem Jahr wird es rund um Maria Himmelfahrt am 15. August einen weiteren Termin geben, an dem die Georgsbüste ausgestellt wird.