Freude und LeidBlankenheimer Neubürgerbäume stehen neben der Allee für die Flutopfer

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Mehere Familien stehen mit Bürgermeisterin Jennifer Meuren (2.v.r.) auf der Neubürgerbaumwiese.

Familien aus Waldorf, Blankenheim und Blankenheimerdorf begrüßte Jennifer Meuren (2.v.r.) auf der Neubürgerbaumwiese.

Die Standortsuche für die Wiese, auf der für die Blankenheimer Neubürger Bäume gepflanzt werden, war nicht einfach.

Nur wenige Meter entfernt von der zentralen Gedenkstätte des Landes an die 49 Todesopfer der Flutkatastrophe in NRW hat die Gemeinde Blankenheim eine Wiese eröffnet, auf der Obstbäume für alle Neugeborenen im Gemeindegebiet gepflanzt werden. 32 Bäume stehen schon. Doch die Standortwahl verdankt sich unglücklichen Umständen.

So beschreibt es Bürgermeisterin Jennifer Meuren. Man habe sich im Vorfeld schwergetan, überhaupt eine geeignete Fläche für die Neubürgerbäume zu finden. Zwischen Blankenheimerdorf und Nonnenbach wurde man schließlich fündig. Die Wiese gehört der NRW-Stiftung und liegt unweit des bekannten Naturdenkmals Süntelbuche. Doch der Boden war nach der Flut nicht mehr geeignet. Risse und Einsturzlöcher, sogenannte Dolinen, hatten sich über dem Kalkgestein im Untergrund gebildet. Wer wollte schon Neubürgerbäume, jeder für sich Symbol eines freudigen Ereignisses, im Erdreich versinken sehen?

Blankenheimer wurden von Düsseldorf überrascht

Also suchte man seitens der Verwaltung weiter. Eine Wiese zwischen Blankenheimerdorf und Blankenheim-Wald, ebenfalls in Besitz der Stiftung, schien geeignet. Doch die Stiftung hatte kurz zuvor von der Staatskanzlei in Düsseldorf den Auftrag erhalten, sich nach einer geeignet großen Fläche für die zentrale Flut-Gedenkstätte des Landes umzusehen. Die 49 Laubbäume wurden im November im Abstand von zehn Metern gepflanzt – abwechselnd Sommer- und Winterlinde, die zeitversetzt blühen. Ausgewählt worden war der eher abseits liegende Standort unmittelbar an der viel befahrenen B 51 nach Prüfung von sechs Flächen, die der Stiftung gehören und im Kreis Euskirchen liegen.

Seitdem muss man sich im Rathaus Fragen gefallen lassen: Wie konnte es passieren, dass die Stiftung beide Gedenkplätze auf ihren Grundstücken zuließ? Warum intervenierte man aus Blankenheim nicht in Düsseldorf? Man sei schlicht von der Staatskanzlei überrascht worden, so Meuren. Doch viel grundsätzlicher ist ja die Frage, ob das Nebeneinander von Gedenken an die Opfer einer Naturkatastrophe und das symbolische Willkommen von Neugeborenen nicht eine Zumutung ist.

Eltern finden den Standort nicht unangemessen

„Das gehört doch einfach zusammen, Tod und Leben“, sagte Kerstin Heller aus Blankenheim. Sie war mit Ehemann Philipp und Söhnchen Fiete zur Einweihung von dessen Namensbäumchen gegenüber der Trauerallee gekommen. Man werde jedenfalls beide Areale durch entsprechende Tafeln erkennbar unterscheiden, versprach Meuren.

Dabei ist die Idee ja offenbar grundsätzlich keine schlechte: Seit dem Start der Aktion wurden 43 Gutscheine an   Eltern verschenkt, die lieber auf privatem Grund ihrem Neugeborenen ein Obstbäumchen pflanzen wollen. 32-mal wurde bisher auf der erwähnten Wiese gepflanzt – zehn Bäume mehr als bislang von den Eltern angefordert: Gepflanzt wird nur einmal im Jahr. Die Statistik stützt den Optimismus: 68 Neugeborene wurden 2022 gezählt, 90 waren es 2021.

Die Bäume, die hier wie auf einer Streuobstwiese stehen und mit Namensschildchen versehen werden, sind bewusst ausgesucht: Es sind   an das raue Eifelklima angepasste, heimische Arten wie Boskopp, Graue Herbstrenette oder Schöner aus Nordhausen unter den Apfelbaumsorten; Clapps Liebling oder Nordhäuser Forellenbirne bei den Birnen und die gute alte Hauszwetschge.

Eltern wie die Hellers begrüßen Standort und Idee. „Der Platz ist gut gewählt. Er liegt an einem Radweg, hier kann man immer mal wieder vorbeikommen“, so Philipp Heller. Sohn Fiete darf zudem in einigen Jahren von seinem Obstbaum ernten. Oberhalb von Blankenheimerdorf ist so eine regelrechte Gedenk-Allee entstanden – für gute wie für schlechte Zeiten. Und auch für vergangene: Wenige hundert Meter entfernt markieren   Bäume die alte römische Fernstraße, die hier verlief. Auch dieser Grund gehört der NRW-Stiftung.


Das Projekt

Bei den Neubürgerbäumen handelt es sich um ein von der Gemeinde und dem LVR gesponsortes Projekt, mit dem man Naturschutz und die Stärkung der Identifikation mit der Gemeinde verbinden will. Den Eltern aller Neugeborenen werden zwei Alternativen angeboten: ein Gutschein für die Pflanzung eines Obstbaumes im eigenen Garten oder ein Namensbaum auf der Wiese bei Blankenheimerdorf. Im letzteren Fall werden alle Kosten vom LVR getragen, beim „Gutschein-Modell“ zahlt die Gemeinde. Einen kleinen Zuschuss steuert eine mit der Pflanzung beauftragte Baumschule in Ülpenich bei.

Eltern, die noch kein Anschreiben der Verwaltung erhalten haben, können sich im Blankenheimer Rathaus an Linda Heinen (Tel. 02449/ 87210) wenden. (sli)

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